Allein 40.000 Euro zahlte der StuRa für das Ract-Festival. Kurz vor der Gremienwahl diskutierten die Vertreter*innen der Listen bei der Elefantenrunde über die hochschulpolitischen Themen. Dabei stand auch im Raum, ob das Festival künftig Eintritt kosten soll.
Das Campusmagazin Kupferblau hat am Donnerstag, kurz vor den Uni-Wahlen, zur diesjährigen Elefantenrunde eingeladen. Anlässlich der kommenden Wahl des Studierendenrats (StuRa) diskutierten die Spitzenkandidat*innen der einzelnen Listen über die aktuell wichtigsten hochschulpolitischen Themen. Anwesend waren die Liste der Fachschaften (FSVV), die unabhängige Liste Fachschaft (ULF), die Gruppe Studierende für Palästina (SfP), die Grüne Hochschulgruppe (GHG), die Liberale Hochschulgruppe (LHG), die Linke Liste sowie die Juso-Hochschulgruppe. Die Diskussion machte deutlich: Im universitären Betrieb gibt es viele Baustellen. Aber der StuRa kann auch einiges bewirken.
Die Listen diskutierten über Möglichkeiten zur finanziellen Entlastung der Studierenden sowie Maßnahmen, wie die studentische Mitbestimmung gefördert werden könnte. Einen regen Diskurs gab es bei dem Thema der Veranstaltungsförderung. Diskutiert wurde auch über die geplante Installation von Wasserspendern auf dem Universitätsgelände, die Übernahme der Clubhaus-Cafeteria sowie Maßnahmen für den Umweltschutz. Auch das Thema Machtmissbrauch kam zur Sprache. Die Diskussion wurde zudem live auf YouTube übertragen und ist dort auch weiterhin abrufbar.
FSVV will die Mensapreise senken
Mit Ideen, um den Geldbeutel der Studierenden zu entlasten, sparten die Anwesenden nicht. Eine Stellschraube sei das Essen auf dem Campusgelände. Viel zu teuer seien laut der ULF die veganen und vegetarischen Gerichte in den Mensen.
Wir brauchen ein Gericht, das billiger ist als 3,40 Euro als Standard.
Kandidat Raphael von der FSVV
Laut der FSVV plane das Studierendenwerk (StuWe) für das Jahr 2025 neben den Mietpreisen für die Wohnheime auch die Mensapreise zu erhöhen. Mit der geplanten Erhöhung wären die Preise dann die höchsten in Baden-Württemberg. „Da kommt es auf den StuRa an, eine politische Opposition gegen solch weitere Preiserhöhungen zu bilden.“ Das Mensaessen solle kein Luxusgut werden, so Raphael von der FSVV. Die Universität Tübingen sei was die Preise in den Mensen angeht in Baden-Württemberg bereits sehr weit vorne. “Wir brauchen ein Gericht, das billiger ist als 3,40 als Standard.”
Moritz meinte: „Man kann Studierende nicht von der Inflation ausschließen, als gäbe es sie nicht.“ Die LHG setze sich stattdessen dafür ein, dass Studierende bezüglich ihrer Rechte auf BAföG aufgeklärt würden. Dem schlossen sich die anderen Gruppen an – darunter auch die SfP, die gerade den StuRa in der Verantwortung sehe. Die LHG wolle sich im Senat zudem dafür einsetzen, dass Studierende von den Rundfunkbeiträgen befreit werden.
Thema waren auch die steigenden Mieten in der Stadt. „Wir können mit einer starken Stimme auf Stadt, Land und Uni zugehen.“ Diese könnten dann wiederum Druck im Ministerium machen, so die Juso-HSG. Ein Mietendeckel in der Stadt solle her. Essentiell sei hierbei der bereits vorhandene Kontakt in den Gemeinderat, der neuen Wohnungsbau beschließen könne. “Wir als VS sollten einen dauerhaften Kontakt zur Stadt schaffen”, so die GHG.
Welche Art von Veranstaltung sollte der StuRa finanziell fördern?
Allgemein solle der StuRa Projekte fördern, die relevant und nützlich für die Studierenden seien, so der Vertreter der GHG. Dazu gehörten laut der Linken Liste auch Infoveranstaltungen für finanziell benachteiligte Studierende. Veranstaltungen, die der politischen Bildung dienten und über Hochschulpolitik aufklärten, seien ebenso wichtig.
Die Kandidat*innen stritten darüber, ob das Ract-Festival vom StuRa gefördert werden soll. Laut der GHG fördere die Verfasste Studierendenschaft das Festival derzeit mit 40.000 Euro. Die Vertreter*innen der GHG, FSVV, ULF, Linken Liste und der Juso-HSG lobten die Förderung des Festivals: „Das Ract gehört unausgesprochen zu den Aufgaben des StuRas“, so Bastian von der Juso-HSG. Dem stimmte die Kandidatin der ULF zu: „Kulturelle Veranstaltungen und Veranstaltungen zur Politischen Bildung sollten gleichermaßen gefördert werden.”
