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„Wann ist ein Mann ein Mann?“ Und wie auch Männer vom Feminismus profitieren können

Herbert Grönemeyer stellte 1984 die Frage: „Wann ist ein Mann ein Mann?“ Rund 40 Jahre später bleibt die Frage noch offen. Um geselleschaftliche Normen zu verändern und davon profitieren zu können, müssen sich Männer bewusst werden, welche Normen und Rollen sie in ihrer Männlichkeit verkörpern.

Dabei stellt sich auch die Frage: Welche Rolle können Männer in diesem Prozess übernehmen? Können sie selbst Teil des Wandels sein und sich als Feministen engagieren? Wie können sie ihre Stimme für Gleichberechtigung erheben und welche Verantwortung tragen sie im Kampf gegen patriarchale Strukturen?

Wie der Mann konkret von Feminismus profitieren kann

Männer können von feministischen Bewegungen profitieren und sich auf vielfältige Weise daran beteiligen, da sie ebenfalls in patriarchale Idealvorstellungen gezwängt werden. Diese Ideale und Strukturen betreffen vor allem von Cis Männer. Also Männer, die sich primär nach ihren äußeren Geschlechtsorganen identifizieren, die sie seit der Geburt haben.

Die feministischen Bewegungen streben zum Auflösen patriarchaler Strukturen. Vor allem das Aufbrechen der klassischen Männerrolle, damit Männer ein breiteres Spektrum an Lebensentwürfen und eine Partnerschaft auf Augenhöhe haben. Männer sollen demnach etwa nicht mehr zwingend der Hauptverdiener sein und die Familie ernähren. Zudem haben Männer die Möglichkeit in Elternzeit zu gehen. Es wird in der Gesellschaft durch Feminismus immer mehr anerkannt und beliebter.

„Männer nehm′n in den Arm, Männer geben Geborgenheit
Männer weinen heimlich, Männer brauchen viel Zärtlichkeit
Oh, Männer sind so verletzlich
Männer sind auf dieser Welt einfach unersetzlich […]
Männer haben’s schwer, nehmen′s leicht
Außen hart und innen ganz weich
Werden als Kind schon auf Mann geeicht
(Wann ist ein Mann ein Mann?) […]“

Herbert Grönemeyer 1984

Die klassischen Geschlechterrollen tragen auch dazu bei, dass Männer seltener emotionale Unterstützung suchen oder Schwäche zeigen durften, sich das selbst einzugestehen und darüber zu reden. Dies sind häufig auch Suizidgründe bei Männern. 

Laut dem Statistischen Bundesamt nehmen sich Männer dreimal so häufig das Leben wie Frauen. Besonders betroffen sind Männer zwischen 55 und 64 Jahren. Expert*innen der deutschen Depressionshilfe und Suizidprävention sehen hier unter anderem gesellschaftliche Rollenerwartungen als Belastungsfaktor. 

Suizide im Jahr 2023 nach Geschlecht
Suizide im Jahr 2023 nach Geschlecht
© Statistisches Bundesamt (Destatis), 2025

Eine offenere Gesellschaft, die emotionale Verletzlichkeit bei Männern akzeptiert und unterstützt, kann dazu beitragen, diesen Belastungen entgegenzuwirken. Feministische Bewegungen leisten hier einen wichtigen Beitrag, indem sie für eine Entlastung von überholten Rollenbildern eintreten.

Feminismus: ein Einsatz für alle Geschlechter

Männer werden explizit von vielen feministische  Organisationen aufgerufen, an der Bewegung teilzunehmen. Ein Beispiel dafür ist die HeForShe-Kampagne. Die Kampagne wurde im Jahr 2014 von UN Women gegründet und unterstützt die Gleichstellung der Geschlechter. Sie soll Männer und junge Menschen dazu ermutigen, sich für die Gleichstellung einzusetzen. Ihr Ziel ist es, die Rolle der Frau zu stärken und weitere Stereotype und Normen abzubauen.

