Was passiert eigentlich, wenn man wissenschaftliche Bildung und Techno zusammen mischt und daraus eine Veranstaltung kreiert? Genau das hat Tübingen im Rahmen der Science Notes letzten Freitag erlebt! Hier erfährst du wie gut das funktioniert hat und was dabei herausgekommen ist.
Pünktlich am Freitag erbarmte sich das Wetter und pausierte, zumindest für einen Tag, den abendlichen Dauerregen in Tübingen. Los gingen die Science Notes folglich mit einem guten Omen, dementsprechend ausgelassener Laune und einem ausverkauften Festplatz. Bei leckeren Waffeln und dem ein oder anderen Bierchen hatten sich die Veranstalter*innen vorgenommen, dem Tübinger Publikum das Thema Wildnis näher zu bringen. Aushängeschild der Veranstaltung war dabei der Tausendsassa Dominik Eulberg, ravender Ornithologe aus dem Westerwald.
Death by 1080
Los ging es aber erstmal mit einem Vortrag von Bernd Eberhart von der Science Notes-Redaktion. Dieser wollte dem Publikum einen Wissenschaftscomic präsentieren, welcher den Konflikt zwischen Tierschützer*innen und Ökolog*innen in Australien veranschaulichen sollte. Dort werden invasive Säugerarten wie zum Beispiel Katzen und Füchse vergiftet, um die heimische Fauna vor diesen invasiven Spezies zu schützen. Doch das schöne Abendwetter machte dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung, da die Leinwand offensichtlich nicht dafür ausgelegt war bei Tageslicht ein ansehnliches Bild zu produzieren. Allgemein ließ die technische Performance der Veranstalter*innen doch etwas zu wünschen übrig, insbesondere bei der Tontechnik gab es Luft nach oben. Dies blieb aber weitgehend das einzige Manko der Veranstaltung. Denn trotz fehlenden Bildes präsentierte uns Bernd Eberhart eine zum Nachdenken anregende Geschichte über die Frage, wie weit man als Ökolog*in gehen darf, um die Natur zu schützen.
Die Moral der Wildnis?!
Als nächstes betrat mit Prof. Dr. Thomas Potthast ein Bioethiker von der Universität Tübingen die Bühne. Er behandelte das Thema Wildnis aus einer philosophischen Perspektive heraus und stellte sich die Frage, ob der Mensch die Verpflichtung hat, die Wildnis in Ruhe zu lassen. Auch wenn die Herleitung des Ganzen ein wenig komplizierter war, ist die eindeutige Antwort auf diese Frage – ja! Er ließ sich ebenfalls nicht nehmen, dem Publikum die Betrachtung der Wildnis als Kontinuum, die damit einen bestimmten Zustand der Natur darstellt, näherzubringen und die Betrachtung als binären Zustand zu verwerfen.
Wildgewordene Pflanzen
Nach einer kleinen Zwischenfragerunde mit Dominik Eulberg und einer interaktiven Bestimmungsübung für Vogelstimmen war es mit abnehmendem Tageslicht Zeit für Prof. Dr. Oliver Bossdorf, das Publikum nun auch (endlich!) in den Genuss eines Vortrages mit visueller Unterstützung zu bringen. Dies meisterte er gekonnt und erzählte dem Publikum eine interessante und gleichzeitig beängstigende Geschichte, wie der Japanknöterich seine Reise aus Asien antrat und sich als invasive Pflanze aggressiv über ganz Nordamerika und Europa verbreitete. Dass der Japanknöterich nicht das einzige Beispiel hierfür ist, mag wohl in der Bevölkerung weitestgehend bekannt sein, dass wir jedoch mit den meisten im Handel erhältlichen Samenmischungen aktiv dazu beitragen, potentiell invasive Arten nach Europa zu holen, vermutlich nicht. In diesen sind oftmals exotische, nicht heimische Pflanzenarten enthalten, von denen sich einige aggressiv ausbreiten können. Durch die Aussaat in den eigenen Garten wird deren Verbreitung unbeabsichtigt begünstigt. Insbesondere mit Blick auf die derzeitig ablaufenden klimatischen Veränderungen gibt es laut Bossdorf Grund zur Sorge, dass dieses Thema gerade erst so richtig in Fahrt kommt.
Wettlauf gegen die Wildnis
Den Abschluss der thematischen Runde machte Lissi Pörnbacher mit ihrem Vortrag über den Yucon Arctic Ultra. Zentraler Punkt waren hierbei die Gründe (die es scheinbar gibt), warum ein Mensch bei -50 Grad Celsius knapp 800 km durch die arktische Tundra rennt und was das mit diesem Menschen macht. Dafür befragte sie einen Südtiroler Anwalt, welcher im nördlichsten Teil Kanadas die ultimative Herausforderung suchte und sich dieser auch erfolgreich stellte.
Und was ist jetzt mit dem Techno?
Dominik Eulberg lieferte dann zum Abschluss der Veranstaltung, worauf wohl schon viele sehnsüchtig gewartet hatten – den Techno! Basierend auf seinem wunderbaren Motto: “Die Natur ist die begabteste Künstlerin von allen”, gab es feinste Sounds in Kombination mit wunderschönen Naturabbildungen. Nach anfänglichem Zögern ließ sich das Publikum gerne darauf ein und erhob sich von seinen Stühlen. Ein gelungener Abschluss der Veranstaltung!
Auch zwei Redakteur*innen des Kulturressorts haben die Veranstaltung besucht. Hier lest ihr ihre weiterführenden Reflexionen zu den Inhalten.
Fotos: Patrick Gerstorfer/”Science Notes-Magazin” Tübingen