Wie reagiert ein kleiner Vorort, wenn sich allmählich alle Bewohner*innen in Nashörner verwandeln? Die Bruchbühne präsentierte das diese Woche im Brechbautheater.
Es ist ein ganz normaler Tag in einem Städtchen. Die Figur Behringer trifft sich gerade mit seinem Hans, der ihm helfen will, sein Leben in den Griff zu bekommen. Denn Behringer trinkt, kommt immer zu spät und weiß nicht wirklich, wohin mit sich. Plötzlich unterbricht ein lautes Stampfen das Gespräch der beiden. Ein Nashorn rennt an ihnen vorbei. Die Bewohner*innen sind erschrocken und verwundert, woher es kommt – und es hört nicht auf, immer mehr Nashörner werden gesichtet. Es stellt sich heraus: Diese Nashörner sind Einwohner*innen des Ortes. Allmählich verwandelt sich immer mehr Menschen in die Tiere. Einer bleibt jedoch verschont: Behringer bleibt als einziger Mensch übrig, während sich alle seine Freunde und Bekannten teilweise entschlossen haben, sich in Nashörner zu verwandeln. Das Theaterstück basiert auf der gleichnamigen Novelle des Dramatikers Eugène Ionesco aus dem Jahr 1959.

Das Bühnenbild ist schlicht, die Kostüme und Figuren sind teilweise schrill und humorvoll gestaltet. Als Philosophiestudentin hat mich der Logiker, gespielt von Miriam Mauthe, natürlich besonders begeistert. Im vollen Theater kam es immer wieder zu lauten Gelächtern, so zum Beispiel, als die anderen Bewohner*innen der Stadt versuchten, dem abstrusen Schwafeln des Logikers zu folgen. Doch das Stück hat stellenweise auch ernste Momente: Schließlich handelt Die Nashörner unter anderem von Verlust der eigenen Selbstreflexion. Die Schauspieler*innen brachten einen guten Mischung aus Seriosität und Humor auf die Bühne. Besonders Kilian Niemann, der die Figur des Behringer verkörperte, drückte die ernsten Gedanken und Sorgen seiner Figur besonders glaubhaft aus.

Während der Pause ist mir beim Durchblättern des Programms allerdings eine Sache aufgefallen: Nirgendwo steht etwas über eine*n Regisseur*in– und Tatsächlich, es gab keinen. Jeder vom Ensemble ist die Regie, ganz anarchistisch, wie sie es von sich behaupten. So geben bei Proben die Schauspieler*innen, die gerade nicht auf der Bühne stehen, Feedback und Anmerkungen. Bei Unstimmigkeiten kann auch die Person, die gerade schauspielert, selbst festlegen, wie die Figur nun handeln würde. Die Nashörner war jetzt das dritte Projekt dieser Art, das so gestaltet wurde.
Zugegeben, das war mein erster Besuch des Brechtbautheaters, aber vielen Dank, liebes Bruchbühnen-Ensemble, ich bin jetzt im Theaterfieber.
Allerdings bleibt eine Frage noch offen …
Hat jetzt ein indisches oder afrikanisches Nashorn ein oder zwei Hörner?
Beitragsbild: Nicolai Plenk

