Unileben

Wer ist Tübingen? – die Stadt in Zahlen

In Deutschland gibt es 108 Universitäten. Die Universität Tübingen hat zum aktuellen Semester genau 28.986 Studierende und ist damit eine der größten Universitäten des Landes. Davon sind 24.597 deutsche Staatsangehörige, jedoch nur einer aus Costa Rica. Diese und weitere Zahlen und Fakten über die Stadt und die Universität findet ihr in diesem Artikel.

Letztes Semester fragten wir euch in einer unserer wöchentlichen Sonntagsumfrage auf Instagram, ob ihr Hannah oder Sophie heißt – um endlich die Frage zu klären, von wem es denn jetzt mehr in Tübingen gibt. Fünf Hannahs und vier Sophies antworteten auf die Befragung. Da diese Zahl wenig repräsentativ ist, gehen wir der Frage „Wer ist Tübingen?“ hier etwas akribischer auf den Grund.

Universitätsstadt Tübingen – Studierendenstadt Tübingen

In der Stadt leben Stand 2022 genau 92.811 Menschen, von denen 28.986 Studierende sind. Von denen sind zwar nicht alle hier gemeldet, jedoch kann man davon ausgehen, dass fast ein Drittel der Menschen in der Stadt an der Uni Tübingen studieren. Das ist eine recht hohe Zahl, in Heidelberg sind es weniger als 20 Prozent der Stadtbevölkerung und in Freiburg nur knapp über zehn Prozent. In Deutschland liegen nur Gießen (45,7 Prozent) und Marburg (33,1 Prozent) höher. Außerdem ist der Kreis Tübingen mit einem Altersdurchschnitt von 41,8 Jahren einer der jüngsten Landkreise der Bundesrepublik. Tübingen ist also sehr jung – aber auch sehr alt: Der Landkreis hat auch die vierthöchste Lebenserwartung in der Bundesrepublik, nur in Starnberg, München und im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald leben die Menschen länger.

Tübingen ist eine der jüngsten Städte Deutschlands – entsprechend schläft Tübingen selten.
Bild: Max Maucher

Dass die Studierenden nicht gleichmäßig über Tübingen verbreitet sind, ist wohl jedem bewusst, der schon Mal Freitagabend am WHO war. Schließlich ist das Studierendendorf auf dem Hügel im Norden der Stadt mit 23,2 Jahren auch der jüngste Stadtteil der Stadt. Interessanterweise ist der Stadtteil Waldhäuser Ost (ohne das Studierendendorf) allerdings mit 45,2 Jahren der älteste Stadtteil, da dort auch viele Familien und Rentner leben. Auch das Französische Viertel hält sich mit seinen 32 Jahren Altersdurchschnitt im unteren Bereich auf. Das Stadtzentrum liegt mit einem Altersdurchschnitt von 36,5 Jahren knapp unter dem Gesamtdurchschnitt der Stadt Tübingen von 38,4 Jahren.

Umgeben von Annas und Michaels

Die häufigsten Vornamen in Tübingen sind Michael und Thomas, was sich vom Klang her auch recht gut mit dem Altersdurchschnitt der Stadt verträgt – ganze 705 Menschen mit dem Namen Michael leben in der Stadt, gefolgt von 614 mal Thomas und 581 mal Andreas. Bei den Frauen gibt es 588 Annas, 503 Julias und 455 Marias, wie die Stadt der Kupferblau auf Anfrage mitteilt.

In der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen (in die wohl nahezu alle Studierenden fallen sollten), gibt es bei männlichen Namen wohl mehr Variation als bei weiblichen, denn unter den zehn häufigsten Namen sind acht weibliche. In jener Altersgruppe sind die häufigsten fünf hier ebenfalls Anna (243), Julia (222), Laura (194), Sarah (173), sowie, und hiermit wäre auch die Frage aus unserer Instagram-Umfrage geklärt: Hannah, ein Name, den in dieser Altersklasse 173 Frauen tragen (und 274 in allen Altersgruppen). Der Name Sophie taucht in der Statistik nicht auf, daher gibt es ihn in der Stadt unter 200 mal, denn die Statistik enthält nur Namen, die mindestens 200 mal vorkommen.

In derselben Umfrage wollten wir wissen, welchen männlichen Namen ihr wohl für den häufigsten unter Studierenden haltet. Eure Antwort (von unserer Auswahl) war: Lukas, gefolgt von Jonas, dann Tim, dann Alexander. Tatsächlich tauchen zwei dieser Namen in der Top 5-Liste männlicher Namen in der Altersgruppe 18-25 auf: Nach Felix, mit 172 Personen, tragen 168 Männer den Namen Lukas, gefolgt von David mit 150 Nennungen, Jonas mit 144 und Daniel mit 142. Alexander kommt erst auf Platz 12 mit 115 Personen. Auch einige für unsere Generation ungewöhnliche Namen tauchen in der jüngeren Altersgruppe auf. So gibt es unter den 18- bis 24-Jährigen in Tübingen zwei Personen namens Hans und eine Ulrike.

