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Die Corona School: Ehrenamtliches Engagement während einer Pandemie?

Ehrenamtliches Engagement ist schon während normaler Zeiten etwas, das sich für die Beteiligten immer lohnt. Aber gerade in einer Pandemie scheint es umso wichtiger, etwas für die Gesellschaft zu tun. Aber wie? Studierende können im Rahmen der ‚Corona School‘ online Nachhilfe anbieten. Im Gespräch mit Kaiya Reisch haben wir ein bisschen mehr über den Verein in Erfahrung gebracht und nachgefragt, warum es sich lohnt, ein wenig der eigenen Zeit in Nachhilfe zu investieren.

Das offizielle Logo der Corona School.

Kupferblau: Hallo Frau Reisch! Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview mit dem Campusmagazin Kupferblau nehmen.

Können Sie uns mehr zur Corona School und ihrem Ziel erzählen? Ich dachte, wir fangen mit einem Zitat Ihrer Webseite an: „Wir finden, dass alle Schüler*innen in Deutschland dieselben Chancen haben sollten, ihre Bildungsziele zu erreichen und Bildungserfolg zu genießen“.

Kaiya Reisch: Gerne. Wir haben uns Mitte März gegründet, sozusagen als Antwort auf die Corona-Pandemie. Mit den Schulschließungen haben wir gemerkt, dass gerade vor allem Schüler*innen benachteiligt werden, weil sie von jetzt auf gleich alles digital machen mussten oder gar keine Hilfe hatten. Dann haben wir uns gedacht, dass wir mit einer kostenlosen digitalen Lernunterstützung von ehrenamtlichen Studierenden Schülerinnen und Schülern helfen können, um Eltern oder auch Lehrer und Lehrerinnen zu entlasten.

Mitte Mai gründeten wir dann einen Verein. Dadurch, dass viele Studierende auch Semesterferien und somit viel Zeit hatten, haben sich dann auch sehr viele bei uns angemeldet. Genauso wie Schüler und Schülerinnen. Innerhalb von ein paar Wochen waren die Zahlen schon im vierstelligen Bereich. Unser Angebot hat sich eigentlich das letzte halbe Jahr stets erweitert. Wir haben auch jetzt ein Projekt, welches „Digital Lehren lernen“ heißt. Hier haben Lehramtsstudierende unter anderem die Möglichkeit, ein Praktikum bei uns zu machen und eben ein bisschen Erfahrungen zu sammeln im „Digitalen Lehren lernen“.

Kupferblau: Was für Angebote außer „Digital Lehren lernen“ gibt es bei der Corona School noch? Als kostenloses Nachhilfe-System: Was für Angebote können die Schüler*innen durch die Studierenden erwarten und wie können sie gleichberechtigter gebildet werden?

Kaiya Reisch: Also in erster Linie war das vor allem bei uns diese kostenlose Lernnachhilfe. Eigentlich genauso wie die typische Nachhilfe, die uns allen bekannt ist. Schüler*innen geben ein Fach oder mehrere Fächer an, in denen sie Unterstützung haben wollen und die Studierenden melden sich auf unserer Plattform. Dann werden sie durch einen Algorithmus gematched, sodass sie perfekt zueinander passen.

Von Anfang an war unser Ziel, vor allem Kinder oder Schüler und Schülerinnen anzusprechen, die sonst keinen Zugang zur Nachhilfe haben bzw. wo vielleicht die finanziellen Möglichkeiten nicht vorhanden sind. Aber die Corona School spricht alle Schüler und Schülerinnen an, weil in der Corona-Pandemie werden ja eigentlich alle Schüler und Schülerinnen benachteiligt. Gerade jetzt legen wir den Wert mehr auf die soziale Mission, dass wir vor allem Schüler und Schülerinnen ansprechen, die vor allem einen benachteiligten Bildungshintergrund haben.

Kupferblau: Es gibt ja auch oft technische Probleme, z.B. dass keine gute Internetverbindung vorhanden ist oder kein technisch notwendiges Equipment. Kann die Corona School da etwas machen?

Kaiya Reisch: Ja. Also wir haben tatsächlich Förderungsmittel, obwohl wir fürs Internet natürlich nichts machen können. Aber wir haben Mittel, mit denen wir dann Schülerinnen und Schüler mit einem Laptop oder Sonstigem unterstützen können. Das besprechen wir aber gerade noch. Seit November haben wir öffentlich gemacht, dass wir unseren Fokus jetzt vor allem auf die soziale Mission legen. Das heißt: Wir besprechen gerade, wie genau wir es umwandeln wollen, wenn Kinder keinen Zugang oder keine Möglichkeiten zur digitalen Lehre haben.

