Unileben

Von der schwäbischen Alb bis nach Ägypten – Eine Führung durch das Schloss Hohentübingen

20.000 Plastiktüten, Persil und das älteste Riesenweinfass der Welt- Während der Direktorenführung auf dem Schloss konnte die Kupferblau viele Fun Facts über eins von Tübingens Wahrzeichen in Erfahrung bringen. Was es damit auf sich hat, lest ihr im Artikel.

Für die Führung am 7. Mai trafen sich etwa 50 Studierende am Tor von Schloss Hohentübingen. Museumsdirektor Ernst Seidl freute sich darüber, dass Menschen aus verschiedensten Fachrichtungen von Physik bis Kunstgeschichte an der Führung teilnahmen. Auf dem Programm standen Einblicke in unterschiedliche Themengebiete außerhalb und innerhalb des Schlosses. 

Historische Orte auf dem Schloss

Gestartet hat Herr Seidl mit der Baugeschichte und Veränderung der Stadt und Höhentübingen im Verlauf der Zeit. So zeigte er uns beispielsweise das Observatorium vor dem Schloss. Dieses ist in dieser Form weltweit einzigartig und außerdem das älteste Bodenobservatorium überhaupt. Ein weiterer historisch wichtiger Ort auf dem Schloss ist das Labor von Friedrich Miescher, in dem er 1869 das Nuklein entdeckte und damit einen fundamentalen Beitrag zur Biochemie geleistet hat.

Ernst Seidl in der Abguss-Sammlung des Museums. Bild: Lina Stockhaus

Für die Tour durch das Schloss selbst wurde die Gruppe aufgeteilt, da so viele Studierende zur Führung gekommen waren. Seidls Kollegin Christina Häfele übernahm die Führung der anderen Hälfte der Gruppe durch das Museum. Die Ausstellungen des Museums sind in Epochen eingeteilt. Dort befinden sich Objekte aus unterschiedlichen Sammlungen aus der ganzen Welt.

Zu den Highlights gehören altsteinzeitliche Figuren, geschnitzt aus Mammut-Elfenbein, gefunden in der Vogelherd-Höhle auf der Schwäbischen Alb. Diese zählen zu den ältesten gefundenen Kunstwerken der Menschheit. Auch interessant sind altägyptische Artefakte, wie eine sehr gut erhaltene Opferkammer aus Gizeh (ca. 2380 v. Chr.), die nach einer Ausgrabung an die Universität Tübingen gebracht wurde. Diese Ausgrabung wurde von Ernst von Sieglin finanziert, dessen revolutionäres Seifenpulver heute als Persil bekannt ist.

Eines der ältesten Kunstwerke der Welt aus der Vogelherdhöhle. Bild: Dominik Ritter

Neben Fakten und Zahlen über die Ausstellungsstücke teilte Ernst Seidl auch viele Einblicke in seine Arbeit als Museumsdirektor. So erzählte er beispielsweise von einer älteren Dame, die dem Museum ihre Sammlung von 20.000 Plastiktüten übergeben wollte, oder vom ältesten Riesenweinfass der Welt. Das 85.000 Liter-Fass landete nach Anregung von Oberbürgermeister Boris Palmer im Guinnessbuch der Rekorde, kann allerdings wegen einer benachbarten Fledermauspopulation nur im Winter besucht werden.

Kritische Herkunftsgeschichte der Funde

Im Nachgespräch mit Herrn Seidl kamen auch kritischere Themen zur Sprache, beispielsweise die Herkunft diverser Objekte, insbesondere aus Südamerika und Afrika, sowie deren Weg nach Tübingen. Er betonte die Anstrengungen des Museums im Bereich der Provenienzforschung. Der Begriff bezeichnet die Untersuchung der Besitzergeschichte von Kunstwerken und archäologischen Objekten.

Der Fokus liegt dabei auf fragwürdigen Aneignungsmethoden in Bezug auf Kolonialismus, menschlichen Überresten (human remains) und die NS-Zeit. Mit diesen ethischen Fragen setzen sich in Tübingen mehrere Forschende in der Zentralen Anlaufstelle für Provenienzforschung am MUT auseinander.

Ein Abguss der Nike von Samothrake und ein kurioses Mondgemälde. Bild: Dominik Ritter

Das Museum der Universität Tübingen vereint Forschung, Lehre und öffentliche Wissenschaftskommunikation. Jährlich besuchen es etwa 60.000 Personen. Für Studierende ist der Eintritt kostenlos. Jedes Wochenende findet eine Führung durch das Schloss (samstags, 15 Uhr) und eine Highlight-Führung durch das Museum (sonntags, 15 Uhr) statt.

Prof. Dr. Seidl freut sich auch über persönliche Anfragen zu außerordentlichen Führungen. Wer herausfinden möchte, warum das Schloss Hohentübingen kein echtes Schloss ist, was Lachssperma mit der Entdeckung des Nukleins zu tun hat oder sich generell für Kunst, Geschichte und Wissenschaft interessiert, kann dem Schloss und seinem Museum einen Besuch abstatten.

Beitragsbild: Lina Stockhaus

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