Die Schriftsteller*innenvereinigung PEN (Poets, Essayists, Novelists) tagt seit Montag in Tübingen. Noch bis Sonntag lädt der PEN alle Interessierten zu zahlreichen Veranstaltungen rund um das Thema Meinungsfreiheit ein. Die Kupferblau hat die Eröffnungsveranstaltung besucht.
Der Andrang zur Veranstaltung ist überschaubar. Das anwesende Publikum ist zu großem Teil schon etwas älter. Man erhält den Eindruck, dass eine Veranstaltung wie die Eröffnung der PEN-Tagung in Tübingen keine allzu große Aufmerksamkeit erhält – und dass, obwohl es in Tübingen viele Student*innen geisteswissenschaftlicher Fächer gibt. Es liegt die Vermutung nahe, dass der PEN vielen Student*innen kein Begriff ist. Dieser Aspekt wird während des Gesprächs auch aufgegriffen.
Auftakt im altehrwürdigen Bonatzbau
Bei der Eröffnungsveranstaltung der PEN-Tagung sprachen José F.A. Oliver und Nancy Hünger miteinander. José F.A. Oliver ist Schriftsteller und Übersetzer. Zudem ist er seit Oktober letzten Jahres der Präsident des PEN-Zentrums Deutschland. Nancy Hünger ist Lyrikerin und die Leiterin des Studio Literatur und Theater. Die Moderation übernahmen Franziska Holly Geiß und Alexander Schwab, Student*innen der Universität Tübingen.
Alexander Schwab bat José F.A. Oliver und Nancy Hünger zu Beginn des Gesprächs um eine Darlegung, was der PEN mache. Oliver erläutert, dass es primär um die Verteidigung des freien Wortes gehe. Zwei zentrale Projekte des PEN sind Writers-in-Exile und Writers-in-Prison. Durch diese Projekte werden verfolgte Schriftsteller*innen unterstützt, beispielsweise in Form von Stipendien. Nancy Hünger wirft im Zuge dessen auch die Frage auf, wie es dazu kommen konnte, dass der PEN so weit in Vergessenheit geriet. Noch vor einigen Jahrzenten war der PEN eine Vereinigung mit größerer Bekanntheit, mit Präsidenten wie Heinrich Böll oder Walter Jens, der Gründer des Seminars für Allgemeine Rhetorik in Tübingen.
„Der PEN ist eine Solidargemeinschaft, in der versucht wird, die Freiheit des Wortes zu verteidigen.“
José F. A. Oliver
Spaltung des PEN
Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel wurde im Jahr 2021 Präsident des PEN-Zentrums Deutschland. Im Zuge seiner Präsidentschaft kam es zur Spaltung des PEN und Yücel gründete eine zweite PEN-Vereinigung, den PEN-Berlin. Derzeit gibt es somit zwei PEN-Vereinigungen in Deutschland. Nancy Hünger gehört ebenfalls zu den Gründungsmitglieder*innen des PEN-Berlin. Ein spannender Aspekt dieser Eröffnungsveranstaltung ist, dass sich zwei Stellvertreter*innen der beiden konkurrierenden Vereinigungen unterhalten. Das zeigt, dass zumindest teilweise ein Dialog herrscht. Während des Gesprächs zeigt sich auch immer wieder, dass letztlich beide Vereinigungen dasselbe Ziel haben, sich in ihrer Herangehensweise aber zumindest zu unterscheiden versuchen. Beispielsweise versucht der PEN-Berlin fortschrittlicher und diverser zu sein.
Selbst unter Literaturstudent*innen unbekannt
Franziska Holly Geiß wirft während des Gesprächs die Frage auf, wie es dazu kommt, dass der PEN auch unter Student*innen fast gänzlich unbekannt ist. Sie erzählt, dass auch in einem ihrer Oberseminaren, welches ausschließlich von Literaturstudent*innen besucht wurde, nicht eine Person den PEN kannte. Wie eine größere Bekanntheit des PEN erreicht werden kann, darauf fällt im Gespräch keine eindeutige Antwort.
Die PEN-Jahrestagung findet noch bis zum 21. Mai in Tübingen statt. Das facettenreiche Programm reicht von Lesungen bis hin zu Filmvorführungen. Die Veranstaltungen stehen unter dem Motto „…Verteidigung von Kunst, Traum und Phantasie…“. Das Programm könnt ihr euch hier ansehen.
Fotos: Laetitia Gloning