Kupferblau: Die Studierenden geben die Nachhilfe freiwillig. Das heißt, es gibt kein Gehalt für diese Freiwilligen. Für die Werbekosten und die Managementkosten muss es ja irgendwo finanzielle Mittel geben. Ich habe mich gefragt, ob diejenigen, die hinter der Corona School stehen, auch nur freiwillig arbeiten oder auf der Basis dieser Mittel?

Kaiya Reisch: Der Großteil bei uns arbeitet freiwillig. Das war auch für alle bis November so. Mittlerweile haben wir viele Sponsoren oder auch Preise gewonnen, sodass gerade diejenigen, die deswegen jetzt nicht mehr studieren oder eine Pause machen vom Studium, weil sie eben so viel Zeit investieren, eine kleine Aufwandsentschädigung erhalten.

Kupferblau: Was müssten unsere Tübinger Studierenden machen, wenn sie jetzt Teil der Corona School werden wollen würden?

Kaiya Reisch: Das Wichtigste ist eigentlich nur die Motivation. Wenn sie dann Lust haben, sich bei uns zu engagieren, dann kann man sich auf unserer Webseite anmelden. Dort ist es eigentlich relativ gut erklärt.

Wenn die Studierenden sich anmelden, geben sie an, in welchen Fächern sie in welchen Jahrgangsstufen Unterstützung anbieten wollen. Dann bekommen sie eine Bestätigungsmail und müssen zu einem Screening-Gespräch.

In diesen Gesprächen schauen wir, ob Bewerber*innen auch Studierende sind. Wir fragen nach dem Studierendenausweis, nach der Motivation und versuchen die Studierenden ein bisschen kennenzulernen. Das ist natürlich kein hundertprozentiger Garant dafür, dass die Studierenden perfekte Menschen sind. Wir tun unser Bestes, um sicherzustellen, dass eine gute Intention dahintersteckt.

Danach werden sie freigeschaltet, bekommen eine Kennenlern-Mail von uns und werden mit den Schülern und Schülerinnen gematched. Dann geht es schon los. Die Unterstützung ist sehr flexibel und individuell.

Kupferblau: Das heißt, die Studierenden können auch selbst sagen: Ich kann nur so und so viele Nachmittage in der Woche?

Kaiya Reisch: Die Nachhilfe wird über das Fach gematched und über die Jahrgangsstufe, die man anbietet. Im Kennenlern-Gespräch haben Schüler und Schülerinnen die Möglichkeit zu klären, wie oft sie sich treffen wollen und wie lange.

Kupferblau: Ist die Nachfrage immer noch so hoch wie zu Beginn oder ist diese momentan geringer?

Kaiya Reisch: Die war im Sommer ein bisschen geringer. Vor allem wegen der Sommerferien, wobei viele AG’s dann angenommen wurden. Jetzt, mit dem zweiten Teil-Lockdown haben sich wieder mehr angemeldet. Seit vier Wochen arbeiten wir auch mit ‘Jugend forscht’ zusammen. Es können sich also Schüler*innen für ‘Jugend forscht’ anmelden und ehemalige oder jetzige Alumni können diese dann unterstützen. Wenn ich screene, dann habe ich in fünf Stunden schon ca. 20 Studierende und Schüler*innen, d.h. es melden sich immer noch viele an.

Kupferblau: Können Sie ein finales Statement dazu abgeben, warum man sich gerade in Zeiten von Corona gegenseitig unterstützen und  sich als Studierende*r bei der Corona School anmelden sollte?

Kaiya Reisch: Ich finde, gerade in Krisen oder in Zeiten, die für alle nicht leicht sind, ist es wichtig, sich zu solidarisieren und sich gegenseitig zu helfen. Jeder ist davon betroffen. Gerade jetzt mit Corona hat man gemerkt, dass digital doch mehr möglich ist, als man dachte.

Dadurch, dass vieles digital möglich ist, ist es total vereinbar, engagiert und auch flexibel zu sein. Das hätte ich vor einem Jahr nicht gedacht. Ich finde es richtig cool, dass bei der Corona School beides möglich ist: Sich digital ehrenamtlich zu engagieren und dabei Kinder anzusprechen, die dieses Angebot sonst vielleicht nicht in Anspruch nehmen könnten.

Außerdem bekommen wir oft dankbares Feedback von Eltern. Es ist  schön zu wissen, dass die eigene Arbeit irgendwo ankommt.

Kupferblau: Vielen Dank für das Interview! Wir hoffen, dass auch weiterhin alles gut läuft und sich immer positiv weiterentwickelt.

Fotos: Corona School e.V. 

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