Am Mittwochabend, 11.Mai, versammelten sich etwas mehr als 70 Menschen im Audimax, um bei einer Podiumsdiskussion mehr über den Krieg in der Ukraine zu erfahren und Fragen an Expert*innen stellen zu können. Historische Ereignisse und deren Folgen, sowie neue Blickwinkel wurden diskutiert.
Die eingeladenen Expert*innen waren Claudia Dathe, Übersetzerin und Projektkoordinatorin, Europauniversität Viadrina Frankfurt/Oder und Walter Kaufmann, Leiter des Referats Ost- und Südosteuropa der Heinrich-Böll-Stiftung. Moderiert wurde die Veranstaltung von Schamma Schahadat, Professorin am Slavischen Seminar und Klaus Gestwa, Direktor des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde.
Die Ansicht der beiden Moderator*innen wird bereits deutlich, bevor sie etwas gesagt haben. „Puck Futin“ steht in dicken Buchstaben auf ihren T-Shirts geschrieben. Auch werden besonders Ukrainer*innen im Publikum begrüßt, eine Professorin und einige Studierende, die in Tübingen an der Universität aufgenommen wurden. In der Einführung werden die wichtigsten Ereignisse seit dem 24. Februar 2022 erneut dargelegt. Es wird kritisiert, dass die Ukraine von Europa viel zu lange nur als „Hinterhof“ Russlands gesehen wurde, dass in Russland keine gute Aufklärung sowohl nach dem zweiten Weltkrieg, als auch nach dem Zerfall der Sowjetunion stattfand. Die Moderator*innen hinterfragen, ob in Russland gute Literatur gelehrt würde.
Sprache als Gewaltakt
Ein großes Thema der Diskussion ist die russische Sprache. Sie wird von Putin verformt, sodass historische Begriffe misshandelt und Menschen in die Irre geführt werden. Worte wie „Nazis“ und „Faschismus“ werden in einem falschen Kontext angewandt, die Bedeutung wird entartet und verändert so das gesamte Sprachbild der russischen Sprache. Auf Grund dieser Instrumentalisierung der Sprache boykottieren viele Ukrainer*innen die russische Sprache. Putin selbst verwendet oft eine sehr rohe, gewaltvolle Sprache. Er verwendet vulgäre Ausdrücke und Anspielungen, um zu vermitteln „ich bin einer von euch, einer aus dem Volk“. Mit furchtbaren und abwertenden Zitaten Putins wird dies unterstrichen.
Der zunehmende Nationalstolz der Ukraine wird einerseits mit Skepsis betrachtet, andererseits als Mahnung wahrgenommen. Viel zu lange wurde die Ukraine ignoriert. Von Deutschland, von ganz Europa, von den Medien. Ist es nicht ironisch, dass die mediale Berichterstattung in Deutschland über die Ukraine fast ausschließlich von Moskau aus stattfand? Durch die westlichen Vorstellungen wurde vieles unterdrückt und übersehen, was längst Thema in den Medien hätte sein sollen.
Haben Expert*innen versagt?
Auf die Frage, die weithin verbreitet diskutiert wird, ob die Expert*innen versagt hätten, weil sie den Krieg angeblich nicht vorausgesehen hätten, antwortet Klaus Gestwa mit einem entschiedenen „Nein“. Er verweist auf etliche Artikel, Forschungsberichte und Warnungen die seit vielen Jahren auf den Wahnsinn Putins hinweisen und vor seinen Taktiken warnen.
Titelbild: Sinem Tuncer
Plakat: (c) Universität Tübingen