Für Diskussionen sorgte in der StuRa-Sitzung am 3. Juli ein Antrag auf Förderung einer Veranstaltung, die nur BIPoCs und jüdischen Menschen offen steht. Im Grunde besteht jedoch der Konsens, dass man solche Safe Spaces gerne fördern will. Bis zur nächsten Sitzung will der StuRa seine Förderrichtlinien dementsprechend ändern. Neben der Förderung zahlreicher weiterer Anträge wurde die Studentische Vollversammlung besprochen und Verbesserungsvorschläge für die nächsten Wahlen wurden gesammelt.
In der Sitzung des Studierendenrats am 3. Juli waren elf StuRa-Mitglieder anwesend – die Mindestanzahl, die für eine Beschlussfähigkeit nötig ist.
Zügig schritten sie zur Beratung der Anträge voran. Der erste Antrag, der besprochen wurde, kam von der Hochschulgruppe BIPoC-Feminismen. Diese Untergruppe der Feminismen-Hochschulgruppe beantragte eine Förderung von drei Vorträgen mit jeweils 200 Euro pro Vortrag. Der erste sollte sich um Russland und Imperialismus drehen, der zweite um Rassismus im Medizinstudium und der dritte um eine Perspektive auf Heilung vom Kolonialismus in einer rassistischen Gesellschaft. Die beiden letzten Vorträge sollten nur BIPoCs (Black, Indigenous und People of Color) und jüdischen Menschen offenstehen. Laut der Antragstellerin gibt es ansonsten keine solchen geschlossenen Räume in Tübingen. Sie hält diese allerdings für notwendig, da es bei Veranstaltungen, die auch weißen Menschen offenstehen, immer wieder passiere, dass die Erfahrungen von Menschen, die von Rassismus betroffen sind, nicht ernst genommen werden.
FSVV hat Bedenken wegen Förderrichtlinien
An die Antragstellerin wurden nur wenige Fragen gestellt, beispielsweise, ob die Gruppe die Möglichkeit einer anderen Förderung habe oder ob sie in Zukunft zu Anfang des Semesters eine gesammelte Förderung für alle Veranstaltungen beantragen könne.
Bevor es zur Abstimmung kam, stellte ein Vertreter der FSVV einen Änderungsantrag darauf, dass nur zwei der drei Veranstaltungen gefödert würden. Es sei nicht seine Meinung, doch in der FSVV habe es Bedenken gegeben, weil die Veranstaltung – da sie ein Safe Space ist – nicht allen Studierenden offen stehe. Und in den Förderrichtlinien des StuRas steht, dass nur Veranstaltungen, die von allen Studierenden besucht werden können, gefördert werden. Daher hat sich die FSVV entschieden, einen der Vorträge, der nur BIPoCs und jüdischen Menschen offen steht – den zu Rassismus und Medizin – nicht zu fördern.
Josua von solid sds kritisierte, dass der Einwand nicht früher eingebracht worden sei, sodass die Antragstellerin dazu habe Stellung beziehen können. Es gehe im StuRa schließlich auch um Diskussionen.
Jannis von den Jusos kritisierte die Entscheidung der FSVV ebenfalls: Dass man die Förderrichtlinien des StuRas dahingehend ändern wolle, dass Safe Spaces explizit gefördert werden können, stehe bereits fest. Obwohl noch nicht klar sei, wie genau man sie ändern wolle, könne man schon so handeln, als sei die Änderung bereits geschehen. Die Diskussion sei schon oft genug geführt worden.
Tatsächlich gibt es schon seit längerer Zeit Diskussionen darüber, ob Safe-Space-Veranstaltungen gefördert werden können, da sie nicht allen Studierenden offen stehen. Einige Male wurden solche Veranstaltungen bereits gefördert, zum Beispiel im April 2022 ein Flinta-Schachclub. Ein Argument für Safe Spaces ist, dass Angehörige marginalisierter Gruppen Räume brauchen, in denen sie sich entspannen können.
