Rechtspolitische und rechtsphilosophische Fragen bleiben beim Arbeitskreis Kritischer Jurist*innen nicht unbeantwortet. Der im Sommer 2023 neu gegründete Arbeitskreis plant dieses Semester einige Veranstaltungen, um diesen Fragen eine Plattform zu bieten. Marius und Linus studieren beide Jura im vierten Semester und engagieren sich beim Arbeitskreis Kritischer Jurist*innen. Was der AKJ ist, was er macht und worum es geht, beantworteten sie mir im Interview.
Wie kamt ihr zum AKJ?
Marius: Ich bin letztes Semester von einem Bekannten, als alles noch in den Kinderschuhen steckte, gefragt worden, ob ich mitkommen wollte. Dann bin ich zehn Minuten später zum Plenum gelaufen und es hat ziemlich Spaß gemacht, also bin ich auch geblieben. So haben wir angefangen, den AKJ aufzubauen.
Linus: Ich war auch von Anfang an dabei; den AKJ gab es aber eigentlich schon bis 2017/18, wurde dann aber inaktiv, weil die Leute, die ihn gemacht haben, dann ins Examen sind oder weggegangen sind und keine Zeit mehr hatten. Zwei Freunde von mir, die die Idee hatten, einen AKJ zu gründen und dann gesehen haben: „Aha, hier in Tübingen gab‘s ja schon mal was!“, haben mich dazu geholt, so gab es schnell auch ein Treffen mit ein paar Ehemaligen und es ging los.
Wenn du sagst: „Hier in Tübingen gab’s mal was“, gibt es dann auch mehrere AKJs?
Linus: Ja, vor allem in größeren Uni-Standorten. An der FU und HU Berlin zum Beispiel, aber auch in Passau, Köln, Heidelberg oder der Viadrina (Frankfurt an der Oder). Insgesamt mindestens 20. Tübingen ist ja vergleichsweise auch ein größerer Standort, auch bei Jura, und da wäre es auch einfach komisch, keinen zu haben.
Marius: Es gibt auch den BAKJ, einen bundesweiten Verband. Bisher hatten wir aber noch keine Energien, um uns mit dem zu vernetzen. Erst mal müssen wir da nach uns selbst schauen.
Linus: Genau. Wir sind gerade dabei unsere Struktur aufzubauen; ein paar sind auch wieder rausgefallen, Examensvorbereitung, doch keine Zeit oder Lust, und viele waren auch jetzt zum ersten Mal da und kommen ab jetzt öfters. Sowas [den BAKJ] kann man erst in Angriff nehmen, wenn man eine feste Struktur hat.
Dann aber mal zu einer wichtigen Frage: was ist der AKJ und was macht er?
Marius: AKJ steht ja für Arbeitskreis Kritischer Jurist*innen. Im Prinzip ist die Prämisse, einen linken, kritischen Impuls ins Jurastudium zu geben. Ich würde nicht sagen, dass das die am weitesten verbreitete politische Richtung im Studium ist. Eher ziemlich in der Unterzahl, auch bei den Profs. So soll es auch eine Anlaufstelle bieten für Jura-Student*innen, die sich ein wenig verloren fühlen im Studium, weil ihre eigene politische Ausrichtung von wenigen Profs bedient wird.
Linus: In unserem Selbstverständnis steht ungefähr: bestehendes und kommendes Recht kritisch zu hinterfragen und nicht einfach hinnehmen, was ist. Das passiert vor allem im Jura-Studium. Das besteht ja viel einfach aus dem Lernen der bestehenden Normen und man hinterfragt das dabei gar nicht. Manchmal gibt es Meinungsverschiedenheiten, die eine ist dann vielleicht etwas konservativer und die andere etwas liberaler. Aber sonst hinterfragt man eben das bestehende Recht nicht groß. Mit dem AKJ wollen wir eben das bestehende Recht hinterfragen, und dabei auch ein Augenmerk auf gesellschaftliche Themen legen. Da gibt es, glaube ich, mehr Studis als man denkt in Jura, die sich dafür interessieren, und die wollen wir abholen, zum Beispiel mit einem Lesekreis.
Zukunftsmusik
Der Lesekreis ist eines der beiden Hauptangebote, die der AKJ dieses Semester auf die Beine stellt. Er findet jeden zweiten Donnerstag um 17.30 Uhr statt. Am 02.11. wird er sich zum ersten Mal treffen und auch Nicht-Jurist*innen sind herzlich willkommen. Gelesen wird nämlich nicht nur Lektüre aus dem Bereich Jura, sondern auch rechtspolitische und rechtsphilosophische Texte. Wer Probleme damit hat, die Texte zu verstehen, wird im Lesekreis auch an die Hand genommen. Das zweite Angebot ist eine Ringvorlesung, die am 31.10. beginnt. Alle Termine und Themen dazu findet ihr auf dem Instagram-Kanal des AKJs oder auf ihrer Website.
Wie habt ihr es geschafft, so schnell eine derart große Ringvorlesung zu organisieren?
Marius: Der Hintergrund war unsere Auftaktveranstaltung im letzten Semester zu §129 StGB. Das kam sehr gut an, also war sehr gut besucht mit 80 Leuten auf die Schnelle. Über die Semesterferien haben wir viele Referent*innen angesprochen und haben somit ein breites Spektrum über bspw. marxistische Rechtskritik und Naturrechte in der Vorlesung abgedeckt.
Linus: Anfangs dachten wir auch: „Ja, das sind so 15 Vorträge, das schaffen wir schon irgendwie.“, aber zwischendrin waren wir schon auch am Verzweifeln. Jetzt steht es doch alles, weil wir fast wie die Verrückten über die ganzen Ferien daran gearbeitet haben. Ein Oberthema haben wir dabei nicht, aber das soll auch schließlich so sein. Die Ringvorlesung soll ja ein breites Spektrum, vor allem für die Erstsemester, darstellen, und mit zum Beispiel Thomas Galli, der erzählt, weshalb der Strafvollzug eigentlich Schwachsinn ist, wollen wir es auch für Nicht-Juris interessant machen. Alles in Allem freuen wir uns sehr auf die anstehenden Veranstaltungen.
Um weiterhin auch so ein umfangreiches Angebot zusammenstellen zu können, braucht ihr bestimmt auch noch Leute. Wenn sich jemand für den AKJ interessiert, was ist da die erste Anlaufstelle?
Linus: Wir treffen uns immer alle zwei Wochen donnerstags um 17.30 Uhr abwechselnd zum Lesekreis und zur Sitzung. Am 02.11. ist Lesekreis, das heißt am 09.11. ist Sitzung. Interessierte sind immer willkommen, egal, ob zum einmal Kommen, zum hin und wieder dabei sein, wenig machen, viel machen. Wir freuen uns über alle, die dabei sind. Treffpunkt ist dafür immer vor der linken Tür des Clubhauses.
Beitragsbild: AKJ