Der Vertreter der LHG sprach sich gegen eine Förderung des Racts aus. Diese stehe im Widerspruch mit dem Anspruch, Projekte zu fördern, die der politischen Bildung entsprechen sollten. Man könne stattdessen in Zukunft minimale Eintrittspreise von 50 Cent oder einem Euro verlangen. Alternativ gäbe es auch die Möglichkeit Fördermittel von anderen Stellen zu erhalten: „Man könnte bei Sponsoren, der Stadt oder der Uni anfragen, ob sie das Ract mit fördern möchten.“ Es handle sich schließlich um eine öffentliche Veranstaltung, da könnten sich auch öffentliche Institutionen beteiligen, so die Meinung von Moritz. Die Linke Liste sprach sich gegen das Verlangen von Eintrittspreise aus: „Festivals werden immer teuer und immer kapitalisierter.“
Für die LHG sei besonders die individuelle Projektförderung wichtig – man solle als StuRa vor allem das persönliche Engagement fördern. Studierende müssten wissen, dass sie individuell Anträge für die Förderung eigener Projekte stellen könnten. Auch Podiumsdiskussionen, eventuell mit hochrangigen Politiker*innen seien wichtige Veranstaltungen.
SfP: StuRa soll auch kontroversere Veranstaltung fördern
Mohannad von der SfP sprach sich für mehr Diversität bei universitären Veranstaltungen aus. „Uns ist wichtig, dass jeder, der was sagen möchte, etwas sagen darf, unabhängig der Meinung des StuRas.“ Dies sahen die anderen Gruppen anders: „Wir müssen nicht jedem eine Bühne bieten“, konterte der Kandidat der Juso-HSG. Man müsse als StuRa zwar ein breites Spektrum an Meinungen abbilden, dies habe aber Grenzen. Dem stimmten die anderen Listen zu.
Wir müssen nicht jedem eine Bühne bieten.
Kandidat Bastian von der Juso-HSG
Der Kandidat der SfP verwies auf Fälle von ausgeschlossenen Referent*innen an anderen Hochschulen, räumte jedoch ein, dass dies an der Universität Tübingen bislang nicht der Fall gewesen sei. Laut FSVV habe der StuRa bislang nahezu jede Veranstaltung, mit Ausnahme einer Veranstaltung, bei der eine Referentin der DITIP, einer sunnitisch-islamische Organisation, hätte sprechen sollen, gefördert.
Der StuRa solle laut SfP weiterhin Veranstaltungen wie die kontroversen Hochschultage fördern, um den kritischen Diskurs zu fördern. Dagegen stellte sich die GHG vehement: „Unserer Ansicht nach sind die Hochschultage keine rein kritische Diskursveranstaltung gewesen, sondern eine mit klar missionarischem Anspruch.“
Ausbaubedarf bei der studentischen Mitbestimmung
Durchweg Konsens gab es bei den Listen beim Thema studentische Mitbestimmung. Sie alle sehen Verbesserungsbedarf bei der Sichtbarkeit der Hochschulpolitik. Viele Studierende seien kaum informiert über den StuRa, so die Linke Liste. Evelyn von der ULF erinnerte an die geringe Wahlbeteiligung bei den StuRa-Wahlen: „Man müsste die Wahlen zugänglicher und nahbarer machen, zum Beispiel durch digitale Wahlen.“ Diese hätten sich schon an anderen Hochschulen gezeigt.
Bastian von den Juso-HSG sprach von einer „Kreislaufspirale“. Die Studierenden würden den StuRa und seine Arbeit zu wenig wahrnehmen, was zu wenig Interesse und einer niedrigen Wahlbeteiligung führe. Durch die niedrige Wahlbeteiligung könne man dann nicht rechtfertigen mehr Kompetenzen als StuRa zu erhalten, um so mehr zu bewegen. Die FSVV appellierte an eine stärkere Einbindung der Fachschaften, so könne man mehr mit den Studierenden in Kontakt treten.
Es brauche mehr Öffentlichkeitsarbeit, um die Reichweite des StuRas zu vergrößern, ergänzte Lars von der Linken Liste. Es brauche Ideen, wie die Hochschulpolitik besser im Unialltag integriert werden kann. Viele Studierende stünden stattdessen viel zu sehr unter Leistungsdruck und hätten daher keine Kapazitäten, sich damit auseinanderzusetzen. Die GHG appellierte an die Studierenden, sich in AKs zu beteiligen. Mehr Hochschulgruppen und Studierende sollten sich in den AKs beteiligen, da dort die meisten Entscheidungen getroffen werden würden.
Wo bleiben die Wasserspender?
Die Installierung von Wasserspendern in der Uni ist bereits beschlossen. Trotzdem gibt es außer auf der Morgenstelle bisher keine Wasserspender. Wieso ist das so, fragten die Moderator*innen. „Es mangelt an der Uni, die sich quer stellt“, antwortete die LHG. Der StuRa hätte das Thema ausreichend unterstützt. Laut der LHG könne man weder in diesem Jahr, noch im nächsten mit den Spendern rechnen.
