Der Semesterbeitrag ist für alle Studis Pflicht. Viele fragen sich, was während der Coronakrise damit passiert. Tatsächlich wird das Geld in diesem Semester mehr denn je gebraucht.
158,30 Euro – an diesem Betrag kommt in Tübingen kaum ein Studi vorbei. Diesen sogenannten Semesterbeitrag müssen alle Studierenden vor Semesterbeginn an die Uni Tübingen entrichten. Konkret deckt er drei Bereiche ab:
- 56€ gehen ans Studierendenwerk (StuWe) Tübingen-Hohenheim. Hinzu kommt der Solidarbeitrag von 28,80 € für das Naldo-Semesterticket.
- 70 € erhält die Uni als Verwaltungskostenbeitrag.
- Der Studierendenschaftsbeitrag von 3,50€ finanziert den Studierendenrat (StuRa).
Für dieses Sommersemester war der Beitrag im Februar fällig. Damals konnte aber kaum jemand ahnen, welche Ausmaße das Coronavirus kurze Zeit später nehmen würde. Nun legt die Bekämpfung von Covid-19 den Hochschulbetrieb nahezu flächendeckend lahm. Mensen und Bibliotheken sind geschlossen, das Hochschulpersonal ist im Home-Office und Veranstaltungen finden online statt.
Da stellt sich die Frage: Was passiert währen der Coronakrise eigentlich mit dem Geld der Studis? Kann es überhaupt ausgegeben werden? Die Kupferblau hat bei den einzelnen Stellen nachgefragt.
Das Studierendenwerk: Höhere Kosten durch Einnahmenverluste
Mit dem Beitrag fürs Studierendenwerk werden die Tübinger Mensen, Cafeterien (u.a. das Clubhaus), Beratungsangebote, Wohnheime und Kitas mitfinanziert. Dabei decken die Semesterbeiträge der Studierenden mit ca. 5,3 Millionen Euro nur einen geringen Teil der jährlichen Kosten. Laut StuWe-Jahresbericht 2018 fallen pro Jahr alleine ca. 16,5 Millionen Euro an Personalkosten für Löhne und Sozialabgaben an. Entsprechend erhält das Studierendenwerk zusätzliches Geld vom Staat, beispielsweise für Kitas. Hinzu kommen Erlöse aus Mieten oder Essensverkäufen.
Was die Erlöse angeht, hat sich in den letzten Wochen einiges verändert: Mieten und Essensverkäufe sind dem Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim quasi über Nacht weggebrochen.
Besonders hart trifft es die Mensen und Cafeterien, die seit dem 17. März geschlossen sind. In der Hochschulgastronomie rechne das StuWe mit monatlichen Einnahmeverlusten in Höhe von einer knappen Million Euro, so teilt es auf Anfrage mit. Außerdem sei im Falle einer Wiedereröffnung unklar, wie groß die Nachfrage bei einem überwiegend digital stattfindenden Sommersemesters ausfallen werde. Daher befinde sich das Personal aus Mensen und Cafeterien derzeit in Kurzarbeit. Die Gehälter würden aber auf die ursprünglichen Niveaus aufgestockt.
Unterdessen bleibt ein Großteil des Studierendenwerks im Betrieb. Die meisten Aufgaben haben sich ins Digitale verlagert. Sprechstunden, beispielsweise bei der Psychotherapeutischen Beratungsstelle (PBS), finden online statt. Teilweise musste das StuWe auch zusätzliche Aufgaben übernehmen, darunter unter anderem die Vergabe von Nothilfefonds und Corona-Darlehen. Damit Eltern in systemrelevanten Berufen weiterarbeiten können, bieten die StuWe-Kitas in Tübingen und Hohenheim zudem eine Notfallbetreuung an.
Faktisch sei der heruntergefahrene Betrieb in Hochschulgastronomie und Wohnheimen also eher die Ausnahme, betont Nicole Lang, Pressesprecherin des StuWe. Dennoch blickt man mit Sorge auf das kommende Semester:
„Wir hoffen, dass wir zum Wintersemester wieder zu einem Normalbetrieb unter Einhaltung der Sicherheits- und Hygieneregeln zurückkommen können“, meint Pressesprecherin Lang.
Der Verwaltungskostenbeitrag: Umstellung auf Online-Betrieb kostet Zeit und Geld
Der größte Posten im Semesterbeitrag speist sich aus den Verwaltungskosten. Den Verwaltungskostenbeitrag leitet die Universität an das Land Baden-Württemberg weiter. Anschließend erhält sie dann Geld, das sie für die „Verwaltung und Organisation“ des Studiums benötigt. Hier geht es um Kosten, die bei der Betreuung von Studierenden anfallen – also zum Beispiel bei Immatrikulationen, Prüfungen oder Studienberatungen. Konkret bezahlt die Uni damit das Personal, das diese Verwaltung ermöglicht. Auch Materialkosten und Kosten für die technische Infrastruktur werden über diesen Beitrag beglichen.
Während der Coronakrise fällt besonders der letzte Punkt ins Gewicht. „Für die schnelle Digitalisierung der Lehre, also durch die Anschaffung von Hardware, Software und Lizenzen, entstehen der Universität gerade ordentliche Mehrkosten“, erklärt Antje Karbe, Pressesprecherin der Uni Tübingen. Daher seien die Verwaltungskosten keineswegs geringer als sonst. Das gelte im Übrigen auch für das Personal, das gerade einen höheren Arbeitsaufwand habe. Schließlich könne es nicht mehr länger auf eingespielte Arbeitsabläufe setzen.
Der StuRa: Weniger Förderanträge, aber eventuelle Mehrkosten bei Uniwahlen im Sommer
Auch das Studierendenparlament, der StuRa, bekommt von den Studis Geld. Dieses Geld gibt er aus, indem er Kosten für bestimmte Projekte oder Veranstaltungen übernimmt. Der Arbeitskreis Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Studierendenrats erklärt auf Anfrage, dass die Anzahl der Förderanträge in den letzten Wochen spürbar nach unten gegangen sei. Außerdem seien zuvor Gelder für Veranstaltungen beantragt worden, die jetzt aufgrund der Corona-Krise ausfallen müssten. „Hierbei versuchen wir möglichst kulant zu sein, soweit uns das im rechtlichen Rahmen möglich gemacht wird“, betont Sebastian, ein Sprecher des Arbeitskreises.
Insgesamt sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar, wie sich die Ausgaben im Laufe des Jahres entwickeln. Man erwarte aber, dass die Förderanträge gegen Ende des Jahres wieder nach oben gingen. Der Grund:
Viele Gruppen und Initiativen seien auf Fördergelder des StuRa angewiesen, da ihnen coronabedingt Sponsorengelder und andere Einnahmen fehlen.
Was die Uniwahlen im Sommer angeht, herrscht beim StuRa noch Unklarheit. Die Wahl wird über den Semesterbeitrag mitfinanziert. Bisher gibt es aber weder ein genaues Datum, noch Einigkeit darüber, ob diesmal alternative Wahlmöglichkeiten, wie zum Beispiel Briefwahlen, zum Einsatz kommen werden. Somit sei nicht auszuschließen, dass die Wahlen in diesem Sommer deutlich teurer werden könnten als sonst, heißt es aus dem Studierendenparlament.
Foto: Marko Knab