Gibt es denn eine bessere Kombination als mit einem Getränk in der Hand in einem Konzert zu sitzen und gleichzeitig etwas Gutes für die Welt tun? Genau das konnten die Besucher*innen des Benefizkonzerts der Unicef-Hochschulgruppe am 5. Juli tun.
Am Dienstagabend, 05. Juli, wird es im Club Voltaire langsam warm, obwohl die Sonne schon untergeht. Das Zimmer ist nämlich vollgestopft mit jungen Menschen, hauptsächlich Studierenden. Sie sind alle zum Benefizkonzert der Unicef-Hochschulgruppe gekommen. Mit Spendenboxen und Aufpreis bei Getränken sammelte die Hochschulgruppe Geld für die Kinder von Afghanistan.
Warum Afghanistan?
”Inzwischen droht die Krise in Afghanistan durch den Krieg in der Ukraine in Vergessenheit zu geraten, obwohl die Taliban immer noch an der Macht sind und das Land letzte Woche auch unter einem großen Erdbeben gelitten hat”, erklärt Ranran aus dem Organisationsteam. Die Idee für ein Benefizkonzert entstand aus früheren guten Erfahrungen mit ähnlichen Veranstaltungen vor der Pandemie, so David aus der Hochschulgruppe. Mit einer kleinen Gruppe wurde das Benefizkonzert über das Semester auf die Beine gestellt. Die Hochschulgruppe scheint sehr zufrieden mit dem Abend zu sein, es seien viele mehr Zuhörer*innen gekommen als erwartet.
Emotional vs. humorvoll
Der Abend begann mit dem Auftritt von Stoni D, der stimmungsvollen Blues-Rock mit seiner Gitarre spielte. Die Stimmung ist locker, einige Leute unterhalten sich hinten. Doch mit dem nächsten Performer sind auf einmal alle still. Statt üblichem Poetry Slam spricht Nico Reusch über den dringenden Psychotherapiebedarf in Deutschland. Dabei sind der Verteilungsschlüssel, Therapieplätze und Krankenkassen die Schlüsselwörter. Es gebe immer noch zu wenige Psychotherapeutenplätze in Deutschland, dafür bekommt aber jeder vierte Mensch Probleme mit der psychischen Gesundheit. Die Stimmung wird konzentriert und emotional.
Danach geht es weiter mit dem Poetry Slam von Richard König, dessen Einleitung das Publikum ständig zum Lachen bringt. Vor der Pause präsentiert noch Naray aus der Hochschulgruppe die aktuelle Lage in Afghanistan und erzählt über ihre persönliche Familiengeschichte: Ihr Großvater hat sich in Afghanistan für Menschen engagiert, bis er schließlich wegen Gefahr flüchten musste. Nun arbeitet Naray in seinen Fußstapfen weiter. Ihre Erzählung bringt das Publikum wieder zum Schweigen, die Tränen sind nicht weit weg.
Nach der Pause beginnt Alieren Renkliöz mit einem rauen Text über das Leben in der Wildnis. Danach tritt wieder Nico auf, dessen Interpretation von „Ich bin kein guter Deutscher“ von Friedrich Hermann gleichzeitig zum Lachen und zum Nachdenken anregt. Warum sind Deutschen nicht stolz auf ihr Land? Was bedeutet eigentlich Deutsch sein? Richard tritt auch nochmal auf mit einem Text, den er in der Pause aus drei vom Publikum vorgeschlagenen Wörtern verfasst hat. Mit Wörtern wie „Wuschelkopf“, „Hoffnung“ und „Stoni D“ ist das in zehn Minuten geschriebene Gedicht erstaunlich schlau. Reimend über die Ankunft in die Veranstaltung und die Ansicht eines Engels auf der Bühne wird Richard erneut mit heulendem Lachen vom Publikum bejubelt. Der Abend endet mit entspannten Popliedern von der Band Teilzeitfreunde.
Hilfe mit Gegenleistung?
Die meisten Zuhörer*innen haben über ein Organisationsmitglied oder Artist*in Interesse an der Veranstaltung bekommen. Das Publikum lobte die Mischung des freiwilligen Spenden und einer Kulturveranstaltung. Auch sei die Abwechslung zwischen ernsten und lockeren Themen wichtig. Wer wegen eines Konzertes dabei ist, werde auch auf die aktuelle Situation in Afghanistan aufmerksam gemacht. Allerdings könne Spenden auch als Ablenkung von der Bekämpfung von Ursachen funktionieren.
Man könnte lange philosophieren, was Gutes tun eigentlich bedeutet – Hilfe ohne Erwartung von einer Gegenleistung? Darf man überhaupt etwas zurückfordern? Aber genau das macht Benefizveranstaltungen so attraktiv – eine Win-Win-Situation für die Gäste, die für ihre Spende direkt etwas zurückbekommen. Dabei wird zwar nicht das moralische “Gutes tun” betont, sondern das Engagement wird mit gemeinsamem Spaß und Entspannung verbunden. Besonders für Student*innen ist es sicherlich attraktiver als eine monatliche Geldspende, die auch nicht zu unterschätzen ist. Beide Möglichkeiten funktionieren mit unterschiedlichen Motivationen und locken unterschiedliche Menschen zur Unterstützung von Entwicklungsprojekten.
Nicht zu vergessen ist das freiwillige Engagement der Organisierenden und lokalen Künstler*innen. Auch sie bekommen etwas zurück: ein freies Getränk und ein Plattform für ihre Kunst.