Zum 31. mal fand das CineLatino dieses Jahr statt – Deutschlands größtes Filmfestival für spanisches und lateinamerikanisches Kino. Im Laufe von einer Woche wurden in Stuttgart, Reutlingen, Freiburg und Tübingen über 20 spanischsprachige Filme gezeigt. Darunter auch das eindrucksvolle Regiedebüt von Kattia G. Zúñiga, „Las hijas”, das am Dienstagabend in Tübingens „Museum” Kino lief.
Die Suche nach Familie und Identität
Marina (17) und Luna (14) sind zwei Schwestern aus Costa Rica, die sich gemeinsam nach Panama begeben, um ihren Vater zu finden, zum dem sie seit zehn Jahren keinen Kontakt mehr haben. Zu Beginn des Films kaufen die beiden Bustickets, wobei ihre Reisepässe kontrolliert werden. Der Kontrolleur, der die Passbilder der beiden vergleicht, fragt daraufhin mehrmals, ob die beiden tatsächlich Schwestern seien, da sie sich nicht wirklich ähnlich sehen. Dabei hat er nicht ganz unrecht. Während Marina schulterlange, blonde Haare und ein markantes Gesicht hat, trägt Luna einen braunen Buzzcut und verweist über weichere Züge. Außerdem haben die zwei Schwestern komplett unterschiedliche Kleidungsstile. Marina kleidet sich etwas mehr feminin und Luna hingegen eher tomboyhaft. Auch charakterlich sind die beiden wie Tag und Nacht. Es ist erkennbar, dass Marina sehr offen und abenteuerlich ist, wohingegen Luna recht ruhig und zurückhaltender ist.
In Panama wohnen die beiden bei einer Freundin ihrer Mutter, die ihnen hilft den Kontakt zu ihrem Vater aufzunehmen. Während sie auf einen Rückruf seinerseits warten, tauchen die Schwestern in die lokale Teenagerkultur ein und lernen den Freundeskreis von Sol, der Tochter der Freundin ihrer Mutter, kennen. Ein Teil der Gruppe ist ein Junge namens Choma, für den Marina sich sofort interessiert. Auch Luna scheint gefallen an ihm zu finden und es kommt zu Eifersucht und Konkurrenz zwischen den beiden. Dabei beruht dies eher auf Einseitigkeit, da Luna in Marinas Augen noch ein Kind ist.
Als sich ihr Vater nach mehreren Anrufen und hinterlassenen Nachrichten endlich bei ihnen meldet, wird schnell ein Treffen vereinbart. Allerdings müssen Marina und Luna schnell feststellen, dass das Wiedersehen mit ihm nicht so ist, wie sie es sich vorgestellt hatten. Als er sie abholt, ist ein Baby in einem Kindersitz auf der Rückbank des Autos – seine neue Tochter. Nach kurzer Fahrt wird Luna schlecht und als sie ihren Vater bittet, das Fenster hinten zu öffnen, meint er, dass dies nicht gut für das Baby sei. Den Schwestern wird direkt klar, dass seine Prioritäten nicht bei ihnen liegen. Es stellt sich raus, dass sie sich das Wiedersehen mit diesem Mann falsch vorgestellt hatten. Nach einem enttäuschenden Tag bitten sie ihn, sie wieder nach Hause zu fahren und in der nächsten Szene sieht man die beiden wieder im Bus auf der Heimreise nach Costa Rica. Die Enttäuschung, dass ihr Vater nicht so ein toller Typ war, wie sie von allen zu hören bekommen haben, sitzt tief in ihnen und lässt sie letzten Endes enger zusammenwachsen.
Die kreative Partnerschaft hinter dem Film
Las hijas ist das Regiedebüt von Kattia González Zúñiga in Kollaboration mit ihrem Ehemann Alejo Crisóstomo. Die Regisseurin gab bekannt, dass Marina und Lunas Geschwisterbeziehung inspiriert von der Beziehung zu ihrer eigenen Schwester ist. Crisóstomos erfahrene Linse ermöglichte eine perfekte Aufnahme der beeindruckenden Landschaften und des lebendigen Stadtlebens Panamas. Dies bietet dem Film eine zusätzliche visuelle Tiefe. Das Coming-of-Age-Drama bietet einen einfühlsamen Einblick in die inneren Konflikte und äußeren Abenteuer zweier junger Frauen, die Identität und Familie suchen. Die beeindruckende Darstellung von Ariana Chaves Gavilán (Luna) und Cala Rossel Campos (Marina) verleiht der Geschichte Leben und Authentizität.
Interessant ist es ebenfalls zu beachten, dass der Film den spanischen Titel Las hijas hat, was „Die Töchter” bedeutet. Im Englischen wird der Film allerdings zu Sister & Sister (Schwester & Schwester) übersetzt. Beide Male liegt der Fokus auf unterschiedlichen Beziehungen, die im Laufe des Films aufgearbeitet werden und jeweils eine andere Problematik darstellen.
Beitragsbild: Ceibita Flms