Das Event findet in der Neuen Aula statt. Vor den Türen versammeln sich zahlreiche Menschen. Geht es denn gleich los? Türen öffnen sich und das Audimax, das Herzstück der Vorlesungssäle, füllt sich. Brechend voll ist er nicht, der Saal, aber mit vielen Fans und oder interessierten Studierenden gefüllt ist er allemal. Maren Kroymann tritt ein und das Publikum applaudiert.
Es ist der 24.11.2022, knapp nach 20 Uhr. Vergangenes Jahr erhielt Kroymann den Ehrenpreis beim Deutschen Comedypreis. Doch Ihre Dankesrede fiel gegen übliche Erwartung aus. Denn sie wollte “vorsätzlich unlustig sein“, wie sie heute erklärt, um auf das Thema des Sexismus gegenüber Frauen in der Comedy Branche besonders aufmerksam zu machen. Eben diese ausgefallen Dankesrede verschaffte ihr die Auszeichnung zur Rede des Jahres.
Olaf Kramer, geschäftsführender Direktor des rhetorischen Seminars, moderiert den Abend. Er begründet den aufmerksamen Zuhörenden kurz, was Kroymanns Rede zu der einen Rede des Jahres 2021 macht. Dabei fallen Schlagwörter wie: “Diese Rede hat Diskussionen angestoßen“, “Die Kunst der Pause“ oder “Kraftvoll und eindringlich“. Eben solches Lob wird noch eindrucksvoller durch die Information, dass sie ihre Rede ohne Aufschriebe gehalten hat.
Sie bekommt den Preis überreicht. Danach wird zur Auffrischung die Rede im Videoformat abgespielt. Es folgt eine Diskussionsrunde, in der Kramer und Studierende die Chance haben, Kroymann Fragen zu ihr als Person, der Rede und ihrer Karriere zu stellen.
Diskussionsrunde
“Waren Sie Sexismus ausgesetzt in Ihrer Karriere?“ Fragen wie dieser entgegnet Kroymann salopp und unverblümt mit einer Anekdote aus ihren vergangenen Tagen. Durch ihre klaren Formulierungen nimmt sie den Anwesenden im Raum selbst bei einem Thema wie diesem die Möglichkeit eines Lachers nicht weg – ohne in irgendeiner Weise das Thema zu verharmlosen. Ihre natürliche und mehr als umgangssprachliche Ausdrucksweise (also wenn sie eben mal “Schwanz“ einbaut) ist authentisch und überraschend. Es ist dieselbe Authentizität, wie auch am Abend der Rede.
Ihr kamen “ungefiltert die Tränen”, als sie die Mail mit der Auszeichnung zur Rede des Jahres las, sagt Kroymann. Das sei auch der Moment gewesen, in dem sie das erste Mal von diesem Preis erfahren hat. Das habe sie “echt gerissen” und sie finde den Preis “so besonders”. Erwartungen brechen, Perspektiven auffächern und weg von dieser Art von Comedy zu kommen, bei der eine Person predigerhaft vorne steht, sei was sie möchte. Zweifel sähen will sie, denn “das macht auf”.
Man traute und traue Frauen keinen Intellekt zu, der Humor hervorbringen könnte, kritisiert Kroymann. Deshalb verschwieg sie lange Zeit auch ihr abgeschlossenes Studium zur Lehrerin. Doch als sie ihr Coming-out hatte, konnte sie auch allen mitteilen, dass sie gebildet ist, scherzt die Preisträgerin. Sie gibt sich jedoch nicht der Rolle des Opfers. Denn Kroymann benutzt ihren Intellekt, ihren Humor und ihre Erfahrungen, um eben jetzt ganz deutlich auf die Ungerechtigkeit in der Comedy Branche aufmerksam zu machen.
Mit allen Fragen beantwortet, geht der Abend in sein letztes Stadium über: Es wird zum anschließenden Weintrunk eingeladen.
Foto: Marie Linn Lohmann