Nach Jahren des Anstehens für Getränke oder Essen auf Märkten hat sich unser Redakteur zum ersten Mal hinter den Marktstand getraut. Was er auf dem umbrisch-provenzalischen Markt erlebt hat lest ihr hier.
Es ist Abend. Die Luft ist gefüllt vom Duft von Trüffelnudeln, Salami, Quiche und den Klängen von Menschen, die sich aneinander vorbeischieben und interessiert den Marktständen zuwenden. Auf meiner Höhe schauen sie sich interessiert das Weinangebot des Standes an, bei dem ich über die umbrisch-provenzalischen Tage arbeite. Dank dem frühen Herbsteinbruch stehe ich in einer Jacke und die Hände reibend im Scheinwerferlicht, welches mich so blendet, dass ich teilweise nur Silhouetten auf den Straßen ausmachen kann. Von Zeit zu Zeit bricht dann eine Menschengruppe aus dem Dunkeln heraus und bestellt bei mir einen Wein. Aufgrund meiner gründlichen Studie der angebotenen Produkte gebe ich Beschreibungen und empfehle, entsprechend der Vorlieben der Kund*innen. Ein kurzes Abfragen der Größe der Weindosis, das Überreichen der Ware und Abkassieren sind schnell erledigt – next. Nach einer Weile nerven die üblichen Floskeln der Kund*innen wie „aus meinem Glas müsste man ein wenig Luft rauslassen“ kaum noch und diverse Standardantworten habe ich schnell in Petto.
Das Wetter macht das Programm
Während ich also beim Kund*innenkontakt auf bewährte Muster zurückgreife schleicht sich eine Variable ein, die mir sonst bei der Arbeit kaum Gedanken macht: es fängt an zu regnen. Erst einmal lässt sich niemand davon beirren, doch bald wird der Regen stärker und die Menschen haben nur noch eines im Kopf: den Wein vor dem Verwässern retten. Ein Gedränge unter Schirmen, Dächern und Eingangsbereichen beginnt und während ich die Ware am Rand des Zelts in Sicherheit bringe, wird klar, dass damit der Feierabend wohl früher als geplant kommen wird. Bestätigt werde ich mit der schnellen Rückgabe von dutzenden Gläsern und einhergehenden Verabschiedungen. Wir beginnen abzuräumen. Da das Wetter während des umbrisch-provenzalischen Markts insgesamt wechselhaft war, gab es immer wieder Zeiträume, in denen nichts los war.
Alles um die Ecke
Nach den fünf Tagen hinter dem Weinstand kann ich jeden Wein und für wen dieser etwas sein könnte im Schlaf herunterbeten. Ich habe meine Liebe für Pasta mit Trüffelpesto entdeckt und italienisches Craftbeer probiert, die ich mir in den Pausen gönnen konnte. Die Nähe zu allem auf dem Markt machten die Pausen einfach immer wieder spannend. Ich weiß nicht wie viele Liter Wein ich ausgeschenkt habe, aber gefühlt waren es fässerweise. Auch wenn das Wetter ein wenig die Erfahrung getrübt hat, war das Arbeiten bei einem Marktstand überraschend vielfältig und hat seinen ganz eigenen Charme. Es hilft aber auf jeden Fall das angebotene Produkt auch zu mögen. Vielleicht braucht es nächstes Jahr jemanden bei dem Trüffelpestostand?
Fotos: Urs Winterhalder