Die Neckarfront mit Fachwerkhäusern. Bild: Pexels

Von Ägyptologie bis Zahnmedizin – was studieren wir?

Die Zahl der Studierenden an der Uni Tübingen ist seit Jahren recht stabil. Im Sommersemester gab es 2269 Neueingeschriebene, eine übliche Zahl für das Wintersemester. Während der Corona-Pandemie war die Zahl natürlich deutlich niedriger, im Sommer 2020 schrieben sich nur 543 Studierende in Tübingen ein. Dennoch pendelt die Zahl der Studierenden seit 2018 um 26.000 bis 28.000. Im aktuellen Semester hat die Uni jedoch so viele Studierende wie noch nie.

Der Nummer 1-Studiengang in Tübingen ist, wer hätte es anders erwartet, Medizin. Die Vorkliniker und Kliniker zusammengerechnet kommen hier auf stolze 3123 Studierende, also über zehn Prozent der ganzen Studierendenschaft. Direkt im Anschluss folgt Rechtswissenschaft (Jura) mit 2118 Eingeschriebenen. Auch die Naturwissenschaften sind gut besucht, darunter Biologie (1017 Studierende), Chemie (678) und Physik (644).

Wer mit Zahlen nichts anfangen kann, findet jedoch auch unter den Sprachen eine Studi-Community: Ganze 1260 Personen studieren entweder Anglistik/Amerikanistik, dessen Nachfolge-Studiengang English and American Studies oder Englisch auf Lehramt in Tübingen, das sind deutlich mehr Studierende als diejenigen, die ihr Studium der deutschen Sprache widmen: Nur 783 Studierende sind in den Studiengängen Germanistik und Deutsch (Lehramt) eingeschrieben (allerdings gibt es mehrere weitere Studiengänge, sie sich auf andere Arten mit der deutschen Sprache beschäftigen, zum Beispiel Deutsche Literatur, 85 Eingeschriebene).

Auch andere Europäische Sprachen wie Spanisch und Französisch sind beliebt, mit 204 und 124 Eingeschriebenen, respektiv, werden aber von der Koreanistik in den Schatten gestellt, die mit 299 Eingeschriebenen ein recht großer Studiengang ist. Italienisch (48) und Griechisch (19) können nicht mit den anderen asiatischen Sprachen mithalten: 135 studieren Japanologie und ganze 149 beschäftigen sich mit der chinesischen Sprache und Kultur.

Die Morgenstelle beheimatet Institute für naturwissenschaftliche Studiengänge.
Bild: Hannah Burckhardt

Unter den Studierenden gibt es aber natürlich auch einige Exoten. In mehreren Studiengängen ist laut offizieller Statistik nur eine Person eingeschrieben. Dazu gehört zum Beispiel die Westslavische Philologie, die inzwischen nicht mehr in dieser Form angeboten wird, die eingeschriebene Person ist also schon recht lange in Tübingen. Ähnliches gilt für den Studiengang Kunstwissenschaft, auch hier ist nur eine Person eingeschrieben (im Studiengang Kunstgeschichte hingegen 157).

Was studieren Anna und Michael?

Nicht alle Studienfächer sind gleich besetzt. Viele Studienfächer werden hauptsächlich von weiblichen oder männlichen Studierenden aufgesucht. (Anmerkung: Nichtbinäre Studierende werden laut Regularien der Universität zu den weiblichen Studierenden gezählt.) Von allen statistisch signifikanten Studiengängen (mindestens 50 Eingeschriebene) ist Machine Learning der wohl männlichste: Hier sind 135 Männer und nur 32 Frauen eingeschrieben, also knapp 81 Prozent Männer. Generell werden MINT-Studiengänge häufiger von Männern besucht: Es folgen Informatik (80 Prozent männlich), Physik (74 Prozent) und Data Science (ebenfalls 74 Prozent). Auch Sportmanagement wird von männlichen Studierenden bevorzugt, hier sind es 70 Prozent.

Bei den Frauen ist der Gewinner wenig überraschend: In der Hebammenwissenschaft sind aktuell 215 Studentinnen eingeschrieben, jedoch kein Student. Direkt darauf (Studiengänge unter 50 Eingeschriebenen werden nicht mitgerechnet) folgt die Koreanistik, in der 92 Prozent Frauen eingeschrieben sind. Auch die Master-Studiengänge Schulpsychologie und Bildung & Erziehung werden mit jeweils 90 Prozent Anteil von Frauen bevorzugt. Weitere von Frauen dominierte große Studiengänge sind Erziehungswissenschaft und Soziale Arbeit (84 Prozent), Molekulare Medizin (79 Prozent) und Psychologie (76 Prozent).

