Unileben

Café Mehr-rett-ich

Bald soll in Tübingen das erste foodsharing Café eröffnen. Entstanden ist die Idee innerhalb einer Gruppe von Foodsaver*innen, die 2022 dazu führte, dass der Verein Mehrrettich e.V. gegründet wurde. Er soll zukünftig dazu beitragen, dass Menschen sich wieder mehr mit der Wertigkeit von Lebensmitteln auseinandersetzen und eine Plattform für Austausch und Miteinander bieten. Nun werden Räumlichkeiten gesucht, damit das Café bald eröffnen kann.

Allein in Deutschland werden jedes Jahr rund 11 Millionen Tonnen Lebensmittel verschwendet. Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft landen 59 % davon bei Privathaushalten im Müll. Das sind unbegreifliche Zahlen, insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass weltweit circa 828 Millionen Menschen tagtäglich nicht genug zu essen haben.

 
„Lebensmittelabfälle in Deutschland: Aktuelle Zahlen zur Höhe der Lebensmittelabfälle nach Sektoren,“ Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, 23 09 2022. [Online]. Available: https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittelverschwendung/studie-lebensmittelabfaelle-deutschland.html. [Zugriff am 30 10 2022]

Doch das Problem geht laut Franziska, Vorständin und Gründungsmitglied des Café Mehrrettich, noch viel weiter: ,,Es liegt daran, dass viele Menschen den ideellen Wert von Lebensmitteln nicht mehr einschätzen können und den Bezug verloren haben. So landen Lebensmittel im Müll, die eigentlich noch völlig in Ordnung sind, aber vielleicht Macken haben oder das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten wurde’’.

Die Vision des Mehrrettich

Unter dem Eindruck dieser gesamtgesellschaftlichen Problematik und der privaten Auseinandersetzung mit dem Thema Foodsaving formte sich daher 2020 eine Gruppe von Foodsaver*innen. Ziel war es, durch die Gründung eines foodsharing-Cafés auf diese Problematik aufmerksam zu machen. So entstand die Idee des Café Mehrrettich mit der Vision, einen Raum und eine Plattform für Menschen jeden Alters, Geschlechts und jeder Herkunft zu schaffen. Es soll um Austausch gehen, um Begegnung und um den offenen Diskurs rund um die Problematik der Lebensmittelverschwendung. Jeder soll sich willkommen fühlen und in einer angenehmen Atmosphäre verweilen.

Das Konzept besteht aus dem ,,Pay-what-you-want-Prinzip’’ für warme und kalte Getränke, während die geretteten Lebensmittel kostenlos konsumiert werden können, um den ideellen Wert wieder sichtbar zu machen. Vorbilder für dieses Konzept gibt es bereits in Stuttgart mit dem Café Raupe Immersatt, oder dem Café Übrig in Freising. 

Über foodsharing werden Lebensmittel in Kooperation mit täglich 10-30 Betrieben gerettet. Die Initiative organisiert sich über ihre Plattform foodsharing.de und freut sich immer über neue engagierte Menschen.

Die Gründung des Mehrrettich e.V.

Diese Vision mündete schließlich im April 2022 in der Gründung eines gemeinnützigen Vereins. Seitdem ist viel passiert: so gewann der Verein Mehrrettich e.V. beim SWT-Umweltpreis den Jury-, sowie den Publikumspreis. Es wurden Werbevideos gedreht und Konzepte erstellt. Eine Crowdfunding-Kampagne verlief erfolgreich und stellt das Startkapital zur Verfügung. Ein weiterer wichtiger Schritt war die Eröffnung eines Pop-Up Cafés im Tübinger Zimmertheater, in dem das Konzept erprobt wurde und großen Anklang gefunden hat.

Eines ist Franziska besonders wichtig: Lebensmittel, die gerettet wurden, werden im Café Mehrrettich immer kostenlos bleiben. Wie die Zusammenarbeit mit der Tafel denn ablaufe, wird oft gefragt. Ihr würden doch jetzt schon viele Lebensmittel fehlen. ,,Wir arbeiten in enger Kooperation mit der Tafel und retten häufig Lebensmittel von Betrieben, bei denen sich aufgrund geringerer Mengen eine Abholung für sie nicht lohnen würde. Bei Betrieben, die auch die Tafel anfährt, kommen wir immer danach.’’

Im zukünftigen Mehrrettich wird Bildungsarbeit nicht zu kurz kommen. 

Die nächsten Schritte in Richtung Eröffnung  

Damit die Eröffnung realisiert werden kann, ist der nächste große Schritt die Suche nach einer geeigneten Immobilie – nicht ganz einfach, da in Tübingen laut Bebauungsplan Gastronomien nur in dafür vorgesehenen Räumlichkeiten eröffnet werden dürfen. Das Café Mehrrettich soll aber möglichst zentral innerhalb der Stadt liegen, damit es für viele Menschen erreichbar ist. ,,Wir könnten uns auch vorstellen, die Räumlichkeiten mit anderen Organisationen zu teilen, wobei ein Teil davon als Café dient’’, erklärt Franziska. Denn neben dem Café soll es zukünftig auch Podiumsdiskussionen, Schnippel- und Kochabende, sowie Infoveranstaltungen geben. 

Fotos: Mehrrettich-Team.

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