Dabei geht es nicht nur um Frauen, sondern um ein gesamtgesellschaftliches Umdenken. UN Women beschreibt: „Die Gleichstellung der Geschlechter ist keine ‚Frauensache‘, sondern ein Menschenrechtsthema, das die Mitwirkung aller erfordert.“ Schließlich haben wir alle das Recht, nicht in geschlechterspezifische Erwartungen gezwängt zu werden. Durch die HeForShe-Bewegung sollen auch Männer eingeladen werden, an der Kampagne teilzunehmen und sich  feministisch zu engagieren.

Mitmachen statt nur zuschauen: Wie sich Männer engagieren können

Es gibt viele Möglichkeiten für Männer die Gleichstellung der Geschlechter aktiv zu unterstützen und sich als Feministen zu engagieren. Es kann sich am Anfang gut über Artikel, Bücher, Podcasts, Aktivist*innen, Social Media oder Dokumentarfilme informiert werden. In diesen werden die Herausforderungen von Frauen und anderen Geschlechtern in unserer Gesellschaft aufgezeigt. Anschließend werden verschiedene Bereiche beleuchtet, in denen Feminismus ansetzen kann.

Ein wichtiger Schritt ist, Frauen zuzuhören, ihre Erfahrungen ernst zu nehmen und sich in ihre Perspektiven hineinzuversetzen, ohne sie infrage zu stellen. Bei Vorfällen wie Catcalling ist es entscheidend, solche Situationen nicht mit Sätzen wie „Das war doch nur ein Kompliment“ zu verharmlosen.

Ein weiteres Engagement ist, in der Arbeitswelt oder an der Universität Autorinnen zu zitieren und in der Freizeit Bücher von feministischen Autorinnen zu lesen. Indem Männer auf sexistische Sprache aufmerksam machen, setzen sie ebenfalls ein Zeichen für die Förderung der gleichen Rechte für alle Geschlechter.

Im Haushalt sollten Männer ihre Aufgaben eigenverantwortlich erledigen, ohne dass ihnen jemand darauf hinweisen muss, denn solche Verpflichtungen betreffen alle Mitglieder des Haushalts gleichermaßen. Wenn die mental load und die Care-Arbeit aufgeteilt werden, profitieren alle davon. Zusätzlich ist es schon bei der Familienplanung wichtig zu klären, wer in Elternzeit geht oder die Arbeitszeit reduziert. Es kann außerdem hilfreich sein, mit Kindern über Gleichberechtigung zu sprechen. Dadurch werden Kinder sensibler gegenüber dem Thema. Feminismus beginnt schon in der Erziehung. Auch Jungs können mit einer Puppe und Mädchen mit einem Baukasten spielen.

Alle können mitmachen

In der heutigen Gesellschaft reicht es nicht aus, einfach nur selbst keine Gewalt auszuüben. Es ist wichtig, sich aktiv mit den Ursachen und Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt auseinanderzusetzen und sich für eine sichere Umgebung für alle einzusetzen. Jeder kann dazu beitragen – oft schon mit kleinen, wirkungsvollen Maßnahmen. Indem Männer sich aktiv mit diesen Themen auseinandersetzen und sich für Gleichstellung und Gerechtigkeit einsetzen, sind sie Verbündete im Feminismus und tragen zur Schaffung einer gerechteren Gesellschaft für alle Geschlechter bei.

Die Faust in einem Venusspiegel steht als eins der Symbole des Feminismus. Bild: b0red auf Pixabay

Feminismus betrifft alle gleichermaßen – auch Männer. Dabei kann jeder kleine Schritt, der für Gleichberechtigung getan wird, sei es durch Zuhören, Engagement oder gelebte Partnerschaftlichkeit, zu einer gerechten Gesellschaft beitragen, von der am Ende alle profitieren. Auch Männer profitieren von einer gleichberechtigten Gesellschaft, in der sie sich frei von starren Rollenbildern entfalten können. Genau das thematisiert Herbert Grönemeyer mit seiner berühmten Frage: „Wann ist ein Mann ein Mann?“

Beitragsbild:  Samantha Sophia auf Unsplash

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