Kultur

Schüchterne Polizisten und der Spaß am Scheitern: Die 27. Werkschau der Impro-Akademie

Akademiker*innen scheitern sehen – das war die Devise bei der 27. Werkschau der Impro-Akademie am Dienstag. Unter der Leitung von Volker Quandt improvisierten die Teilnehmenden der Career Service-Veranstaltung auf der LTT-Werkstattbühne schüchterne Polizisten, haarige Mitbewohnerinnen und tüchtige Mixerverkäufer*innen. Mit dabei: Spaß, viel Gelächter und erstaunlich wenig Scheitern.

Aufs Stimmungmachen versteht sich Volker Quandt, Regisseur, Gründer des Harlekin-Theaters und Leiter der Impro-Akademie der Uni Tübingen: Bereits seine Begrüßung versetzt die Zuschauenden in die ausgelassene Stimmung, die die folgenden anderthalb Stunden prägen wird. Die Impro-Akademie, das ist ein Kurs des Career Service, bei dem Studierende Techniken des Impro-Theaters erlernen und am Ende in einer Werkschau präsentieren können. Am Ende gibt’s nicht nur Applaus, sondern auch ECTS. Volker Quandt hat die Akademie 2007 ins Leben gerufen, mittlerweile besteht sie als Kooperation zwischen Harlekin-Theater und LTT und wird vom Studierendenrat gefördert.

Um die zwanzig Studierende stehen dem Publikum gegenüber, die nur darauf warteten, so versprach es der am Eingang verteilte Flyer, zu scheitern. Denn Improvisieren, das heiße scheitern. Hannah, eine der Schauspieler*innen, findet es gut, sich darauf zu besinnen: „Scheitern gehört zum Leben dazu. In unserer Gesellschaft haben oft nur positive Emotionen eine Daseinsberechtigung. Zu Scheitern, Schmerz oder Tod haben wir den Bezug verloren“.

Auch Volker Quandt, dem Leiter der Impro-Akademie, merkte man an, wie viel Spaß er bei der Moderation des Abends hatte.

Volker Quandt führt Zuschauende wie Spielende an diesem Abend durch eine – wohlgemerkt öffentliche – Impro-Übungsstunde. Nach einem Assoziationsspiel zum Aufwärmen, bei dem das Scheitern bereits sehr gut beobachtet werden konnte, werden die Zuschauenden mitgenommen in allerlei Szenen und Geschichten, meist amüsant, punktuell auch tiefgründig, manchmal sogar politisch. Da ist der BKA-Beamte, der den Aktivisten im besetzten Haus mit kleinlauter Stimme fragt, ob dieser ihm nicht vielleicht unterschreiben könne, dass der Polizist zumindest versucht habe, ihn mitzunehmen. Oder die WG, die mit ausfallenden Haaren zu kämpfen hat und ständig Besuch bekommt – von Mixerverkäufer*innen, neuen Nachbarn und dem Tierschutzverein. Zwischendrin kommt es manchmal vor, dass Volker Quandt eine Szene stoppt, nochmal erklärt worauf geachtet werden soll: Beispielsweise beim Spiel mit Hoch- und Tiefstatus, also mit Figuren, die im direkten und im übertragenen Sinn viel oder wenig Platz auf der Bühne einnehmen. Als es da plötzlich die im Tiefstatus spielende Person ist, die die andere zuerst anspricht, macht Quandt den Unterschied nochmal deutlich.

Beim Impro-Theater ist es unerlässlich, aufeinander einzugehen und die Wege, die Spielpartner*innen einschlagen, mitzugehen.

Am Ende ist der Spaß jedoch präsenter als das Scheitern. Es ist spürbar, wie die Spielenden Momente der Ungewissheit immer wieder auffangen und in etwas Lustiges verwandeln können. „Es ist ein aufregendes, etwas gruseliges Gefühl, wenn man sich selbst in Schwierigkeiten bringt“, beschreibt Hannah. „Also, wenn man eine Geschichte weiterspinnt, ohne zu wissen, wie sie enden wird. Diese Schwierigkeiten auszuhalten, fühlt sich auch sehr schön an“. Für Zuschauende wie Spielende ist der Abend eine außergewöhnliche Erfahrung. „Jede*r war so kreativ und man hat sich in dem Moment einfach mit der Gruppe verbunden gefühlt“, erzählt Mary, die auch auf der Bühne stand. Der Abend endet mit einer, wie Quandt es nennt, „Mammutrunde“, in der jede*r Spielende nochmal zum Einsatz kommt: In kurzen Szenen, die immer wieder gestoppt werden, ersetzt jeweils die nächste Person eine andere. „Auch wenn ich glaube, dass es noch viel Raum zur Verbesserung gibt, hatte ich so viel Spaß wie lange nicht mehr“, urteilt Mary über den Auftritt. Und Spaß hatte auch das Publikum, urteilt man dem lauten Gelächter nach, das den Saal an diesem Abend immer wieder erfüllte.

Mary und Hannah empfehlen den Impro-Kurs allen, die gerne Theater spielen oder mehr aus sich herauskommen möchten. Auch im Sommersemester kann der Kurs wieder besucht werden, und der nächste Werkschau-Termin steht bereits fest: Am 11.7. öffnet die LTT-Werkstatt dafür wieder ihre Tore.

Fotos: Harlekintheater.

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