Kurz vor den diesjährigen Gremienwahlen trafen die für den StuRa antretenden Listen in der alljährlichen Elefantenrunde aufeinander. In einem kontroversen Austausch ging es um Themen wie Studienfinanzierung, Klimagerechtigkeit, psychische Gesundheit und die Zukunft des Uninamens. Wer für was steht und warum deine Stimme zählt: Jetzt im Überblick.
Zwei Wochen vor der Wahl zum Studierendenrat (StuRa) der Universität Tübingen lud die Kupferblau zur traditionellen Elefantenrunde. Fünf der zur Wahl antretenden Hochschulgruppen trafen aufeinander: der Sozialistisch-Demokratische Studierendenverband (SDS), die Juso-Hochschulgruppe Tübingen (JusoHSG), die Grüne Hochschulgruppe (GHG), die Liberale Hochschulgruppe (LHG) sowie die Fachschaften-Vollversammlung (FSVV).
Die Liste GAMBI blieb der Veranstaltung trotz Einladung ohne Begründung fern. Rund 40 Zuschauer*innen verfolgten die teils kontroversen, teils überraschend einig geführten Diskussionen über zentrale hochschulpolitische Streitfragen: finanzielle Entlastung, Klimapolitik, psychische Gesundheit und die Frage, ob sich die Universität Tübingen von ihren beiden Namensgebern trennen sollte.
Soziale Ungerechtigkeit, Armut und Mensapreise
In der Vorstellungsrunde wurde schnell deutlich, wie unterschiedlich die fünf Gruppen ihre politische Ausrichtung verstehen. Die SDS positionierte sich als starke linke Kraft, die die Hochschulpolitik „von unten für unten“ gestalten will. Die Juso-Hochschulgruppe warb für einen fairen Umgang mit Studierenden und mehr soziale Ausgleichsmaßnahmen.
Die GHG hob ihre basisdemokratische Organisation und ihren Fokus auf Nachhaltigkeit, Erinnerungskultur und soziale Gerechtigkeit hervor. Die LHG präsentierte sich als pragmatische Alternative, die Politik sichtbar und spürbar im Alltag der Studierenden verankern will. Die FSVV schließlich sprach sich für starke studentische Mitbestimmung und eine enge Zusammenarbeit mit den Fachschaften aus, mit einem klaren Fokus auf Transparenz und Anschlussfähigkeit.

Besonders spannend wurde es beim Thema soziale Gerechtigkeit und studentische Armut. Der SDS forderte eine umfassende Reform des BAföG-Systems mit einem klaren Ziel: BAföG für alle. Als langfristige Vision wurde sogar ein gesellschaftlicher Umbau hin zu einem kommunistischen Modell genannt. Die GHG plädierte für die Nutzung und Stärkung des Notlagenstipendiums und verlangte, Druck auf das Studierendenwerk auszuüben, um Mensapreise zu senken.
Die JusoHSG schlug pragmatische Gespräche mit dem Studierendenwerk vor und forderte mehr Verlässlichkeit beim BAföG. Die FSVV betonte ebenfalls die Notwendigkeit eines solchen Stipendiums und kritisierte die teils schleppende Bearbeitung von BAföG-Anträgen. Die LHG hingegen vertrat eine gänzlich andere Linie: Das BAföG sei zwar „ganz sicher nicht zu viel“, Studierende könnten allerdings auch arbeiten, und grundsätzlich sei soziale Absicherung Aufgabe der Landespolitik. Einen Angriff richtete die LHG gegen den SDS: Man wolle „festhalten, dass sich die SDS offen verfassungsfeindlich äußert.“
Klimapolitik und Wasserspender
Auch beim Thema Klimapolitik prallten Positionen aufeinander. GHG, SDS und Jusos sprachen sich gegen die Förderung von Flugreisen durch den StuRa aus. Die FSVV zeigte sich grundsätzlich ähnlich kritisch, stimmte einem entsprechenden Antrag in der Vergangenheit jedoch nicht zu, da sie die geltenden Regelungen bereits für ausreichend hielt. Die LHG verteidigte Flugreisen hingegen als notwendigen Teil der internationalen Vernetzung der Universität. Beim Thema Trinkwasserspender herrschte weitgehende Einigkeit: Alle Gruppen befürworteten kostenlose Wasserspender auf dem Campus.

Ein weiterer zentraler Konfliktpunkt war die Diskussion um die Namensgebung der Universität. Die GHG verwies auf koloniale und antidemokratische Verstrickungen der Namensgeber Eberhard und Karl und sprach sich, gemeinsam mit den Jusos und der FSVV, klar für eine Umbenennung aus. Der anwesende Vertreter der FSVV unterstrich seine Haltung auch symbolisch durch das Tragen eines Ernst-Bloch-Universität Pullovers.
Die LHG lehnte eine Umbenennung entschieden ab und kritisierte die Debatte als Symbolpolitik. Zudem zweifelte sie angesichts der geringen Wahlbeteiligung die Legitimation des StuRa an, in gesellschaftspolitischen Fragen Stellung zu beziehen.
In der Frage, welche Veranstaltungen gefördert werden sollten, herrschte Konsens in einem Punkt: keine Förderung für extremistische, diskriminierende oder menschenfeindliche Inhalte. Unterschiede zeigten sich dennoch in einigen Details. Während der SDS auch militärische Formate ablehnte, kritisierte die LHG vor allem „reines Privatvergnügen“ wie Festivals, die ihrer Meinung nach nicht aus studentischen Geldern gefördert werden sollten. Die JusoHSG forderte eine klare Abgrenzung gegenüber Veranstaltungen, die falsche Fakten verbreiten oder gegen die Menschenwürde verstoßen.
Trotz aller Differenzen blieb die Debatte überwiegend sachlich. Spürbar waren vor allem Spannungen zwischen SDS und LHG, die sich wiederholt gegenseitig kritisierten. Zwischen GHG, Jusos, SDS und FSVV bestand in vielen Punkten große Einigkeit, insbesondere bei sozial- und klimapolitischen Themen. Die Atmosphäre war konzentriert, das Publikum beteiligte sich am Ende aufmerksam. Für viele Zuschauer*innen dürfte die Diskussion eine hilfreiche Orientierung für die anstehende Wahl gewesen sein.
Die Wahl im Überblick
Die Wahlen zum StuRa und zu den Fakultätsvertretungen finden am Dienstag, den 8. Juli, und Mittwoch, den 9. Juli 2025, jeweils von 9 bis 17 Uhr statt. Wahlberechtigt sind alle eingeschriebenen Studierenden und angenommenen Doktorand*innen der Universität Tübingen, sofern sie im Wählerverzeichnis eingetragen sind. Die Stimmabgabe erfolgt persönlich im Wahllokal; Briefwahlunterlagen mussten bis zum 1. Juli beantragt werden. Gewählt werden die insgesamt 21 Mitglieder des StuRa.
Die Elefantenrunde hat deutlich gemacht: Hochschulpolitik ist mehr als Verwaltungsarbeit. Sie lebt von klaren Haltungen, engagierten Debatten und sehr unterschiedlichen Zukunftsbildern für die Studierendenschaft. Wer am 8. und 9. Juli mitentscheiden möchte, wie es weitergeht, sollte seine Stimme nutzen!
Beitragsbild: Marie Velten

