Während ihrer zweiten Corona Erkrankung hat unsere Redakteurin sich bewusst dafür entschieden ihr Handy den Großteil des Tages auszulassen, um so der FoMo (Fear of missing out) entgegenzuwirken. Wer nichts mitkriegt kann auch nichts vermissen, so jedenfalls die Idee dahinter.
Erstmal vorneweg, dieser Artikel war keineswegs geplant, und ich habe mir nicht extra Corona eingefangen, nur um drüber zu schreiben. Genau genommen war es eher ein Zufall, dass ich es überhaupt entdeckt habe. Ich wollte gerade los zum Sport, aber entschied mich dann doch nochmal einen Test zu machen, weil ich eine leichte Erkältung und noch ein Test zuhause hatte. Am Wochenende davor war ich auf einem Festival gewesen, und hatte mich die Tage danach regelmäßig getestet. Als der Test dann überraschenderweise positiv war, bin ich aus allen Wolken gefallen. Ich hätte nie gedacht, Corona noch ein zweites Mal zu bekommen, außerdem war ich ja so fit, dass ich gerade zum Sport wollte, als ich mein positives Ergebnis bekam.
Alle Pläne fallen ins Wasser
Meine ganzen Pläne fielen also erstmal ins Wasser. An sich bin ich eher extrovertiert, deswegen machte mir die erneute Isolation am meisten Angst. Die letzte Quarantäne verbrachte ich damit mit meiner Mitbewohnerin Sex and the City zu schauen, da wir uns beide angesteckt hatten. Diesmal war ich alleine, erst seit ein paar Wochen getrennt und hatte deshalb Angst, was mit meiner Psyche passieren würde.
Dabei muss ich allerdings sagen, dass ich mir sehr bewusst bin, was für ein enormes Privileg es ist einen so leichten Verlauf zu haben, dass ich mir mehr Gedanken ums Allein-sein, als um meine Gesundheit machen musste.
Trotzdem war der erste Tag einfach nur beschissen. Ich war die meiste Zeit am Handy, zerrissen zwischen Instagram, Whatsapp, Telegram, Buzzfeed, meinen E-Mails und meinen Gedanken. Ich habe die ganze Zeit nur darauf gewartet irgendetwas aus der Außenwelt mitzukriegen, ob es nun eine Nachricht oder ein Like ist. Richtig teilhaben konnte ich aber so oder so nicht. Zwischendrin haderte ich mit meinem „grausamen Schicksal“ und versank in Selbstmitleid. Da es so eindeutig nicht weitergehen konnte, habe ich mich entschlossen, ab dem zweiten Tag mein Handy fürs erste im Flugmodus zu lassen. Ganz ausmachen ging leider nicht, da ich keine Uhr besitze und ohne die Uhrzeit zu kennen wohl auch durchgedreht wäre. Außerdem wollte ich noch Musik hören.
Gute Laune ganz allein
Mein Handy zum Großteil auszulassen, war wohl die beste Entscheidung, die ich für mich treffen konnte. Auf einmal habe ich mich nicht mehr verfolgt gefühlt, ich habe nicht mehr wie eine Verrückte die ganze Zeit auf mein Handy gestarrt oder gewartet bis Freund*innen mir auf meine banalen Fragen antworten, die ich nur gestellt hatte, weil mir langweilig war. Mein Kopf war frei und ich habe, auch wenn es blöd klingt, richtig zu mir selbst gefunden. Ich habe die letzten Jahre selten so viel gemalt und gelesen wie die letzten fünf Tage. Außerdem ist es erstaunlich, wie viel mehr Zeit man hat, wenn man nicht ständig irgendwelche dummen Reels auf Instagram schaut. Klar hatte ich ab und zu Momente in denen ich einsam war, aber zum Teil weniger als wenn ich einen normalen Morgen mit meinem Handy verbringe, ohne dabei Corona zu haben.
In meiner völligen Isolation hatte ich die meiste Zeit sogar sehr gute Laune. Dank meines leichten Verlaufs konnte ich ab dem zweiten Tag Yoga machen und kam mir dabei sehr wie eine Influencerin mit einem sehr Healthy Lifestyle vor, obwohl ironischerweise ja gerade der Internet-Detox dazu geführt hatte, dass ich mich so gut und gesund fühlte, und ich ja eigentlich auch nur zuhause sitzen musste, weil ich krank war. Ich habe mich schon lange nicht mehr so frei gefühlt, wie ohne Handy, nicht mal am Freitag- und Samstagabend war ich unglücklich oder hatte FoMo und das soll schon was heißen, weil ich dazu oft neige.
Checkpoint 15 Uhr
Um 15 Uhr habe ich mein Handy jeden Tag für eine Weile angeschaltet, aber hauptsächlich nur, weil meine Mutter wissen wollte, ob ich noch lebe, und sie bis 15 Uhr arbeitet. Ich habe allerdings auch gemerkt, dass ich jeden Tag ein bisschen darauf gewartet habe, dass endlich 15 Uhr ist. Ich bin einfach sehr süchtig nach meinem Handy, auch wenn ich es nicht gerne zugebe.
Jetzt ist meine Quarantäne fast vorbei, und ich freue mich natürlich unglaublich darauf, wieder Menschen zu treffen und mit meinem Leben weiterzumachen, aber auf irgendeine Art und Weise hat mir meine Zwangspause auch gutgetan. Vielleicht ist es eine gute Idee so etwas auch mal zu machen, ohne dass man dazu gezwungen wird. Ich denke nicht, dass ich auf Dauer auf mein Handy verzichten werde können, allein schon, weil ich manchmal spontane Treffen mit Freunden am schönsten sind, und die nun mal leider meistens übers Handy ausgemacht werden, aber ich bin erstaunt, wie gut es mir getan hat, einfach mal nicht erreichbar zu sein.
Fotos: Ronja Hornik