Nicht überall geht es an Ostern besinnlich zu: Im franz.K dröhnen die Bässe beim alljährlichen Represent Festival. Ein Alternativprogramm für alle, die lieber tanzen als in die Kirche zu gehen.
Während der Osterfeiertage ist es ruhig auf den Tübinger Straßen. Viele Student*innen sind über die freien Tage auf Familienbesuch, Eierlikör trinken und Schoko-Eier verputzen. Aber die österliche Stille währt nicht überall. Nur zehn Regio-Minuten von Tübingen entfernt wird im Reutlinger Kulturzentrum franz.K eine Festival-Bühne aufgebaut. Samstag und Sonntag treten hier jeweils vier junge Bands aus der Region auf. Das Konzept hinter dem Represent ist eher ungewöhnlich: Zwar wissen die Besucher*innen welche Band für welchen Tag auf dem Line-Up steht, die Reihenfolge bleibt jedoch geheim. So wollen die Organisator*innen sichergehen, dass alle Acts dieselbe Aufmerksamkeit bekommen, verrät Axel Albrecht, ein Mitbegründer des Represent. Die Leute sollen möglichst früh kommen, damit auch die erste Band als Opener keinen Nachteil durch ein schmäleres Publikum erfährt.
Zurück zu den Wurzeln
Die Idee für ein Festival, das die regionale Musikszene „repräsentiert“, entstand schon vor 12 Jahren. Das erste Represent Festival wurde bereits 2013 im franz.K veranstaltet. Seitdem gab es mehrere Location-Wechsel, unter anderem ins Sudhaus in Tübingen, aber mittlerweile ist das Represent zu seinen Reutlinger Wurzeln zurückgekehrt. Früher standen pro Abend noch jeweils sechs Bands auf der Bühne, heute sind es nur vier. So haben die Künstler*innen mehr Zeit ihr volles Repertoire zu zeigen und es gibt weniger Stress in den Umbaupausen.
Trotzdem fehlt es dem Line-Up nicht an Abwechslungsreichtum: Am Samstag stehen bereits Symphonic Metal von Acanthus, junger Indie-Pop von Maybe Yesterday, der Singer-Songwriter phil feat. 3rd Floor und Punk-Rock von Admiral Van Snyder auf der Liste. Am Sonntag wechseln dann der tanzbare NNDW-Sound von Blütenstaub mit Departures synthigem 90s-Grunge zu etwas popigerem Indie-Rock von Kleinstadt und schließt mit einem Elektro-Set mit Live-Schlagzeug von Schmidt&Rathmann ab.

Das Represent Festival ist mehr als eine Ausrede für alle, die um das Familien-Abendessen an Ostern herumkommen wollen. Es soll kleinen Bands aus der Region die Möglichkeit geben, Live-Gigs zu spielen, sich zu vernetzten, Bühnen-Erfahrung zu sammeln. Und der Plan geht auf: Zwischen und nach den Konzerten stehen die Künstler*innen in bunt durchmischten Gruppen beieinander, tauschen sich über Proberäume, Aufnahme-Möglichkeiten und Festivalgigs aus. Sobald die nächste Band auf die Bühne tritt, tanzen die anderen in der ersten Reihe mit.
Gerade dieses herzliche Miteinander und die familiäre Atmosphäre ist etwas, das Mitbegründer Axel schätzt: Schon Mittags beim Sound Check sei die Stimmung gut. Es sei besonders schön, alte Bekannte wiederzusehen aber auch neue Bands kennenzulernen. Departure war zum Beispiel schon vor zwei Jahren Teil des Line Ups. Da waren sie „zwei Jahre jünger und zwei Jahre schlechter“, scherzt die Bassistin Lucy. Ganz neu dabei ist die Band Blütenstaub, die erst seit etwa einem Jahr besteht.
Hobby-Musiker*innen mit Herzblut
Für Blütenstaub ist das Represent ihr siebter oder achter Auftritt, überlegt Jonathan, der Leadsänger und Gitarrist der Band nach ihrem Auftritt. Vor den Türen des franz.K sammeln sich kleine Grüppchen, er steht mit dem Blütenstaub-Schlagzeuger Peter und ein paar Kleinstadt-Mitgliedern zusammen. So wirklich angefangen hat Blütenstaub erst im Juli 2024, ihr erstes Jahr lief also ziemlich gut für die Newcomer. Der erste Gig war im Bricks in Tübingen, wo alle Bandmitglieder wohnen. Kennengelernt haben sich die vier Musiker*innen teils über die Schule, teils über die Musik oder gemeinsame Freundesgruppen. Obwohl Jonathan, Frida, Peter und Paul auf der Bühne wie eingefleischte Performer*innen wirken, sei das Represent ihr bisher größtes Publikum gewesen. Gerade planen sie, ihre ersten Songs aufzunehmen und auf Streaming-Plattformen zu veröffentlichen.

Festivals wie das Represent sind für junge Bands wie Blütenstaub enorm wichtig, um Erfahrungen zu sammeln und sich in der regionalen Musikbranche zu vernetzten. Besonders die Leidenschaft, welche die Künstler*innen für ihre Musik haben, ist während ihrer Auftritte deutlich spürbar. Sie alle machen das bisher nur als Hobby und nicht hauptberuflich, dafür aber mit vollem Herzblut. Der Abend endet mit müden Beinen vom ausgiebigen Tanzen und ganz vielen neuen Eindrücken, sowohl im Publikum als auch unter den teilnehmenden Bands. Das Represent Festival ist letztendlich eine Ode an Lokalität, live Musik und Künstler*innen aus Leidenschaft. Und obwohl viele wohl das österliche Familienessen für den Festivalbesuch absagen, fühlt sich das Represent irgendwie auch ein klein wenig so an wie ein Familientreffen.
Beitragsbild: Hetty Hollatz