Hinter Türen

Hinter den Türen des Tübinger Unverpackt-Ladens

Aus dem Bewusstsein heraus, dass unsere Gesellschaft zu viel Müll produziert, entstanden vor einigen Jahren die ersten Unverpackt-Läden in Deutschland. Diese bieten Lebensmittel und andere Produkte mit so wenig Verpackung wie möglich an. In Tübingen gibt es den Speicher, ein kleiner Unverpackt-Laden mitten in der Innenstadt. Werft gemeinsam mit der Kupferblau einen Blick hinter die Türen des Tübinger Unverpackt-Ladens.

Der Eingang vom Speicher. Bild: Clara Kühne

Die Entwicklung des Speichers von 2017 bis heute

Unsere Gesellschaft produziert zu viel Müll, das ist keine neue Erkenntnis. Aber es ist auch nicht immer einfach, Plastikverpackungen zu umgehen, da selbst die Gurke aus dem Supermarkt gerne mal in eine dünne Schicht Plastik gewickelt ist. Unmöglich ist es aber auch nicht, seine Lebensmittel mit weniger Verpackungsmaterial zu bekommen. Vor Jahren tauchten die ersten Unverpackt-Läden in Deutschland auf und 2017 wurde im Zuge dieser Bewegung der Speicher in Tübingen eröffnet. Geführt wurde der Laden anfangs von einem Ehepaar, das eigentlich aus einer anderen Branche kam. Für die beiden war es ein Herzensprojekt, welches sie 2018 aus gesundheitlichen Gründen an ihren Mitarbeiter Alexander Nolte abgeben mussten. Nun führen Nolte und seine Partnerin seit sechs Jahren diesen Laden und bekommen dabei Unterstützung von einer Teilzeitkraft und vier Minijobber*innen. 

Wie man sich den Speicher vorstellen kann

Kaum hat man den Laden betreten, setzt ein Gefühl der Entschleunigung ein. Das Einkaufen verläuft etwas entspannter, als im normalen Supermarkt und man kann sich auch die Zeit nehmen, die Produkte näher zu betrachten, ohne einen Einkaufswagen einer anderen Person in die Hacken zu bekommen. Wenn man zum ersten Mal einen Unverpackt-Laden betritt, kann es aber etwas überwältigend sein, da das Einkaufen hier anders abläuft, als man es gewohnt ist.

Die Idee hinter den Unverpackt-Läden ist es, dass Kund*innen selbst ihre Behältnisse mitbringen und befüllen. Dadurch werden Verpackungen mehrmals verwendet und der Planet wird durch weniger Produktionen und weniger Müll geschont. 
„Bevor man die Behältnisse befüllt, werden sie gewogen. Dadurch zahlen die Kund*innen nur für den Inhalt. Anschließend können sie ihre Behälter mit den Inhalten und den Mengen füllen, die sie brauchen. Unser Sortiment reicht von Trockenware, bis hin zu Essig, Öl, Putzmitteln und vielem mehr”, erzählt Nolte.


Mittlerweile gibt es auch Dinge wie Passata und Kokosmilch im Pfandglas, aber auch bei Produkten für die Körperhygiene wird man im Speicher fündig. Bei der Ware handelt es sich vor allem um regionale Produkte, wie die vom Schwärzlocher Hof in Tübingen. Aber es gibt auch Produkte vom Großhändler, die nicht in der Region angebaut werden, wie Nüsse und Reis. Zudem sind viele der Produkte Bio oder sogar Demeter zertifiziert. 
Das Sortiment hat sich über die letzten Jahre immer mehr erweitert, da das Konzept des unverpackten Einkaufens immer beliebter wird.
Dienstags bis Donnerstags, von 15-17 Uhr, gibt es auch einen Studierendenrabatt von 10 Prozent, der für alle Lebensmittel gilt. 
Nach dem Einkaufen kann man noch auf einen Kaffee oder ein leckeres Mittagessen verweilen, denn zum Speicher gehört auch ein kleines Bistro. Dort findet man Kaffee, Kuchen und jeden Tag einen veganen Mittagstisch. Im Bistro wird die Frischware aus dem Laden verarbeitet, um Lebensmittelabfälle zu vermeiden.

Alexander Nolte in seinem Laden. Bild: Clara Kühne

Reaktionen auf den Laden

Die Reaktionen auf den Speicher sind eigentlich immer positiv, so die Erfahrung von Nolte. Viele Kund*innen sind oftmals beim ersten Besuch erstaunt oder sogar überwältigt von der Fülle des Sortiments. Viele haben nach der ersten Überforderung dann die Erkenntnis, dass das unverpackte Einkaufen gar nicht so schwer ist, wie sie dachten. Wenn die Überforderung doch überwiegt, nehmen Nolte und sein Team die Kund*innen auch an die Hand und gehen mit ihnen alles durch, was wichtig ist.

Supermarkt versus Unverpackt-Laden

Die Ansicht, dass Unverpackt-Läden teuer sind, ist auch immer wieder vertreten. „Es ist die Frage, womit man uns vergleicht. Supermärkte haben eine viel höhere Stückzahl und können deswegen günstiger einkaufen als wir. Wir sind ein Einzelhandel und haben daher nur eine begrenzte Stückzahl bei den Produkten, wodurch die Preise teurer sind, als die im Supermarkt. Zudem sind unsere Produkte Bio-zertifiziert, weswegen sie teurer sind als konventionelle Produkte”, erklärt Nolte. 
Somit sei es nicht fair, die Preise eines Unverpackt-Ladens mit denen eines Supermarktes zu vergleichen.

Ein Teil des Speichers, der nicht sichtbar ist

Jeder Laden hat auch Teile, die nicht für die Kund*innen sichtbar sind – sie sind hinter verschlossenen Türen. Im Fall des Speichers ist es zum Einen das Lager, das über dem Laden liegt. Aber es ist auch die Menge an Arbeit, die in die Aufrechterhaltung des Ladens fließt. Die Gefäße müssen ständig gereinigt und wieder aufgefüllt werden, um einen positiven Eindruck zu vermitteln. Das ist aber nicht immer einfach, da die Ware oftmals in 25 Kilogramm Säcken geliefert wird, was für eine hohe körperliche Belastung sorgt. Hinzu kommt, dass durch die großen Gebinde sehr viel Geld vorgestreckt werden muss, um diese zu bezahlen. Aber diese Aspekte sorgen nicht dafür, dass Nolte die Freude an seinem Laden verliert.

Beitragsbild: Clara Kühne

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1 Kommentar

  1. Katha sagt:

    Hoffentlich zieht der Bann und Wunsch nach Entschleunigung weitere Leute oder Planeten-Retter an – zum verlieben

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