Darüber, was nachts im Museum passiert, wurde in der Medienwelt schon zu genüge aufgeklärt. Aber was passiert eigentlich auf einem leeren Festivalgelände, in den frühen Morgenstunden, während alle schlafen? Unsere Autorin ist selbst auf Spurensuche gegangen.
Wie es tagsüber und abends beim Ract–Festival aussieht, wissen wahrscheinlich die meisten: Workshop und Würstchen, laute Musik und Langos. Wie es nachts aussieht, während schon alles für das Festival aufgebaut ist, habe ich bei einer ganz besonderen Helfi-Schicht herausgefunden: der Nachtwache.
Gemeinsam mit den anderen freiwilligen Helfer*innen leisten wir feierlich zu Beginn der Schicht den Schwur, allen Aufgaben der Nachtwache nachzukommen: Uns reichlich an den vorhandenen Backwaren zu bedienen, nicht einzuschlafen – jedenfalls nicht gleichzeitig –, und jegliche Eindringlinge vom Gelände fernzuhalten. Als die letzten Menschen von der Ract-Orga gehen und wir uns im Zelt eingerichtet haben, machen wir unsere erste Patrouille über das Gelände.

Alles ist ruhig, ein Vogel zwitschert, nur der Lichttechniker arbeitet noch an der Westbühne. Wir leuchten die Zäune mit Taschenlampen ab und gehen wieder zurück ins Orga-Zelt. Zwischen den Rundgängen spielen wir Lügen (man kann hier niemandem trauen!) und singen mit Gitarrenbegleitung Wonderwall. Das schreckt mögliche Eindringlinge sicher ab. Eine Stunde Schlaf auf dem Sofa, dann bin ich wieder mit Rundgang dran.
Intruder-Alert und Festivalstart
Um drei Uhr nachts passiert es dann – wir beginnen gerade unseren Rundgang, als wir ein schreckliches Geräusch hören: Pffffft. Einige Momente brauchen wir, bis wir verstehen, was das war. Nicht etwa ein Geist, sondern nur die Nebelmaschine auf der Bühne – denn der Lichttechniker arbeitet immer noch. Ansonsten ist nach wie vor niemand zu sehen. Um uns von dem Schrecken zu erholen, essen wir erstmal eine Brezel.

Es ist überraschend, wie früh es hell wird. Wir laufen in der Morgendämmerung zu Vogelgezwitscher über das komplett leere Festivalgelände. Komplett leer? Nicht ganz. Konnte man da hinten nicht ein Fahrrad aufblitzen sehen? Schnell nehmen wir die Verfolgung auf. Eine Briefträgerin wollte durch das Gelände fahren. Wir schicken sie wieder zurück, sie muss leider einen kleinen Umweg nehmen.
Um halb acht machen wir uns dann, inzwischen recht müde, auf dem Heimweg, auch wenn die Zeit doch schneller vorbeiging, als erwartet. Das Orga-Team des Ract macht sich langsam an die letzten Vorbereitungsmaßnahmen, damit das Festival, das in diesem Jahr sein 20-jähriges Jubiläum feiert, Nachmittags losgehen kann.
Beitragsbild: Alexandros Mantzaridis