Fast zwei Jahre lang war es undenkbar, sich ohne Maske in öffentlichen Innenräumen aufzuhalten. Nun ist das Tragen des Mund-Nasenschutzes im Einzelhandel, bei Veranstaltungen oder in der Gastronomie kein Muss mehr. Ob sie weiterhin getragen werden möchte, bleibt den meisten selbst überlassen. Nur vereinzelt ist die Maske noch vorgeschrieben, zum Beispiel in Bus und Bahn oder in Universitätsgebäuden. Wir von der Kupferblau wollten durch eine Straßenumfrage herausfinden, ob die Bevölkerung froh ist, die Maske los zu sein, oder sie weiterhin aufbehalten wird.
Anna Kleefeld (42) und Ursula Gibsen (42) sind sich noch nicht sicher, was sie vom Entfall der Maskenpflicht halten. „Ich versuche es, differenziert zu sehen“, sagt Anna Kleefeld. „Meine drei Kinder gehen jeden Tag in verschiedene Einrichtungen. Wenn noch die Arbeitsplätze von meinem Mann und mir dazukommen ist das Ansteckungsrisiko ohne Maske schon sehr hoch. Und es ist kräftezehrend, wenn die ganze Familie ständig krank ist“, meint Kleefeld. „Anderseits ist es für die Kinder gut, wieder zur Normalität zurückzugehen. Die Maske stört im Unterricht, vor allem bei der Entwicklung der Sprache und Mimik.“
Ursula Gibsen würde sich eigentlich darüber freuen, im Supermarkt die Maske wieder absetzen zu können, doch sieht Potenzial für Anfeindungen. „Falls die Verläufe so mild bleiben und es keine neuen Varianten mehr gibt, sehe ich kein Problem dabei, die Masken abzuziehen“, meint sie. „Allerdings gehe ich nicht ohne Maske einkaufen, wenn ich sehe, dass sonst jede*r eine auf hat. Ich finde dabei wichtig, dass beide Ansichten anerkannt werden, jetzt, wo es keine Pflicht mehr ist.“ Den gegenseitigen Respekt finden die beiden Mütter vor allem für ihre Kinder wichtig. „Einige Lehrkräfte meiner Kinder haben weiterhin Angst vor einer Ansteckung und signalisieren den Kindern, die Maske aufzubehalten“, erzählt Kleefeld. „Mein ältester Sohn ist inzwischen völlig verwirrt und traut sich nicht, die Maske abzuziehen.“
Die beiden Mütter haben vor, das Einkaufen mit und ohne Maske auszuprobieren und herauszufinden, was sich besser anfühlt.
Das Ehepaar Marian (66) und Erika Gruschka (65) finden die Abschaffung der Maskenpflicht grundsätzlich gut. „Ich bin kein Gegner der Maske. Doch ich finde inzwischen hat die Pandemie den Zeitpunkt erreicht, an dem die Entscheidung jedem selbst überlassen werden muss“, meint Marian Gruschka. Erika nimmt die Maske beim Einkaufen immer mit und entscheidet situationsabhängig, ob sie sie für nötig hält. „Bei engerem Kontakt, zum Beispiel an der Schlange vor der Kasse ziehe ich sie noch auf. Da wir ein bisschen älter sind, wollen wir uns nicht anstecken“, erklärt sie. „Doch meistens denke ich, dass der Abstand ausreichend ist. Außerdem hatten unsere Bekannten alle einen milden Verlauf, weswegen wir nicht in Angst leben.“
Die Schwestern Lara (22) und Alenka (18) Reichert haben sich noch nicht an den Gedanken gewöhnt, sich ohne Maske unter Menschen zu begeben. „Ich habe mich so an die Maske gewöhnt, dass es sich jetzt falsch anfühlen würde, sie wegzulassen“, berichtet Alenka. „Außerdem bin ich mir nie sicher, wo sie nun wirklich abgezogen werden darf, deswegen ziehe ich sie weiterhin überall auf. Damit bin ich auf der sicheren Seite.“ Lara stört die Maske nicht. „Ich finde es eher gut, wenn ich dadurch seltener erkältet bin“, meint sie. „Ich hatte immer gedacht, die Maskenpflicht ist die letzte Regel, die fällt, weil sie den Alltag nicht wirklich beeinflusst.“
Die beiden Studentinnen hätten es besser gefunden, wenn die Maskenpflicht in Universitätsgebäuden anstatt im Einzelhandel abgeschafft worden wäre. „Ob ich beim Einkaufen eine Maske trage, ist mir egal, doch in der Vorlesung oder in der Bibliothek muss ich mich konzentrieren, und das geht mit stickiger Maske im Gesicht deutlich schlechter“, meint Lara. „Außerdem finde ich das Zwischending schwierig“, sagt Alenka. „Ich hätte lieber noch ein paar Monate gewartet, bis die Maskenpflicht überall fällt. Dann muss sich niemand mehr Gedanken machen, ob die Maske noch vorgeschrieben ist (oder nicht).“
Beitragsbild: Hannah Burckhardt
Fotos: Anne Burckhardt