Monets Garten ist mehr als nur eine Ausstellung: Er ist ein Abbild der Postmoderne
„Ein immersives Ausstellungserlebnis“ – so bewirbt die Hanns-Martin-Schleyer-Halle in Stuttgart Monets Garten. Nur in New York, Wien, Stuttgart, Hamburg und Malmö kann diese besondere Ausstellung besucht werden. Zu zweit treten eine Freundin (und Monet-Liebhaberin) und ich die Reise von Tübingen nach Stuttgart an, um uns einen Eindruck von dieser besonderen Ausstellung zu verschaffen.
Seerosen und Multimedia – Monet(äre) Ausstellung in Stuttgart
Nach dem Eintreten durch einen Vorhang aus Plastik gelangen wir in einen engen, warmen Korridor. Weicher Teppichboden dämpft die Schritte und auch die Geräusche innerhalb des Raumes werden durch die Beschaffenheit der Wände gedämpft: Tausende kleine Blätter aus Plastik wurden auf die Wände geklebt und wirken wie ein hellgrüner Wandteppich.
Drei Gemälde Monets sind an der rechten Wand des Korridors ausgestellt, die linke Wand befasst sich mit dem Leben des Meisters. Das „einzigartige Multimedia-Erlebnis“ von dem die PR-Abteilung der Ausstellung spricht, offenbart sich den Besuchenden nun: Die drei besagten Bilder werden auf drei einzeln aufgehängte Leinwände projiziert. Nach einer Minute zerfließen sie in einzelne Pixel und Fragmente. Was sicher ein gelungenes Werk eines Multimedia-Technikers ist, erlaubt es den Zuschauenden leider nicht, sich in Ruhe auf die Bilder zu konzentrieren und sie auf sich wirken zu lassen. Wie als kleines Trostpflaster befinden sich am Ende des Korridors noch zwei „echte“ Gemälde (natürlich keine Originale), die so lange betrachtet werden dürfen, wie gewünscht. Allerdings werden dem schnell gelangweilten Besuchenden unter beiden Bildern ein großer QR-Code und die Worte „Tauche ein und werde Teil des Gemäldes“ präsentiert: Ein Instagram-Filter, der den*die Nutzer*in per Klick in das Kunstwerk eintauchen lässt. „Kunst kann also auch cool sein!“ scheinen die Designer*innen der Ausstellung den Besuchenden zuzurufen.
Nach dem sogenannten Atelier des Malers wird man nun in den nachgebauten Garten von Monet geführt: Über eine Plastikbrücke, von der zart rosa Plastikblumen hängen, werden die Besuchenden über einen See aus Plastik, in dem papierne Seerosen schwimmen, in die fast leere Kulisse eines Hauses geführt. Hier findet sich eine überdimensional große Installation, die das im ersten Bereich gezeigte Spiel aus bunten Pixeln und Farbtupfern nochmals aufgreift, viel größer und viel bunter. Leicht schwindelnd verlässt man nun das Haus des Malers und darf sich an einem weiteren technischen Kunstgriff erfreuen: Die Besuchenden können sich vor einer weißen Leinwand aufstellen, die die Bewegungen und Posen der jeweiligen Person übernimmt und als digitale Farbtupfer auf die Wand zaubert.
Die letzte und umfangreichste Station der Ausstellung ist der sogenannte „Showroom“. Auf einigen im Raum verteilten Sitzgelegenheiten, aber vor allem auf dem Boden, lassen sich die Gäste nieder und erleben eine 45-minütige dokumentarische Präsentation der berühmtesten Bilder Monets und der Highlights seines Lebens. Der Eindruck drängt sich auf, dass die absurde Länge des Films die Abwesenheit originaler Monets in der Ausstellung wettmachen soll. Ein buntes, mit bekannten Kompositionen aus Klassik und Romantik untermaltes Lichtspiel wird präsentiert. Der Film wird sowohl auf alle vier Wände als auch auf den Boden und drei im Raum aufgestellte Leinwände projiziert.
Was denken die Besuchenden?
Die Google-Rezensionen der Ausstellung sind durchwachsen. Man könne den Film genauso gut zuhause ansehen, schreibt ein Nutzer. „Die Ideen der Projektionen sind gut, aber schlecht umgesetzt“ ein anderer. Und ein dritter fasst seinen Eindruck prägnant zusammen: „Wie man aus Nichts Geld macht.“ Zustimmen können wir nur teilweise. Monet ist zweifelsfrei einer der wichtigsten Vertreter*innen des Impressionismus und eine Ausstellung, die auf seinen Werken basiert, kann niemals „Nichts“ sein. Naiv, wie wir sind, fragen wir uns eher nach den Motiven, die die Ausstellung bewirkten. Die Instagram-Filter, die Möglichkeit (für Kinder), selbst Bilder von Seerosen zu malen, die interaktiven Bildinstallationen und der Bruch mit dem traditionellen Konzept einer Kunstausstellung deuten alle auf Dasselbe hin: Auf einen Versuch, Kunst für jede*n in der Gesellschaft zugänglich, verstehbar zu machen, sozusagen dem Ganzen den Spuk des Abstrakten und Elitären zu nehmen. Definitiv sollen (auch) vor allem junge Menschen angesprochen werden. Dies alles ist mit Sicherheit ein nobles Unterfangen. 25 Euro Eintritt für Monets Garten zu nehmen läuft diesem Zweck jedoch zuwider. Nicht jeder Mensch hat eine solche Summe einfach übrig und sicherlich nicht diejenigen, die diese „moderne“ Ausstellung eigentlich ansprechen soll. Nur als kleiner Vergleich: Das Kunstmuseum Stuttgart nimmt elf Euro Eintritt, die Staatsgalerie nur sieben Euro. Selbst ein Ticket für den Louvre, das für einen ganzen Tag gilt, kostet nur 17 Euro.
Die Ausstellung erscheint zumindest uns als Enttäuschung, als redundante Ansammlung multimedialer „Kunstgriffe“, erschaffen für das so häufig unzutreffende Stereotyp eines Millennials, dessen Aufmerksamkeitsspanne der einer Fliege gleicht und der ohne sein Smartphone nicht zu überleben weiß.
Wer Monet und seine Werke schätzt, sollte sich bei einem Besuch darauf einstellen, nicht viel von seiner Kunst zu sehen – und vielleicht doch einen Besuch in einer Galerie oder einem Museum vorziehen.
Beitragsbild und Fotos: Paula Marie Baumgartner
Spannender Artikel! Ich denke, jetzt werde ich nicht zu der Ausstellung gehen.
Diese Ausstellung kann man sich wirklich sparen,die Projektionen sind eher langweilig.Jedes kleine Taschenbuch über den Künstler bringt mehr Information ,dafür 25.- Euro Eintritt zu verlangen ist schlicht und einfach gesagt eine Unverschämtheit.