Politik

Mit dem Rad gegen Rechts – Fahrradfahren gegen Rottenburger Kopp-Verlag

Rund hundert Menschen fuhren am vergangenen Samstag mit dem Fahrrad von Tübingen nach Rottenburg. Gemeinsam demonstrierten die Radfahrenden gegen den verschwörungsideologischen Kopp-Verlag in Rottenburg. Organisiert war die Aktion von der Initiative „Stopp Kopp!“

Am Samstag wurde das sonnige Wetter nicht nur für Familienausflüge genutzt, denn in und um Tübingen fand auch eine Fahrraddemo statt. In der Karlstraße zwischen Epplehaus und Zinser versammelten sich ab  14 Uhr bereits die ersten paar Dutzend Fahrradfahrer*innen. Nachdem die Veranstaltungsleitung kurz den Demonstrationszweck erläutert und den Streckenverlauf mitgeteilt hatte, setzen sich um 14:30 Uhr knapp 90 Fahrräder in Bewegung. Ein auffälliger Paradewagen fuhr vor den Radfahrer*innen auf der Europastraße in Richtung Rottenburg. Während dieser auf Höhe des Wildermuth-Gymnasiums zur Bundesstraße weiterfuhr, bog der Fahrradkorso in Polizeibegleitung ab und peilte den Neckarradweg an.

Dort ging es dann erstmal ohne Polizei weiter, die Beamt*innen sollten später wieder zur Absicherung der Demo dazustoßen. Ein bizarres Bild bot sich den entgegenkommenden Fahrradfahrenden und Passant*innen, die immer wieder nach dem Zweck des äußerst langen Fahrrad-Konvois fragten. Weiter ging es unter der Landstraße hindurch, vorbei am Weilheimer Kreisverkehr und schließlich mitsamt Polizei auf den Schnellradweg entlang der Bundesstraße. Im Tübinger Ortsteil Kilchberg stieß man wieder auf den normalen Straßenverkehr und den Megafonwagen. Linke Musik von Disarstar, Danger Dan, der Antilopengang und ZSK dröhnte aus den Lautsprechern und sorgte für Stimmung und Aufmerksamkeit. Begleitet von HipHop, Punkrock und Polizei ging es auf der Landstraße weiter über Bühl und Kiebingen bis nach Rottenburg.

Mit dem Schnellradweg zwischen Tübingen und Bühl nahm man eine etwas ungewöhnliche Route für eine Demo. Bild: Leo Merkle.

Vernetzung und Inhalte des Kopp-Verlags

Nach einer Stunde Fahrt legte der Demozug am Kulturzentrum Zehntscheuer eine kurze Trink- und Verschnaufpause ein, welche auch für eine Zwischenkundgebung mit zwei Redebeiträgen genutzt wurde. Als erstes sprach Lucius Teidelbaum, ein Mitglied der Initiative Stopp Kopp. Ausführlich schilderte er die Verbindungen des Kopp-Verlags zu der rechtsradikalen Wochenzeitung Junge Freiheit sowie dem Compact-Magazin, welches das Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem einstuft. Weitere Verbindungen habe der Verlag zu dem Identitären Martin Sellner, welcher auch Teil des rechten Treffens in Potsdam war, das Ende letzten Jahres von Correctiv aufgedeckt wurde. Darüber hinaus habe der Hanau-Attentäter zwei Bücher des Verlags bei sich im Regal gehabt, so Teidelbaum.

Auch dass die AfD ein großer Fan des Verlags sei, machte der Redner deutlich. So habe der Parteivorsitzende Tino Chrupalla in einem Interview das Buch Gekaufte Journalisten. Wie Politiker, Geheimdienste und Hochfinanz Deutschlands Massenmedien lenken und der Faschist Björn Höcke (AfD) das Buch Vorsicht Bürgerkrieg. Was lange gärt, wird endlich Wut beworben. Beide Bücher sind im Kopp-Verlag erschienen. Sein Fazit: Der Verlag sei ein „Akteur und Brandstifter“, der als „Lieferant von Verschwörungsideologien und Hetze“ fungiere und an einer „extrem rechts eingestellten Kundschaft” verdiene.

Natürlich wünschen wir uns, dass der Kopp-Verlag seinen Betrieb einstellt.

Lucius Teidelbaum
Mit selbst gebastelten Schildern taten die Demonstrant*innen ihren Unmut kund. Bild: Leo Merkle.

Den zweiten Redebeitrag lieferte eine Aktivistin von Fridays For Future. Sie zitierte aus einem Buch des Kopp-Verlags, das den Klimawandel leugne. In dem Buch sei unter anderem von einem „Rassenkampf durch Umweltschutz“ und einer „Öko-Stasi, die das Konsumverhalten der Nachbarn kontrollieren“ die Rede. Die Rednerin kritisierte, dass solche Aussagen die Gesellschaft spalten würden, indem sie die Klimakrise als Verschwörung darstellten. Zudem seien die Publikationen des Kopp-Verlags nicht nur rassistisch und antisemitisch, sondern auch frauen- und transfeindlich.