Die FSVV entschuldigte sich mehrmals für die Verwirrung. Sie stellten den Änderungsantrag, laut dem nur die Vorträge zu russischem Imperialismus und zu kolonialen Kontinuitäten gefördert werden sollen, der zu Rassismus in der Medizin nicht. Der geänderte Antrag wurde angenommen. Da die FSVV und die Grüne Hochschulgruppe im StuRa eine Mehrheit haben und die Vertreter*innen der GHG und der FSVV sich häufig nach der Entscheidung der FSVV richten, haben die Entscheidungen, die in der Fachschaftenvollversammlung getroffen werden, einen großen Einfluss auf den StuRa.
Josua schlug vor, dass man sich bis zur nächsten Sitzung zusammensetzen und neue Förderrichtlinien schreiben könnte. Er lud die Antragstellerin ein, für die nächste Sitzung erneut eine Förderung des geschlossenen Vortrags zu beantragen.
Lernreise, Chatbots und Indigenenrechte
Der nächste Antrag kam vom Projekt “Lernreise”. Um sich über Lehrkonzepte zu informieren, sollen 18 Studierende verschiedener Fachrichtungen zwölf Tage lang verschiedene Schulen besuchen. Sie beantragten eine Summe von 6000 Euro. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
Weiterhin beantragte die Muslimische Studierendengruppe die Förderung eines Vortrags von Said Haider. In diesem stellt der Referent den Chatbot, den er entwickelt hat und der in der Antidiskriminierungsarbeit helfen soll, vor. Mit zehn Für-Stimmen wurde der Antrag angenommen.
Bereits stattgefunden hatte die Veranstaltung zu Indigenenrechten in Brasilien (wir berichteten). Für die Referentin Lieli Loures wurde ein Honorar von 300 Euro beantragt. StuRa-Mitglieder wiesen darauf hin, dass keine Vorträge die “im Rahmen der Lehr- und Forschungstätigkeit” eines/einer Dozierenden stattfinden, gefördert werden können. Da Lieli Loures an der Uni Tübingen als Doktorandin lehrt, bestand offenbar die Vermutung, dass das der Fall sein könne. Der Antragsteller versicherte, dass die Referentin den Vortrag nicht innerhalb ihrer Arbeitszeit gehalten habe. Der StuRa nahm den Antrag unter Vorbehalt an – das Büro solle noch einmal prüfen, ob er rechtens sei.
Außerdem wurde eine Lesung des Open Sewers Collective, die im Rahmen der Menschenrechtswoche stattgefunden hatte, mit rund 900 Euro gefördert. 30 Euro für Werbung wurden gestrichen, da die FSVV sich gewünscht hatte, dass die Menschenrechtswoche einheitliche Werbung gemacht hätte. Zuletzt wurden die Eröffnungsfeier und Werbung der Menschenrechtswoche gefördert. Die FSVV stellte erneut einen Änderungsantrag darauf, die Werbekosten von 500 Euro, die ihnen zu hoch erschienen, auf 350 Euro zu kürzen.
Studentische Vollversammlung und AK Wahlen
Die Studentische Vollversammlung hätte eigentlich am 10. Juli stattfinden sollen, doch da der Arbeitskreis Presse und Öffentlichkeit derzeit unterbesetzt ist und viel mit den Wahlen zu tun hatte, wurde sie auf den 17. Juli verschoben.
Mit der Wahlbeteiligung von 10 Prozent zeigten sich die StuRa-Mitglieder im Übrigen zufrieden. Sie mutmaßten, ob es an der “Wahlkampfmeile” zwischen Clubhaus und Universitätsbibliothek gelegen habe. Um die Wahlen weiter zu optimieren, soll für das nächste Jahr ein Arbeitskreis Wahlen gegründet werden, sodass alle Listen zufriedenstellend über die Wahlkampfmeile informiert werden können. Weitere Ziele, die einige Mitglieder gerne umgesetzt sehen würden, sind ein digitales Wählerverzeichnis (sodass alle überall wählen können), eine bessere Ausschilderung der Wahllokale, für die die Uni zuständig war, und ein früheres Senden der Rundmail, die zur Wahl aufruft.
Beitragsbild: Johanna Grün