Erst vor einem Jahr debütierte „Panik Deluxe“ in Stuttgart. Am 25. Oktober bringt Lily Elektra ihr Soloprojekt dann mit zu Lichternebel 2024. Mit dem Konzert in Tübingen schließt sich für die Wiener Newcomerin ein Kreis. Damit hat das Uni-Festival für sie eine ganz besondere Bedeutung.
Nur wenige Stunden vor ihrem Auftritt in der Shedhalle, treffen wir uns vor der ehemaligen Mensa zu einem spontanen Interview. Trotz Nervosität kann sie den Abend kaum noch erwarten. Doch bevor Panik Deluxe um 21 Uhr ins Rampenlicht tritt, beantwortet Lily Elektra mir im Nachmittagssonnenschein noch ein paar Fragen rund um ihr neuestes Musikprojekt.
Kupferblau: Dein Künstlername lautet „Panik Deluxe.“ Wie kam es dazu? Das ist ja schon etwas abstrakter.
Panik Deluxe: Es war tatsächlich so, dass ich ganz lange nach einem Namen gesucht und irgendwie gar nichts gefunden habe. Ich hatte dann eine Liste mit 30 Namen, die mir alle nicht gefallen haben. Dann hat eine Freundin von mir den Medizinaufnahmetest gemacht für die Uni. Ich weiß nicht, wie das hier ist, aber in Wien ist es ein riesiges Ding, dort reinzukommen. Ich hatte sie gefragt wie es ihr mit dem Lernen geht und sie hat mir gesagt: „Ich hab’ Panik Deluxe.“ Und das habe ich genommen. Das war’s dann. So ist das passiert.
Wie lange machst du denn schon Musik?
Also dieses Projekt mache ich jetzt seit eineinhalb oder fast zwei Jahren. Aber mit dem Live-Spielen habe ich eigentlich erst vor einem Jahr angefangen. Damit hat sich das Ganze auch irgendwie erst entwickelt. Es hat sich davor nicht so echt angefühlt, Musik mit dem Computer zu machen. Außerdem war ich ein musikalisches Kind. Ich hatte sehr lange Gitarrenunterricht, habe im Chor gesungen und in einer Band gespielt, bevor ich das Solo-Projekt gemacht habe. Die hat’s aber nie an die Öffentlichkeit geschafft.
Du sagst also, live zu spielen hat nochmal etwas verändert. Wie fühlt es sich dann für dich an auf der Bühne vor einem Publikum zu stehen?
Es ist um ehrlich zu sein jedes Mal der volle Stress, bis zu der Sekunde, in der ich anfange zu singen. Ich habe eigentlich selten viel Spaß. Es ist ziemlich absurd, wenn man auf der Bühne steht und Menschen dir Aufmerksamkeit für deine Kunst schenken, sie zuhören und es ihnen gefällt. Das ist etwas, das ich irgendwie noch nicht ganz einordnen kann, obwohl ich dieses Jahr einige Konzerte gespielt habe. Zugleich ist es auch ein wunderschönes Gefühl. Aber es ist jedes Mal sehr nervenaufreibend. Das war es für mich schon immer, auch als Kind. Ich habe mich nie ganz wohl damit gefühlt, dass Menschen mir zuschauen, weil ich mich gerne ein bisschen mehr verstecken würde. Aber man lernt auf jeden Fall dazu. Ich glaube, das stärkt mit der Zeit auch mein Selbstbewusstsein. Sich hinzustellen und so zu präsentieren, seine Musik zu präsentieren.
Gruselfaktor Mensch
Das klingt schon fast ambivalent, wie zwei Gesichter. Wenn das Auftreten selbst mitunter Stress verursacht, was liebst du dann am meisten am Musik machen?
Ich singe wahnsinnig gerne, das schon. Und ich liebe es zu musizieren, auch live. Es ist eher die Publikumskomponente, die mich manchmal ein bisschen aus der Bahn wirft. Oder auch alle Menschen, die bei Konzerten mitarbeiten; Tontechniker*innen und andere Musiker*innen, die an dem Abend da sind. Wenn sie mir zuhören, dann stresst mich das. Ich denke immerzu, sie hören alle meine Fehler und wissen, was passiert. Aber es ist dann doch schön, denn häufig klappt es ja auch. Auf der Bühne zu stehen ist cool und macht Spaß. Ich produziere und schreibe auch sehr gerne. Eigentlich gefällt mir alles. Nur Menschen sind manchmal gruselig.
Wenn die Publikumskomponente manchmal etwas Angst hervorruft, wie ist das dann? Bist du eher jemand, der gerne vor einem großen Publikum oder eher in einem intimeren Raum spielt?
Einfacher ist definitiv ein größeres Publikum. Wenn es so viele Menschen sind, hat man manchmal das Gefühl, alles verschwimme irgendwie ineinander. Ich glaube das schlimmste für mich wäre es, vor zehn Leuten spielen zu müssen oder vor drei. Sowas in der Art wäre ganz gruselig.
