Wolltet ihr schon immer erfahren, was die gefährlichste Pflanze der Welt ist, oder wie viele Zentimeter am Tag Riesenbambus wächst? Dann solltet ihr nicht immer nur den Alten Botanischen Garten besuchen, sondern euch mal den Neuen Botanischen Garten anschauen. Am 12. Juni, dem Tag des Botanischen Gartens, fand dort neben vielen anderen Aktivitäten eine Führung durchs Tropicarium statt.
Der Alte Botanische Garten – meist nur Bota genannt – ist ein beliebter Treffpunkt für Studierende. Doch auch im Neuen Botanischen Garten auf der Morgenstelle gibt es Spannendes zu entdecken. Am Tag des Botanischen Gartens konnte man einen Einblick in die Flora der Alpen, die Gehölz-Sammlung, die Welt der Blätter oder in das Rhododendrontal erhalten. Mustafa Karic bat eine Führung durch das Tropicarium an, und entführte das Publikum in die tropischen Regionen Australiens und Asiens.
Bromelien
Bei der Architektur des Gewächshauses, das Tropicarium genannt wird, orientierte der Künstler sich an einer Karottenblüte, erzählt Karic gleich zu Anfang. Innen drin ist es warm, feucht und schwül; das tropische Klima wird nachgeahmt. In den Tropen herrscht aufgrund der mittäglichen Regenfälle eine hohe Luftfeuchtigkeit. Während es in Deutschland im Sommer warm und im Winter kühl ist, ist das tropische Klima einer viel stärkeren Veränderung innerhalb von 24 Stunden unterworfen.
Nachdem Karic dieses Wissen aus dem Schulunterricht aufgefrischt hat, stellt er ein Gewächs, das in europäischen Zimmern meist in Töpfen zu finden ist, vor: die Bromelie. Viele dürften von der Bromelie schon als Zierpflanze gehört haben, doch die bekannteste Bromelie ist die Ananas. Da die meisten Bromelien auf Bäumen wachsen, sind sie für die Haltung im Topf eigentlich gar nicht geeignet. Aufgrund der spiraligen Anordnung der Blätter verteilt sich das Regenwasser in diesen. Karic veranschaulicht das, indem er einen Liter Wasser auf eine Bromelie schüttet. Aus dem Topf tropft nicht viel Wasser, denn der Großteil wurde von den Blättern aufgefangen.
Die spiraligen Blätter der Bromelie sind ein beliebter Aufenthaltsort für Frösche. Auch im Tropicarium leben viele Frösche – einige nur daumengroß –, die dafür zuständig sind, Insekten zu fressen. Bei den Nachtführungen kann man sie ab und zu hören.
Gehölze
Als nächstes wenden wir uns den Gehölzen zu. Besonders in der Vergangenheit wurden viele Möbel aus Tropenholz hergestellt, doch diese Produktion ist umweltschädlich. Beliebt für Möbel sind Mahagoni und Balsa, zwei gegensätzliche Hölzer. Balsa ist sehr leicht, und Mahagoni sehr schwer. Wenn man Balsaholz aufs Wasser legt, versinkt es kaum, während vom Mahagoniholz nur ein kleines Stück an die Oberfläche ragt. Das Balsaholz wird daher in der Herstellung von Modellflugzeugen oder für die Verkleidung von Windkraftanlagen verwendet.
Riesenbambus
Im Tropicarium wächst zudem Riesenbambus, und zwar 20 bis 30 cm pro Tag. In der freien Wildbahn und bei idealem Klima wächst er sogar bis zu 70 cm pro Tag, und kann eine Höhe von 40 Metern erreichen. Da das Tropicarium nur zwölf Meter hoch ist, müssen die Gärtner*innen, derer achtzehn im Botanischen Garten festangestellt sind, ihn häufig schneiden. Die schnelle Wachsgeschwindigkeit ist für die Ernte natürlich sehr praktisch.
Bambus ist so robust, dass er in Asien sogar zum Gerüstbau verwendet wird. Die Bauarbeiter*innen bewegen sich in 100 Metern Höhe, und werden allein vom Bambus gehalten. Außerdem besitzt er eine große Kraft, und kann Felsen zur Seite schieben.
Aufgrund seiner scharfen Spitze wurde Bambus schon als Foltermittel benutzt. Eine Foltermethode besteht darin, einen Menschen auf einem Stuhl, unter dem Bambus wächst, festzubinden, und darauf zu warten, dass er vom Bambus durchbohrt wird.
Fische und Frösche
Neben Fröschen leben im Tropicarium viele kleine und zwei große Fische. Die beiden großen Fische – ein Wels und ein Koi – wurden in dem Teich ausgesetzt. Eine Schildkröte, die ebenfalls ausgesetzt wurde, musste in die Wilhelma nach Stuttgart gebracht werden, da sie die Pflanzen fraß.
“Das Tropicarium in Tübingen zeichnet sich dadurch aus, dass die Gärtner nicht so viel eingreifen wie in anderen Botanischen Gärten. Manchmal ist es ein bisschen schwierig zu erkennen, welches Schild zu welcher Pflanze gehört, aber mir gefällt das: Die natürlichen Wuchsverhältnisse werden widergespiegelt.”
Mustafa Karic, Biologiestudent und Mitglied der Grünen Werkstatt
Kokos und Kakao
Außerdem ist eine der gefährlichsten Pflanzen der Welt im Tropicarium zu finden, und zwar der Kokosnussbaum. Beim Abbau von Kokosnüssen kommt es häufig zu tödlichen Unfällen: Kokosnüsse fallen auf die Köpfe der Abbauenden. An kaum einer anderen Pflanze versterben so viele Menschen.
Schließlich gibt Karic dem Publikum noch ein Pfefferblatt zum Probieren, und streicht Kakaobutter auf die Hände. Der Biologie- und Chemiestudent bezieht bei seinen Führungen gerne verschiedene Sinne mit ein, was dem ganzen Lebendigkeit verleiht. Wer schon einmal den weißen Klumpen auf seiner Haut gespürt, und danach den süßlichen Duft der Kakaobutter eingeatmet hat, merkt sich gleich viel besser, dass für die Herstellung weißer Schokolade bloß Kakaobutter, und kein Kakaopulver verwendet wird. Oder dass das Hauptaroma in der Schokolade Teobromin heißt.
Bilder: Hannah Burckhardt