Von zu hohen Mensapreisen über Wehrpflicht bis hin zum Nahostkonflikt wurden in der Studentischen Vollversammlung dieses Wintersemesters vielfältige Themen diskutiert. Beim Thema Antisemitismus an Hochschulen gab es Kontroversen.
Knapp 100 Studierende haben am Mittwochabend an der Studentischen Vollversammlung teilgenommen – die Hälfte davon im Kupferbau, die andere online. Evelyn und Kai als Redeleitung führten in die Veranstaltung ein. Als erster Programmpunkt berichtete Linus aus dem Arbeitskreis Studium und Lehre. Von diesem wurde erst vor kurzem der Arbeitskreis Unistruktur und Finanzen abgespalten, der sich eher mit Themen wie Infrastruktur und Stellen an der Uni befasst, wie Linus berichtete. Der Arbeitskreis Studium und Lehre habe nun mehr Kapazitäten, um inhaltliche Positionen zur Lehre zu erarbeiten. Hierzu wurde eine Beteiligungsgruppe ins Leben gerufen, die dem Austausch von Fachschaften und Studierenden zu Problemen in der Lehre dienen soll.
Studierendenwerk erhöht Semesterbeitrag
Yannick, der als studentischer Vertreter im Verwaltungsrat des Studierendenwerks sitzt, informierte die Studierenden über die Beitragserhöhung des Semesterbeitrages. Die zusätzlichen Gelder gehen größtenteils an das Studierendenwerk. Dies werde damit rechtfertigt, dass man, anders als andere Studierendenwerke, in den letzten Jahren keine Erhöhung gehabt habe. Auch berichtete Yannick, dass die Cafeteria im Clubhaus, die seit Beginn des Semesters geschlossen hat und von der Studierendenschaft übernommen wird, voraussichtlich im nächsten Jahr in Betrieb gehen werde. Es sei geplant, dass die Cafeteria dann nachmittags öffne und dafür bis abends geöffnet habe; ab 18 Uhr sei Barbetrieb geplant.

Der Arbeitskreis Soziales berichtete ebenfalls von aktuellen Aktivitäten. So beschäftige man sich mit Mieten, Mensapreisen, dem Semesterticket oder BAFöG. Die Referentin Julia sagte, man sei zu den Themen mit dem Studierendenwerk im Austausch und wies auf einen Mietspiegelrechner hin, um hohe Mieten zu überprüfen. Marie Graef von der Stadt sei bei diesem Thema eine gute Anlaufstelle. Was das Semesterticket angeht, informierte Julia darüber, dass das Jugend-BW Ticket, welches zugleich ein Deutschlandticket ist, um neun Euro pro Monat teurer werde und auch der Semesterbeitrag nicht damit verrechnet werde. Dieser finanziere lediglich das Naldo Semesterticket, dessen Preis gleichbleibe.
Zum Thema BAFöG kam aus dem Publikum der Tipp, dass man, wenn man einen vollständigen Antrag eingereicht habe, nach sechs Wochen Anspruch auf einen Bescheid und nach zehn Wochen Anspruch auf Geld habe. Dem BAFöG-Amt mit einer Klage zu drohen, könne oftmals die monatelangen Wartezeiten verkürzen.
Begrenzung des vegetarischen Tagesgerichts auf 3,50 Euro
Bevor mit der Vorstellung der Anträge begonnen werden konnte, gab es aufgrund von zahlreichen Problemen mit dem Online-Abstimmungstool Open Slides eine Pause, um die Probleme zu beheben. Dann konnte es mit dem ersten Antrag „Preiswumms in der Mensa verhindern – Mensapreisdeckel einführen“ losgehen. Der Antragsteller Lenni von der Juso-Hochschulgruppe forderte eine Deckelung des Preises des vegetarischen beziehungsweise veganen Tagesgerichts auf 3,50 Euro. Wenn ein Preisanstieg nötig sein sollte, sollte dieser sich auf die Fleischgerichte beschränken. Ohne weitere Diskussion wurde der Antrag mit großer Mehrheit angenommen.
„Damit kann man Soziales und Umwelt in Einklang bringen“
Lenni von der Juso-Hochschulgruppe über einen Mensapreisdeckel für vegetarische und vegane Gerichte
Der zweite Antrag hatte ein ähnliches Thema: „Bildung darf kein Privileg sein – Kostenerhöhung nicht auf unserem Rücken“ forderte Antragsteller Yannick darin. Der Antrag wies auf die Armutsgefährdung von Studierenden hin und forderte das Land auf, das Studierendenwerk, welches die Verantwortung habe, erschwingliches Essen anzubieten, besser zu finanzieren. Der Antrag sei „einfach so ein Rundumschlag“ sagte Yannick; das Ziel sei, daraus eine Pressemeldung zu formulieren und ein Signal an das Studierendenwerk zu senden. Bei der anschließenden Diskussion wurde eine Ergänzung um die Forderung nach Wirtschaftlichkeit des Studierendenwerks im Sinne der Studierenden vorgeschlagen. Sowohl die Änderung als auch der geänderte Antrag wurden mit großer Mehrheit angenommen.
