Das Unileben bringt nicht nur neue Erfahrungen, sondern auch neue Herausforderungen mit sich. Wer vor lauter Stress und Kummer nicht mehr weiterweiß, oder sich einfach mal ausheulen will, der kann bei Nightline Tübingen e.V. anrufen oder sich per Chat melden. Die Kupferblau hat nachgefragt, was hinter dem Zuhörtelefon steckt.
„Wir hören zu, egal was ist“ lautet das Motto von Nightline Tübingen. Studierende können sich bei Problemen und Sorgen im Unialltag an das anonyme Zuhörtelefon wenden. Am Hörer sitzen geschulte, ehrenamtliche Studierende. Das Konzept des Nightline-Zuhörtelefons wurde ursprünglich in England, an der University of Essex, entwickelt. Dort wird der Telefondienst seit 1970 betrieben. Die Nightline Tübingen e.V. ist mit den anderen deutschsprachigen Nightlines vernetzt und nimmt seit 2012 Anrufe entgegen.
Aktuell sind nach eigener Angabe ungefähr 20 Personen bei der Tübinger Nightline tätig. Die genaue Zahl schwankt regelmäßig, je nachdem, wann die Helfer*innen ihr Studium beenden und aus Tübingen wegziehen. Deshalb wechselt jedes Semester ungefähr ein Viertel des Teams. Weil die verpflichtenden Schulungen zum kompetenten Gesprächspartner aber Zeit und Geld kosten, verpflichten die Ehrenamtlichen sich zu mindestens einem Jahr Mitarbeit. Aus welchen Studiengängen sie jeweils kommen, ist unterschiedlich. Wenig überraschend finden sich unter ihnen aber viele Psychologiestudierende.
Workshop bereitet die Ehrenamtlichen auf echte Gespräche vor
Grundsätzlich sei jeder geeignet, bei Nightline mitzumachen, der Lust darauf hat, sich zu engagieren und aktives Zuhören zu lernen. „Es gibt viele Techniken. Aktives Zuhören ist im Alltagsgespräch ein bisschen verloren gegangen.“, erklärt Julia von Nightline. Die notwendigen Skills lernen Interessierte in einem Workshop, der vom Verein unter Mitwirkung von langjährigen Nightliner*innen und einem Supervisor durchgeführt wird. Bevor sie Anrufe entgegennehmen und chatten dürfen, müssen die Studierenden den Kurs absolvieren. Dieser ist geprägt von praktischen Übungen und Rollenspielen und soll die Ehrenamtlichen so auf die realen Gespräche vorbereiten.
Aktives Zuhören ist im Alltagsgespräch ein bisschen verloren gegangen.
Julia von Nightline Tübingen e.V.
Nach der Ausbildung können sich die Studierenden für Dienstschichten eintragen. Im Nightline-Büro gibt es zwei Telefone, sodass immer zwei Nightliner*innen zur gleichen Zeit dort sitzen. Wer eine Abendschicht übernimmt, kann auch dort übernachten. Pro Schicht kommen etwa drei Anrufe rein und ungefähr jede zweite Schicht meldet sich jemand per Chat bei ihnen. Besonders in den Prüfungsphasen, vor Weihnachten und in den Semesterferien gebe es eine hohe Frequentierung.
Keine psychologische Beratung
Wichtig ist, dass die Nightline keine psychologische Beratung leistet, sondern in solchen Fällen an professionalle Stellen weiterverweist. Wenn sich zudem eine Mitarbeiter*in mit einem Gespräch thematisch nicht wohlfühlt, wird diese persönliche Grenze respektiert und die zweite Person, die während der Dienstschicht mit im Raum sitzt, kann gegebenenfalls den Anruf übernehmen. Grundsätzlich können die Studierenden sich mit fast jedem Problem an das Zuhörtelefon werden. Das Ziel von Nightline ist es, Gespräche auf Augenhöhe zu ermöglichen und eine Möglichkeit zum Herzausschütten zu bieten.
Unter dem Semester kann von Montag bis Donnerstag sowie samstags von 21-24 Uhr telefoniert oder gechattet werden. Während der vorlesungsfreien Zeit betreiben die deutschsprachigen Nightlines einen gemeinsamen Feriendienst. Weitere Infos wie Telefonnummer und Link zum Chat findet ihr auf der Website von Nightline Tübingen.
Beitragsbild: Nightline Tübingen e.V..