Film Kultur

Politik, Liebesdrama und die Rolling Stones: Kubanische Geschichte beim CineLatino 2025

Vergangene Woche verwandelte das diesjährige CineLatino Tübingen in eine Bühne für spanisch- und portugiesischsprachiges Kino. Neben dem Themenfokus „Indigenes Amazonien – Wächter des Klimas?“ und dem Länderschwerpunkt Dominikanische Republik brachte das Festival auch sonst eine vielfältige Auswahl an Filmen aus Lateinamerika und Spanien auf die Leinwand. Das Programm deckte von bewegenden Dokumentationen bis hin zu mitreißenden Spielfilmen ein breites Spektrum an Genres ab.

Ein Blick auf das Leben in Havanna: Una noche con los Rolling Stones

Der letzte Film des CINELATINO-Festivals wurde am Mittwoch, den 30. April, im Kino Museum gezeigt. Una noche con los Rolling Stones (Deutsch: Eine Nacht mit den Rolling Stones) erzählt die Geschichte von Rita, einer Frau Anfang 40, die im Jahr 2016 in Havanna lebt – gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem jugendlichen Sohn, der sich immer weiter von ihr entfernt. Zwischen Nächten in lauten Clubs, feuchter Hitze und flüchtigen Begegnungen kämpft Rita um etwas, das sie selbst nicht benennen kann: Stabilität? Nähe? Freiheit?

Ihre Mutter macht einen gesunden Eindruck, geht regelmäßig zum Tai Chi, spricht aber unaufhörlich vom Tod. Immer wieder blitzen Anzeichen von Demenz auf, die Rita zwar wahrnimmt, aber nicht wirklich fassen kann. Ihr Sohn, mit dem sie eine schwierige Beziehung führt, lässt sich mit 17 bereits Tattoos stechen, nur um sie zu ärgern. Er will aus Kuba weg, will mit seinem Vater das Land verlassen. Doch sein Vater scheint sich dafür nicht zu interessieren.

Inmitten dieses familiären Chaos stolpert Rita durch ihr Liebesleben: Der Vater ihres Sohnes hat sie längst verlassen. Dann stellt es sich heraus, dass ihr Freund verheiratet ist und zwei Kinder hat. Und dann ist da noch ein Tierarzt, der zwar mit ihr schläft, sie jedoch  abwimmelt mit der Behauptung, er sei nicht gut für sie. Ihre beste Freundin steht ihr zwar zur Seite, lebt aber selbst in ihrer eigenen Welt und hat eine Neigung zum Dramatischen – theatralisch, überschwänglich, emotional. Und doch ist es genau diese Mischung aus Pragmatismus und Drama, die Rita durch ihren Alltag trägt.

Filmposter für „Una noche con los Rolling Stones“. Bild: Jana Bohle

Ein Land im Umbruch

All das spielt sich vor dem Hintergrund eines Landes im Wandel ab. Das Jahr 2016 war in Kuba ein symbolträchtiges: Die Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten normalisierten sich. Es war das Jahr, in dem Barack Obama Havanna besuchte. Chanel veranstaltete eine Modenschau auf dem Prado. Fast & Furious 8 wurde mitten in Havanna gedreht und die Rolling Stones gaben ein historisches Gratiskonzert, welches den Höhepunkt des Filmes darstellt.

Una noche con los Rolling Stones spricht diese Ereignisse nie direkt an – und doch sind sie allgegenwärtig. Wie eine zweite Erzählebene ziehen sie sich durch den Film: als Fernsehmeldung, als Straßengespräch, als Stimmungsumschwung. Rita scheint am Rande eines Umbruchs zu stehen – persönlich wie gesellschaftlich. Doch dieser Moment kippt, als sie das legendäre Konzert schließlich verpasst. Statt im Publikum zu stehen, unterhält sie sich mit einem Exfreund, den sie zuvor jahrelang nicht gesehen hat. Die Rolling Stones spielen, während Rita – einmal mehr – woanders ist.

Es ist kein politischer Film im klassischen Sinn, aber er versteht es, das Politische im Privaten sichtbar zu machen. Patricia Ramos, die Regisseurin, erzählt mit feinem Gespür für Zwischentöne vom kubanischen Alltag zwischen Stillstand und Aufbruch. Der Wandel vollzieht sich hier nicht in Reden oder Revolten, sondern in leisen Gesprächen, enttäuschten Blicken und unerwiderten Gesten.

Beitragsbild: Jana Bohle.

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