Wie steht es dann mit dem Thema Aufmerksamkeit? Bist du jemand, der lieber hier beim Lichternebel spielt mit vielen Künstler*innen, sodass du nicht allein im Vordergrund stehst oder spielst du lieber deine eigenen Konzerte?
Nein, am liebsten spiele ich so wie heute. Ich freue mich auch riesig, weil ich einfach Temmis und Nils Keppel und alle Leute die dabei sind, die Band und die Techniker*innen, alle lieb gewonnen habe. Und weil dieses Konzert heute auch irgendwie ein bisschen besonders für mich ist. Es fühlt sich alles so an wie ein Kreis, der sich schließt. Es ist auch voll schön, wenn es Acts gibt, die man schon kennt und man sich dann wiedersieht. Also trete ich lieber gemeinsam mit anderen auf. Denn das schönste am Musik machen sind Menschen; zwischenmenschliche Beziehungen, die man mit anderen hat. Auch wenn sie manchmal gruselig sind.
Der Kreis schließt sich
Was macht Lichternebel heute für dich besonders?
Ich habe mein allererstes Konzert vor etwas über einem Jahr in Stuttgart gespielt. Roman von Temmis war an dem Abend auch da und hat mich gesehen. Dann durfte ich Support für Temmis sein und habe später auch für Nils Keppel Support in Wien gemacht. Seitdem ist der Stein für mich persönlich ein bisschen ins Rollen gekommen, für die Weiterentwicklung von dem Projekt. Andere Leute sind aufmerksam geworden. Alles ist irgendwie darauf zurückzuführen, dass ich dieses allererste Konzert hier gespielt habe. Also nicht hier. Ich weiß, Tübingen und Stuttgart sind nicht dasselbe. Aber heute findet alles wieder zusammen, das ist etwas Besonderes. Außerdem ist Tübingen die Heimatstadt von Temmis und ein paar meiner Freunde.
Das klingt fast schon ein bisschen nach Schicksal. Aber wie ist es genau dazu gekommen, dass du heute bei Lichternebel spielst?
Luca von Lichternebel hat mich an diesem besagten Abend in Stuttgart gesehen. So ist das passiert. Er hat mich entdeckt und wollte, dass ich hier heute spiele.
Welche Erwartungen hast du denn an Lichternebel? Jeder Studi hier kennt vermutlich Lichternebel und hat natürlich auch eine gewisse Vorstellung. Aber als Künstler*in gehst du bestimmt auch mit einer gewissen Erwartung hier hin. Wie sieht die aus?
Hauptsächlich freue ich mich eigentlich so richtig darauf, die Musik von Temmis und Nils Keppel zu hören. Ich bin auch total gespannt auf kleinstadt und auf Sex im Dunkeln. Der kleinstadt–Soundcheck hat schon richtig geil geklungen. Ich möchte mir einfach anschauen wie die Community hier ist und die schöne Musik hören. Darauf freue ich mich.
Denkzettel an mich – Message an euch
Du freust dich also besonders auf die Musik von Temmis und auch auf kleinstadt. Beide machen aber ganz andere Musik als du. Deine Lieder, wie „twigs“ oder „I was an apple and I got peeled” klingen schon ein bisschen skurril. Was willst du mit deiner Musik ausdrücken? Was ist die Message dahinter?
Dieses Panik Deluxe-Projekt findet sehr viel in meinem eigenen Mikrokosmos statt, auf einer sehr persönlichen Ebene. Mir ist stark aufgefallen, dass die Message meiner Musik zwar auch im Text, aber irgendwie mehr in der instrumentalen Komponente steckt. Das ich meine Gefühle dadurch gut ausdrücken kann. Das ist irgendwie meine Art und Weise, das zu übersetzen, was bei mir passiert. Ja, es ist ein bisschen schräg, das stimmt. Und ein bisschen anders. Ich schätze, ich wurde einfach sehr vom Twilight-Soundtrack geprägt.
Du sagst, meistens steckt deine Message im Instrumentalen. Wenn du jedoch heute Abend eine Message mitbringen könntest, sie ins Mikro schreien könntest, sodass sie alle Studis hören, welche wäre das?
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich so eine Message für andere habe. Oft sind die Sachen oder die Musik, die ich mache, Denkzettel an mein zukünftiges Ich. Gefühle niederzuschreiben und in Sätzen zu verfassen, um mir beim erneuten Hören zu denken, dass ich das nicht wiederhole. Oder um mir zu sagen, dass alles okay ist. So wie ich über mich denke, was ich alles tue und was ich alles mache. Hätte ich jedoch eine Message für andere, dann wäre sie einfach, dass man sich selbst Dinge zutrauen kann; sich vertrauen darf. Denn im Endeffekt weiß man immer selbst am besten, was man tut und was man machen kann.
Beitragsbild: Hetty Hollatz