Blick von der Stiftskirche auf die Neckarbrücke und Gebäude in Tübingen
Die Studierendenstadt vom Turm der Stiftskirche aus gesehen. Foto: M. Kaut auf Unsplash

Es gibt auch einige (größere) Studiengänge, in denen das Verhältnis nahezu ausgeglichen ist. Interessanterweise zählen dazu sowohl die Katholische als auch die Evangelische Theologie, in Ersterer finden wir 72 Männer und 70 Frauen in letzterer 203 Männer und 194 Frauen. Auch die Klassische Archäologie gehört zu den nahezu gleichen Studiengängen, der Gewinner heißt allerdings Medizininformatik. Nur hier sind exakt so viele Frauen wie Männer eingeschrieben.

Tübingen: ein Global Player im Ländle

Die Universität ist international. Mehr als einer von sieben Studierenden in Tübingen kommt aus einem anderen Land. Der absolute Rekordhalter ist die Volksrepublik China: Ganze 646 Tübinger Studierende kommen aus dem Reich der Mitte, das sind mehr als von allen anderen Kontinenten außer Asien und Europa zusammen. Erst weit abgeschlagen folgen Länder wie Türkei und Indien, aus den 341, bzw. 237 Personen in Tübingen eingeschrieben sind. Generell stammen jedoch die meisten ausländischen Studierenden aus Europa, die Hauptherkunftsländer sind hier (neben der Türkei) Italien mit 297, Griechenland mit 164 und Spanien mit 147. Russland folgt mit 129 nicht weit darauf.

136 US-Amerikaner*innen studieren in Tübingen, das sind mehr als aus allen europäischen Staaten außer Deutschland und den oben genannten. Das liegt jedoch auch neben der Größe des Landes auch daran, dass die Uni Tübingen hervorragende Beziehungen zu den Vereinigten Staaten pflegt und mit fast 90 Institutionen mehr Partneruniversitäten in den USA als irgendeine andere deutsche Universität hat. Zudem pflegt das Land Baden-Württemberg Partnerschaftsprogramme mit den Bundesstaaten Kalifornien, Oregon, Connecticut, Massachusetts und North Carolina.

Aus vielen der großen Staaten der Welt studiert eine mittlere zweistellige Zahl an Studierenden in Tübingen. So leben zwischen Bebenhausen und Derendingen immerhin 41 Studierende aus Brasilien, 49 aus Ägypten und 45 aus Pakistan. Das sind jeweils mehr als aus Bremen, nur 34 Studierende sind von der Weser an den Neckar gekommen. Innerhalb von Deutschland liegen (neben Baden-Württemberg) übrigens wenig überraschend Bayern und Nordrhein-Westfalen vorne, mit 1605 bzw. 1080 Studierenden in Tübingen. Was jedoch auffällt: Wäre „Abitur im Ausland“ ein Bundesland, würde es mit 228 Studierenden (gemeinsam mit Berlin) Platz 7 belegen.

Eine ganze Reihe Staaten sind mit nur einem, bzw. einer Studierenden an der Uni vertreten. Unter diesen Staaten finden sich auch einige, deren Amtssprache man in keinem anderen Land spricht. Dementsprechend finden an der Uni Tübingen jeweils höchstens eine einzige Person, die Isländisch, Somali, Khmer, Guaraní oder siSwati sprechen (letztere drei spricht man in Kambodscha, Paraguay, bzw. Eswatini). Die Anzahl der Schwäbisch-Sprechenden wurde nicht erhoben.

Interessant ist auch, dass es einige Studiengänge gibt, die besonders bei ausländischen Studierenden beliebt sind. So sind im Studiengang Astro and Particle Physics insgesamt 62 Personen eingeschrieben, von denen jedoch nur vier einen deutschen Pass besitzen. Auch in der Computerlinguistik und der Experimentellen Medizin liegt der Ausländeranteil bei 76 bzw. 75 Prozent. In vielen Studiengängen hingegen finden sich wenige bis gar keine ausländischen Studierenden. Russisch auf Lehramt wird ausschließlich von deutschen Staatsbürger*innen studiert. Unter den größeren Studiengängen sind die „deutschesten“ der Studiengang Sportwissenschaft mit dem Profil Medien und Kommunikation (100% deutsche Staatsangehörige), sowie Sportmanagement, Erziehungswissenschaft und Soziale Arbeit, Allgemeine Rhetorik und Geographie, mit einem Ausländer*innenanteil von jeweils zwei bis fünf Prozent.

Wie wir alle wissen, lügen Zahlen nicht. Auch wenn es sich vielleicht oft so anfühlt ist Tübingen keine Bubble. Natürlich umgeben sich die meisten Menschen gerne mit Menschen mit ähnlichen Interessen. Vielleicht ist es also so: Tübingen ist nicht nur eine, sondern viele Bubbles. Ein Student der Pharmazie befindet sich in einem genauso homogenen Umfeld wie eine Studentin der Koreanistik, auch wenn diese ganz unterschiedlich voneinander sind. Diese Zahlen zeigen jedoch eins: Tübingen ist wirklich vielfältig!

Beitragsbild: Max Maucher

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