Wie steht’s um die Cafeterien?
Ursprünglich sollten sowohl die Cafeteria im Clubhaus als auch die Cafeteria auf der Morgenstelle vom StuRa übernommen werden. Unter anderem deshalb wurde auch der Semesterbeitrag erhöht. Inzwischen hat sich der StuRa entschlossen nur die Cafeteria im Clubhaus zu übernehmen. Die Uni habe sich aus verschiedenen Gründen gegen die Übernahme gestellt.
Alle Listen lobten die Entwicklung der Cafeteria im Clubhaus. Die LHG sei zwar nicht begeistert über die Übernahme, hoffe jedoch nun auf eine Umsetzung von längeren Öffnungszeiten und ein gutes und preiswertes Angebot. Die ULF hofft auf eine zukünftige Senkung des Beitrags, sofern dies möglich sei. Die SfP sieht in der Cafeteria eine gute Möglichkeit, den Studierenden die Vorteile der Arbeit des StuRas vor Augen zu führen.
Die FSVV ergänzte, dass die Semesterbeiträge nicht ausschließlich auf Grund der Übernahme der Cafeteria erhöht worden seien. Vielmehr hätte man sich nicht mehr auf Rücklagen berufen können. In Zukunft könne man den Beitrag um zwei bis drei Euro senken. Aber die komplette Rücknahme der Erhöhung von acht Euro sei nicht realistisch.
Machtmissbrauch, sexuelle Belästigung und Diskriminierung an der Universität
Aufgrund des Machtgefälles zwischen Lehrpersonen und Studierenden kommt es auch an Universitäten zu Fällen von Machtmissbrauch. Auch sexuelle Belästigung und Diskriminierung finden im universitären Kontext statt. Auf die Frage hin, wie der StuRa gegen diese vorgehen wolle, ergriff die GHG direkt das Wort. Man arbeite an einer Anlaufstelle für sexuelle Belästigung und Diskriminierung jeder Art, die als Verweisstelle agieren solle.
Betroffene würden an die richtigen Stellen weitergeleitet werden, die diese dann professionell beraten könnten. Eine Antidiskriminierungsrichtlinie der Uni ließe bislang noch auf sich warten. „Das ist eigentlich immer ein Konfliktthema zwischen den Professoren und den Studis, weil es Professoren gibt, die das Problem einfach nicht sehen wollen.“ Stattdessen müsse man die Strukturen, die Missbrauch begünstigen, abschaffen, ergänzte die FSVV.
Umwelt und Nachhaltigkeit
Um die Universität nachhaltiger zu gestalten hatten die Kandidat*innen viele verschiedene Ideen: Die Linke Liste möchte sich für die Begrünung der Universität sowie die Installation von Solarplatten auf Unigebäuden einsetzen. Außerdem solle veganes Essen als nachhaltigere Alternative, günstiger werden. Die GHG, die auch Mitglied im Bündnis „StuVegan“ ist, forderte sogar, dass das vegane Gericht das günstigste Gericht sein soll. Das Essen in den Mensen sieht auch Bastian von Juso-HSG als wichtige Stellschraube.
Außerdem solle die Universität nach Meinung der Jusos einen eigenen Klimafahrplan bekommen. Dazu müsse es aber laut Linus von der GHG ein eigenes Prorektorat für dieses Thema als aktive Anlaufstelle geben. Dieses Prorektorat müsste auch von den Studierenden kontrolliert werden, damit es auch wirklich bei der Nachhaltigkeit Fortschritte gebe.
Die LHG setze sich außerdem für Blühstreifen ein, um die Artenvielfalt in der Stadt zu stärken. Des Weiteren sprach sie sich für die Förderung der Fahrradmobilität aus. Auch Reparaturstellen für Fahrräder auf dem Unigelände sowie Ladestellen für E-Bikes sollten her. Die FSVV verwies auf das Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung, das es zu stärken gelte: „Da müssen einfach mehr Kompetenzen hin und auch mehr Personal und Geld.“
Verbesserung der Lehre
Auf die Frage hin, wie man die Lehre an der Universität verbessern wolle, kritisierte die GHG die bisherigen Evaluationen, die Studierende in den Veranstaltungen ausfüllen sollen: „Professoren suchen sich oft nur die positiven Umfragen heraus. Diese würden sie dann in ihren Lebenslauf für bessere Karriereperspektiven schreiben, so Linus. Es brauche stattdessen Evaluationen, die studentisch durchgeführt werden. Eine Möglichkeit wäre auch die Ergebnisse zu veröffentlichen, „um einen gewissen Druck aufzubauen, eine gute Lehre zu machen.“ Dies müsste rechtlich aber noch abgeklärt werden.
StuRa-Wahlen im Juli
Am 2. und 3. Juli wird der StuRa an der Universität gewählt. Wer sich weiter über die bisherige Arbeit des Studierenden Rats informieren möchte, kann die Artikelreihe „StuRa-Inside” der Kupferblau lesen.
Die ganze Elefantenrunde auf YouTube ansehen
Beitragsbild: Christian Bartasevic