Gegen Rechtsextremismus und Wehrpflicht
Gegen Rechtsextremismus an der Universität richtete sich der dritte Antrag „Unsere Uni bekommt ihr nicht“ von Nathalie. Im Antrag wurde die Universität aufgefordert, rechtsextremen Gruppen keinerlei Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Auch solle sie sich für Bildungs- und Aufklärungsarbeit einsetzen. „Zum Beispiel gibt es im Jurastudium keine verpflichtende Veranstaltung zu Unrecht im Nationalsozialismus“, kritisierte Nathalie. Sie sprach sich für die Entscheidung der Universität aus, die Plattform „X“ zu verlassen und forderte eine regelmäßige Überprüfung der Plattformen, auf denen die Universität aktiv sei. Die Studierendenschaft wird im Antrag aufgefordert, antifaschistische Initiativen zu unterstützen. Nach Diskussionen über Begrifflichkeiten und Formulierungen wurden einige Änderungsanträge gestellt, die die Antragstellerin Nathalie größtenteils übernahm. Letztlich wurde der Antrag mit großer Mehrheit angenommen.

Eine „Unterstützung des Bündnisses ‚Nein zur Wehrpflicht!‘“ forderte der nächste Antrag. Antragsteller Marcel kritisierte eine fortschreitende Militarisierung in Deutschland und eine Rhetorik in der Politik, die die Erhöhung des Militärs auf deutlich mehr Soldaten fordere. Der Antrag erhielt Applaus aus dem Publikum, allerdings wurde auch angemerkt, dass die Verfasste Studierendenschaft sich nach Landeshochschulgesetz nicht allgemeinpolitisch äußern dürfe, sondern politische Forderungen immer mit studentischen Themen begründen müsse. Deshalb wurde ein Änderungsantrag, in dem die Ablehnung der Wehrpflicht mit der selbstbestimmten Lebensgestaltung von Studierenden begründet wurde. Ein weiterer Änderungsantrag kritisierte außerdem Werbung der Bundeswehr auf dem Campus. Marcel übernahm beide Änderungen und der Antrag wurde mit sechs Gegenstimmen und sieben Enthaltungen mehrheitlich angenommen.
Kontroversen um die IHRA-Definition von Antisemitismus
Der letzte Antrag, der behandelt wurde, befasste sich mit einer geplanten Antisemitismus-Resolution für Hochschulen des Bundestages. Die Antragstellenden Theodor und Katharina forderten, dazu Stellung zu nehmen und sich gegen die Resolution auszusprechen. Dies begründeten sie damit, dass in der Resolution Repressionen gegen Studierende bis hin zur Exmatrikulation gefordert werde. Auch solle laut der Resolution die Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) als Maßstab eingesetzt werden. Diese Definition sei aber sehr umstritten und setze teilweise Israelkritik mit Antisemitismus gleich, so Theodor. Aus dem Publikum kam einerseits Zustimmung, vor allem von der SDS-Hochschulgruppe, andererseits wurde die IHRA-Definition verteidigt und darauf hingewiesen, dass eine Exmatrikulation dennoch sehr hohen Hürden unterliege. Nach einiger Diskussion wurde der Antrag mit 61 Fürstimmen, 14 Gegenstimmen und 15 Enthaltungen angenommen.
„Der Kampf gegen Antisemitismus soll nicht auf dem Rücken von konstruktivem Diskurs ausgetragen werden.“
Pi von der SDS-Hochschulgruppe
Ein weiterer Antrag von denselben Antragstellenden forderte eine Solidarisierung der Studierendenschaft mit palästinensischen Studierenden sowie eine Unterstützung der Universität Tübingen für palästinensische Universitäten. Von mehreren StuRa-Mitgliedern wurde aber darauf hingewiesen, dass der Studierendenrat bereits ähnliche Stellungnahmen abgegeben habe. Deshalb stellte Elia von der GHG ein Geschäftsordnungsantrag auf Nicht-Befassung mit dem Antrag, der mit einer knappen Mehrheit von zwei Stimmen angenommen wurde.
Die Studentische Vollversammlung
Die Studentische Vollversammlung findet normalerweise einmal pro Semester statt und ist das einzige Gremium, in dem alle Studierenden direkt abstimmen dürfen. Ansonsten können sich alle Studierenden in den verschiedenen Arbeitskreisen des Studierendenrats an der Hochschulpolitik beteiligen, wofür bei der Vollversammlung auch geworben wurde. Das ganze Protokoll dieser Studentischen Vollversammlung inklusive Anträgen und Änderungen ist im Hochschulportal zu finden.
Beitragsbild: Symbolbild von Dom Fou auf Unsplash
[…] die Anträge aus der Studierendenvollversammlung (StudVV) müssen vom Studierendenrat angenommen werden. Hier […]