Kultur

Der Grüne Faden – eine Nähwerkstatt mit Perspektive

 Im Asylzentrum in der Neckarhalde 40 befindet sich eine nachhaltige Nähwerkstatt, die aus Stoffresten bunte Unikate zaubert. Die Vision hinter diesem Projekt ist, Menschen mit Fluchthintergrund den Einstieg in die Arbeitswelt zu erleichtern und zugleich der Verschwendung von Ressourcen entgegenzuwirken. Im Kupferblau-Interview berichtet das Team des Grünen Fadens über den Werdegang des Projekts.

Der Grüne Faden ist ein Projekt der Hochschulgruppe Enactus, dessen Ziel es ist soziale, ökologische und ökonomisch nachhaltige Projekte zu etablieren. Es sollen Probleme angegangen werden, die negative Auswirkungen auf die Umwelt oder auf bestimmte Gesellschaftsgruppen haben.

Die Idee für den Grünen Faden entstand im April 2018.

“Da waren die Bilder und vor allem die Nachwirkungen von der Fluchtwelle im Jahr 2015 noch aktueller. Vor allem haben wir erkannt, dass die Maßnahmen, die der Staat zur Integration getroffen hat, nicht ausreichten, um den Menschen eine Perspektive und eine Arbeit zu bieten.” 

Lea Strohm, vom Team des Grünen Fadens


Das zweite Problem, dass angegangen werden sollte, war, dass übermäßig viele Materialen auf dem Müll landen und nicht wiederverwendet werden.

“Ich sage ganz bewusst Materialien, da wir anfangs eine Decke aus altem Plastik häkeln wollten. “

Lea Strohm, vom Team des Grünen Fadens


Diese beiden Probleme sollte gemeinsam angepackt werden, indem man Menschen mit Fluchthintergrund in die Produktion integriert. Durch den Verkauf der Produkte sollten dann die Näher*innen profitieren.
Zuerst wurde Plastik an die Unterseite von Kissen vernäht, dann etablierte sich die Nähwerkstatt und schließlich der “Grüne Faden”. Mittlerweile werden Produkte wie Jutebeutel, Haargummis, Kosmetiktaschen, Brotbeutel und noch vieles mehr hergestellt.

Die Vergütung der Näher*innen

Die Teilnehmenden erhalten Gutscheine für Sprachkurse, Bücher, kulturelle Veranstaltungen oder anderen Weiterbildungsmaßnahmen, die zur vereinfachten Integration beitragen. Eine klassische monetäre Vergütung wäre rechtlich etwas kompliziert.

“Wir wollten den Menschen etwas bieten, von dem sie nachhaltig profitieren. Nachhaltig profitieren hieß für uns vor allem, sich für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren, da wir ja sahen, dass die Maßnahmen des Staats dafür nicht ausreichten. “

Lea Strohm, vom Team des Grünen Fadens

 

Darüber hinaus dürfen die Stoffspenden nicht für kommerzielle Zwecke genutzt werden. Zwar werden die Produkte verkauft, aber es wird ganz klar kein großer Gewinn dabei gemacht. Im Vordergrund stehe das bunte Miteinander und der Austausch, nicht die Produkte.

Für wen der Grüne Faden gedacht ist

In erster Linie richtet sich dieses Angebot an Menschen mit Fluchthintergrund, die nach Anschluss suchen und in einer entspannten Atmosphäre Deutsch üben möchten. Aktuell sind es 6 Teilnehmer*innen, die aus Russland, der Ukraine, Afghanistan, Syrien und Algerien stammen. Darüber hinaus ist das Nähprojekt an alle gerichtet, die Lust auf ein buntes Miteinander haben oder die Organisation unterstützen möchten.

Die Nähwerkstatt bietet unter anderem eine stressfreie Umgebung, um sich auszutauschen und Deutsch zu üben.

Wie sich der Grüne Faden finanziert

Das Projekt ist auf Spenden und Förderungen angewiesen, um sich finanzieren zu können. Die Stoffe werden von Modeunternehmen oder Privatpersonen gespendet, wodurch Upcycling betrieben wird. 2019 wurde das Projekt sogar mit dem SWT Umweltpreis ausgezeichnet, dessen Preisgeld dann in das Projekt reinvestiert wurde. Von den verkauften Produkten werden nur etwa 20 Prozent des Erlöses in das Projekt reinvestiert, wovon unter anderem benötige Materialen wie Scheren, Nadeln oder Marketingmaterialien finanziert werden. Der Rest kommt den Näher*innen zugute.

Märkte, Kooperationen und Projekte

Der Verkauf selbst erfolgt in verschiedenen Märkten in Tübingen in Kooperation mit Passerelle, ein Projekt, das in ähnlichem Rahmen Produkte von Menschen mit Migrationshintergrund verkauft. Durch Corona gab es in den letzten zwei Jahren nur wenige Verkäufe, aber dafür kann es ja jetzt wieder losgehen. Laut Angaben des Teams ist in Zukunft vermutlich kein Onlineshop in Sicht wegen Mangel an Kapazitäten im Team und wegen der erschwerten Kennzeichnung der bunten Unikate.

Durch einen kleinen Hangtag mit dem Logo des Grünen Faden ist das Kennzeichen des Teams auf den Produkten zu finden.

Das Logo des Grünen Fadens

Wer gerne näht und der Umwelt etwas Gutes tun will, ist also hier an der richtigen Stelle: Im Asylzentrum in der Neckarhalde 40 könnt ihr jeden Donnerstag während den Nähzeiten von 17:00 bis 19:00 Uhr vorbeikommen, vor allem das Orga-Team sucht momentan nach tatkräftiger Unterstützung. Um mitzumachen, braucht man keine Nähkenntnisse.  Mehr Information findet ihr hier

Bildrecht: Lea Strohm von “Der Grüne Faden”

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