Film Kultur

Von 9 bis 22 Uhr – Das Kino Blaue Brücke lädt zu einer Reise durch Mittelerde ein

Noch im frühen Morgengrauen des 24. Novembers 2024  machen sich die ersten „Herr der Ringe-Fans auf den Weg in die Tübinger Innenstadt. Denn das Kino Blaue Brücke bietet ihnen eine unvergessliche Erfahrung: Die gesamte Trilogie in der Extended Version auf der großen Leinwand! 

Damit feiert eine der erfolgreichsten Filmtrilogien aller Zeiten ihr Comeback in der Tübinger Kinoszene. Gerne verzichtet die treue Ringgemeinschaft dafür auf ein paar Stunden Schlaf. Denn wie lautet noch gleich die Weisheit, die Gandalf der Graue bereits im ersten Teil der Trilogie an den Protagonisten Frodo Beutlin weitergibt?

„Du musst nur entscheiden, was du mit der Zeit, die dir gegeben ist, anfangen willst.“

Gandalf der Graue

Wie wäre es mit einem 12-stündigen „Herr der Ringe – Marathon“? Für beinahe 100 Tübinger*innen klingt das nach einem grandiosen Sonntag. Im Kombiticket inbegriffen sind neben allen drei Extended Versions sogar noch ein paar Extras: Kaltes Wasser und heißer Kaffee stehen schon bereit, als die ersten Besucher*innen um kurz vor 9 Uhr die Kinolobby betreten.

Kaffee, Kuchen und Kartoffeln

Neben gratis Erfrischung und Wachmachern steht in der ersten Pause leckerer Kuchen bereit. Greift zu, lautet die Devise. Die klassischen Kinosnacks wie Nachos und Popcorn gibt es wie immer an der Theke, letzteres sogar als süß-zimtiges Winterspecial. Klar, ganz so viele Mahlzeiten, wie zu Besuch bei Meister Beutlin, hatten bei einer Spieldauer von etwa vier Stunden pro Film keinen Platz, trotzdem wurden die Kinobesucher*innen rundum versorgt. Für gerade einmal sechs Euro zaubert das Kinoteam sogar ein warmes Abendessen auf den Tisch: Gulaschsuppe, Chili sin Carne oder – ganz nach Samwise Gamgees Geschmack – Kartoffeln. Zwar als klassischer Kartoffelsalat und nicht als goldbraun brutzelnde Bratkartoffeln, von denen der junge Halbling im zweiten Teil schwärmt, aber immerhin! Dreierlei Gerichte, davon können die treuen Gefährten nach dem Aufbruch aus Herrn Elronds Haus nur träumen.

Ultra- oder Halbmarathon?

Die Besucher*innen der Blauen Brücke hingegen starten dank der großzügigen Verköstigung bestens gestärkt in jeden der drei Marathon-Etappen. Zwischen den Filmen wurden großzügige Pausen gemacht. Denn trotz der bequemen Kinositze, ist es nach vierstündigem Sitzen höchste Zeit sich kurz einmal die Beine zu vertreten. Außerdem ermöglicht das selbst den wahren Kinoliebhaber*innen, die den Saal nie während der Vorstellung verlassen würden, eine kleine Verschnaufpause. Die Gelegenheit, für einige Minuten frische Luft zu schnappen oder in Ruhe das stille Örtchen aufzusuchen, ohne Gefahr zu laufen womöglich seine Lieblingsszene zu verpassen, wurde herzlich willkommen geheißen.

Zur Stärkung zwischendurch, die Kaffee- und Kuchentheke vor dem Kinosaal. Bild: Nela Seebacher

Doch nicht nur vor den Toiletten bildet sich eine Schlange. Auch an der Kinokasse reihen sich erneut Personen ein. Zu den Langstrecken stoßen jetzt die Kurzstreckenläufer*innen hinzu. Der Wecker hat einfach nicht geklingelt? Der Kinostart um 9 Uhr morgens vollkommen verschlafen? Kein Problem! Neben dem Spitzenangebot „Drei Filme für dreißig Euro“ sind auch Einzelkarten erhältlich. Ob ein, zwei oder alle drei Teile, das entscheidet jede*r für sich. Dennoch füllt sich der größte Saal des Kinos schon am Morgen mit treuen Tolkien-Fans und leert sich erst wieder, wenn es draußen schon längst dunkel ist.