Protest vor den Verlagstoren

Nach einer guten halben Stunde ging es weiter zum etwas außerhalb der Stadt gelegenen Verlagsgebäude. Dort erwarteten zusätzliche Polizeibeamt*innen die mittlerweile rund hundert Demonstrierenden für eine weitere Zwischenkundgebung. Während einige Teilnehmende ihre Botschaften mit Kreide unmissverständlich vor den Toren des Verlags auf den Boden schrieben, hielt die Tübinger Medizinstudentin Anne Glaser (26), die die Demonstration mit angemeldet hatte, eine Rede. Sie kritisierte die Gefahr unwissenschaftlicher Alternativmedizin, wie sie in Büchern des Kopp-Verlags häufig verbreitet würden. Durch das Aufzeigen einer vermeintlichen Behandlungsalternative werde die missliche Lage und Verzweiflung von Patient*innen, insbesondere schwer kranken, schamlos ausgenutzt und kapitalisiert.

Nicht nur werde ihnen ein nicht haltbares Heilsversprechen gegeben und somit falsche Hoffnung gemacht, hieß es weiter. Häufig werde dabei auch die Humanmedizin diskreditiert und Behandlungsmethoden wie Chemotherapien als unwirksam oder gar grundsätzlich gefährlich dargestellt. Dadurch würden Patient*innen die einzig wirksame Behandlung häufig ablehnen zugunsten einer unwirksamen und oftmals selbst gefährlichen Alternativmethode, sagte die Studentin. Wenn diese nicht wirke, läge das der Alternativmedizin zufolge nie an der alternativen Behandlungsform, sondern grundsätzlich an den Patient*innen selbst. Das alles setze das Leben kranker Menschen aufs Spiel, so die Medizinstudentin. 

Die Kreide-Aktion während der 30-minütigen Zwischenkundgebung vor dem Verlagsgebäude war zuvor polizeilich genehmigt worden. Bild: Leo Merkle.

Abschluss mit Kuchen und Focaccia

Gegen 17 Uhr begab sich die Menge dann in die Rottenburger Innenstadt. Auf dem Marktplatz versammelt folgte eine einstündige Abschlusskundgebung mit zwei weiteren Redebeiträgen. Gegen eine Spende gab es Kuchen und Focaccia. 

Als erstes sprach Hans Ulrich Probst, ebenfalls Mitglied der Initiative. Er verwies auf antisemitische Codes von geheimen Eliten in Publikationen des Kopp-Verlags. So sei zum Beispiel in dem Buch George Soros’ Krieg. Wie die Open Society Foundations die Welt an den Rand des Dritten Weltkriegs gebracht haben. Darin behaupte der Autor, dass Medien wie Spiegel und Süddeutsche Zeitung von dem jüdischen Milliardär George Soros kontrolliert würden, was dem bekannten verschwörungsideologischen Narrativ vom „jüdischen Finanzkapital“ und dem „Weltjudentum“ entspreche. Er betonte die Gewalt und Gefahr, die von solchen Narrativen ausgehe und kam zu dem Schluss: „Wer Nein zum Antisemitismus sagt, muss auch ganz klar ‚Stopp Kopp!‘ fordern.“

Der Kopp-Verlag trägt dazu bei, dass NS-Sprache in Deutschland wieder hoffähig wird.

Hans Ulrich Probst
Der Geschäftssitz des Kopp-Verlags befindet sich direkt am Fuß- und Radweg zwischen Rottenburg und Kiebingen. Bild. Leo Merkle.

Daraufhin erzählte Albert Bodenmiller, ehemaliger Rottenburger Stadtrat und Ortsvorsteher des Stadtteils Bad Niedernau, von seinem „13-jährigen Kampf gegen den Kopp-Verlag.“ Er kritisierte darin auch die Enthaltung der Stadtverwaltung, die schließlich das Grundstück an den Verlag vergeben habe. Seine Kritik richtete sich besonders an den früheren Oberbürgermeister Stephan Neher. Dieser positioniere sich zwar gegen rechtsradikale Ansichten, aber nicht gegen den Verlag, der diese Ansichten verbreite. Das sei aber von großer Bedeutung: „Nur durch solche Bekenntnisse können wir verhindern, dass das Gift des Rechtsradikalismus weiter in unsere Gesellschaft eindringt.“

Auch an Gebhard Fürst, der bis 2023 Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart war, ließ Albert Bodenmiller kein gutes Haar. Dieser habe in seinen Predigten wiederholt die Wichtigkeit von Klimaschutz betont, aber zum Kopp-Verlag in Rottenburg stets geschwiegen. Bodenmiller betonte: „Man darf nicht über die Erhaltung der Schöpfung sprechen und über den Verlag schweigen, der den Klimaschutz für überflüssig hält.“

Der OB schweigt zu dem Gift, das der Kopp-Verlag ist. 

Albert Bodenmiller

Das frühere Gemeinderatsmitglied schloss seine Rede mit einem Zitat aus dem dritten Flugblatt der Weißen Rose: „Verbergt nicht eure Feigheit unter dem Mantel der Klugheit!“ Damit endete um 18 Uhr die fast vierstündige Demonstration und dutzende Fahrräder verließen den Marktplatz in sämtliche Himmelsrichtungen.

 

Beitragsbild: Leo Merkle 

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1 Kommentar

  1. Ronja Sophia sagt:

    Den Demo war ne richtig nice Sache hat richtig Spaß gemacht

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