Seit dem 14. November läuft in den deutschen Kinos Ridley Scotts Gladiator II. Allerdings schwächelt seine Fortsetzung, gerade im Vergleich zum Vorgänger. Damit gesellt sich der Film zu all den anderen Seuqels, die keiner gebraucht hat. Ein Kommentar von Michael Becht.
Als Ridley Scotts Gladiator vor 24 Jahren in die Kinos kam, war der Film ein finanzieller Erfolg und wurde mit insgesamt 5 Oscars ausgezeichnet. Damit schrieb der Alien– und Bladerunner-Schöpfer Kinogeschichte und konnte einmal mehr beweisen, welche Brillanz er als Regisseur besitzt.
24 Jahre später läuft nun Gladiator II in den Kinos. Schon vorher war klar: Die Fußstapfen des Vorgängers sind groß. Mit dementsprechend gemischten Gefühlen wurde der zweite Teil von den Kritiker*innen bereits im Vorfeld aufgenommen. Und es kam, wie es kommen musste – der Film schafft es nicht, aus dem Schatten seines Vorgängers zu treten.
Gladiator II – worum geht es?
Der zweite Gladiator spielt etwa 20 Jahre nach der Handlung des ersten Spectaculums. Gleich zu Beginn treffen wir auf unseren Protagonisten Hanno (Paul Mescal). Dieser lebt in Nordafrika und ist dort militärischer Führer von unbekannter Ranghöhe. Sein militärisches Potenzial muss er auch sogleich in einer Schlacht gegen die Römer unter Beweis stellen – ohne Erfolg. Hanno wird als Sklave nach Rom verschleppt, wo er als Gladiator verkauft wird. Es beginnt eine Rachegeschichte voller Gewalt, Intrigen und vor allem viel Arenasand.
Zwei Filme – eine Geschichte
Wer Fortsetzung hört, denkt gewöhnlich an eine Erweiterung, an neue Ideen, eingebettet in alte Welten und Geschichten – etwas, das Hollywood aktuell gerne und viel macht. Bei Gladiator II bekommen wir allerdings einfach den gleichen Film neu aufgewärmt. Teilweise werden ganze Storylines des ersten Teils kopiert und nochmal erzählt – nur schlechter. Denn wo der erste Teil das Publikum noch emotional packt und auf eine lange und schwere Reise nimmt, kommt im Sequel das Pathos nicht an. Dem Protagonisten Hanno wird kaum Zeit zur Einführung gegeben. Während wir beispielsweise im ersten Gladiator lange auf den sich anbahnenden Schicksalsschlag hinfiebern, erfolgt dieser in Teil zwei bereits nach zehn Minuten.
Doch scheitert der zweite Teil nicht nur am selbstplagierten Drehbuch. Zusätzlich kann Paul Mescal das Vermächtnis von Russel Crowe (Gladiator I) nicht ansatzweise weiterführen. Während letzterer im ersten Teil vor allem durch Szenen glänzt, in welchen er nur durch seinen Blick und seine Augen spricht, erlebt man Paul Mescal mit einem stets verschmitzten Grinsen und starrem Blick, der einem nichts zu sagen scheint. Auch Pedro Pascal (The Mandalorian) trottet hier eher lustlos über die Schauplätze und bekommt wenig zu tun.
Sein Charakter scheint in Bedeutungslosigkeit unterzugehen. Einzig Denzel Washington (The Equalizer) hebt sich bei dieser eher verhaltenen Schauspielkonkurrenz entschieden ab. Er wirkt aber im Vergleich dennoch so, als würde er seine Rolle ziemlich overacten (dt.: übertreiben). Auch visuell glänzt Ridley Scott nicht so, wie er es bei seinen Meisterwerken (Marsianer, Bladerunner, Alien,…) tut. Der übertriebene Einsatz von CGI (Computer Generated Image) fällt an vielen Stellen stark auf. Dadurch wirken Oberflächen oder Bewegungen unsauber und unecht. Dennoch kann man dem Film insgesamt eine gute Optik zusprechen, auch wenn es nicht das Magnum opus des visuellen Meisters ist.
Wofür ein zweiter Teil?
Man bekommt beim Schauen das Gefühl, als habe Ridley Scott Lust gehabt, den gleichen Film nochmal neu zu drehen, nur um alte Ideen jetzt zu verwirklichen. So erzählte Scott beispielsweise nach Gladiator I, dass er unbedingt ein Rhinozeros in der Arena haben wollte. Aufgrund des begrenzten Budgets konnte das damals allerdings nicht umgesetzt werden. Und siehe da, im Sequel prescht ein CGI-Rhinozeros durch die Arena. Auch aufgrund des verfrühten Todes von Oliver Reed wurde die ursprünglich geplante Story des Proximus umgeschrieben. Im Sequel wurden hier zumindest Elemente dieser ersten Fassung in die Story des Macrinus (Denzel Washington) eingebaut.
Gladiator II – ein Ergebnis seiner Zeit
Gladiator II reiht sich somit in den aktuellen Zeitgeist Hollywoods ein. Man versucht der alten Tage wegen vergangene Nostalgie wieder aufzuwärmen. Neue Ideen und Wagnisse bleiben dabei unbeachtet am Wegesrand liegen. In Gladiator II dreht sich die Geschichte immer wieder um das Vermächtnis des Maximus. Und man fragt sich zurecht, was wohl nach diesem Sequel vom Vermächtnis des ersten Teils übrigbleibt.
Beitragsbild: Die Tübinger Kinos