Der Kassen-Hit verjährt nicht

Auch nach zwei Jahrzehnten füllen Peter Jacksons Werke problemlos die Kinokassen. Das Angebot wird begeistert wahrgenommen. Selbstverständlich ist das nicht. Aufgrund von Streaming-Diensten wie Amazon Prime muss sich traditionelles Kino ständig gegen sogenanntes Heimkino behaupten. Geht die Blaue Brücke mit einer Trilogie, die auf den meisten Plattformen längst zu finden ist, dann nicht ein doppeltes Risiko ein? Warum die Wahl trotzdem auf Der Herr der Ringe fiel, berichtet Fabrizio Sanfilippo, Theaterleitung und Initiator des Herr der Ringe-Marathons in Tübingen. Einerseits liegt es ihm am Herzen, jüngeren Generationen die Chance zu bieten, diese filmischen Meisterleistungen im großen Stil oder vielmehr auf der großen Leinwand zu sehen. Andererseits ist er sich sicher, mit dieser Aktion auch frühere Kinobegeisterte wieder anzulocken. Denn mit den neuesten Blockbustern laufen die Zuschauer*innen immer häufiger Gefahr mehr oder weniger enttäuscht herauszugehen. Eine Actionszene reiht sich an die nächste, die Handlung geht dabei völlig verloren, statt sich in Ruhe zu entfalten. Bei der Oscar-Sensation Jacksons hingegen herrscht Sicherheit. Insbesondere die Extended Versions lassen sich Zeit, das Publikum Schritt für Schritt durch Mittelerde zu führen. Aus dem Auenland nach Bruchtal, von dort über Rohan, Gondor und Isengard bis nach Mordor, in die feurigen Tiefen des Schicksalsbergs.

Die Blaue Brücke startet die Aktion ins Blaue

Eine Aktion ins Blaue, das war es zu Beginn schon, gesteht Fabrizio ein. Zwar kommen am Ende fast 100 Besucher*innen zusammen, statt den erwarteten 50, die Kosten deckt das aber trotzdem nicht. Bis hier von Profit die Rede sein kann, muss sich dieses neue Format erstmal in Tübingen etablieren. Deutschlandweit haben Kinos bereits ähnliche Projekte gestartet. Warum also nicht auch hier? Auch wenn es sich beim ersten Mal noch nicht rentiert hat, ist die Bilanz durchweg positiv.

Alle Blicke richten sich auf die Leinwand, denn der Herr der Ringe-Marathon ist im vollen Gange. Bild: Die Tübinger Kinos, Fabrizio Sanfilippo

Wie die neun Gefährten begeben sich das Tübinger Kinoteam im November auf eine neue Reise. Mit dem ersten Marathon, Harry Potter, vom 27. Oktober bis zum 29. Oktober, feiern die kinematographischen “Heiligtümer des Todes”, wie Fabrizio sie betitelt, in der Blauen Brücke Premiere. Denn an diesem Wochenende trifft normales Kino zum ersten Mal auf Erlebnis- und Eventkino. Die Absicht dahinter ist klar: Kino wieder aufleben lassen. Denn darum dreht sich letztlich alles. 

Ein Herzenswunsch geht in Erfüllung

Was wirklich zählt, spielt sich natürlich im Kinosaal oder vielmehr auf der Leinwand ab. In diesem Fall einer 16 Quadratmeter großen Leinwand und einem Bass von 12. 000 Watt. Kein Wunder, dass bereits die ersten Szenen das Gefühl vermitteln, wahrhaftig in Bilbo Beutlins Hobbithöhle einzutreten. Gefühl, Atmosphäre und das einzigartige Flair, all das entsteht im Saal Kubrick. Deshalb ist die Resonanz aus dem Publikumsraum geprägt von erhobenen Daumen und völliger Zufriedenheit. Letztere spiegelt sich unmittelbar in ihren strahlenden Gesichtern wieder.

Das Werbebanner direkt vorm Kino Blaue Brücke kündigt die Marathons an. Bild: Nela Seebacher

Als um 22 Uhr die ersten Besucher*innen in die kühle Nachtluft treten, liegt allen ein Lächeln auf den Lippen. Nach all dem Aufwand freut das natürlich besonders die Veranstalter*innen. „Ich kann heute Abend mit sehr viel Freude und sehr viel Entspannung ins Bett liegen“, berichtet Fabrizio. Für das Kino ist der Tag ein voller Erfolg. Für Fabrizio als jahrelangen Fan ein wahres Herzensprojekt.

Das Abenteuer hat gerade erst begonnen

Mit den Herbst-Marathons hat Eventkino in Tübingen aber noch lange nicht sein Ende gefunden. Ganz im Gegenteil, die vergangenen drei Wochenenden sind nur der Anfang. „Miteinander lachen, miteinander Film genießen, miteinander Epos genießen“, das soll laut Theaterleitung fester Bestandteil des Tübinger Kinoprogramms werden. Ziel ist es, das Format monatlich auszuweiten, sodass diverse Genres angeboten werden können: Matrix, Star Wars und viele mehr. Auch Herr der Ringe wird zurückkehren. Für den 22. und 23. November 2025 ist nicht nur Die Rückkehr des Königs (der letzte Teil der Trilogie) geplant, sondern erneut alle drei Filme in voller Länge. Warum es sich lohnt die Herr der Ringe-Filme nächstes Jahr wieder anzuschauen? Auch hier liefert das Kinoteam Blaue Brücke die passende Antwort:

„Weil es in der Blauen Brücke angenehm, cozy und cool war.“

Fabrizio Sanfilippo, Theaterleitung

Beitragsbild: Die Tübinger Kinos, Fabrizio Sanfilippo

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