Ein Abend der politischen Extraklasse: Martin Sonneborn, Mitglied des Europäischen Parlaments, ist mit seinem Programm „Krawall und Satire” nach Reutlingen ins franz.K gekommen. Dort teilte er in alle Richtungen aus. Einen solchen Spitzenpolitiker sieht man in der Gegend selten in so einem kleinen und persönlichen Rahmen. Ein Veranstaltungsbericht.
Ehemals Chefredakteur und Mitherausgeber des Satire-Magazins „Titanic“ hat es Martin Sonneborn mittlerweile in die Politik geschafft. Als Vorsitzender der Partei „Die Partei“ kam er 2014 nach Brüssel ins EU-Parlament, ist nach den Wahlen 2019 dort geblieben und strebt eine weitere Legislaturperiode als fraktionsloses Mitglied an. Um wiedergewählt zu werden, reist Sonneborn mit seinem Programm „Krawall und Satire“ gerade durch Deutschland und hat sogar einen Halt in „Dings“ (Zitat Martin Sonneborn) gemacht. „Dings“ ist in diesem Fall Reutlingen. Genauer gesagt das franz.K, in welchem der Satiriker die Arbeit seiner Partei und seiner selbst im EU-Parlament präsentiert.
Die Partei, die Partei, die hat immer recht
Bei der Wahl der Marketingmittel hat „Die Partei“ den Vorteil, auf bereits bestehendes historisches Material zurückgreifen zu können. So ist in der Parteihymne der SED nur von „der Partei“ ohne eine nähere Spezifizierung, um welche Partei es sich nun handelt, die Rede. Das machte sich Martin Sonneborn für seine Partei zu nutzen: Und so war auch in Reutlingen die textlich veränderte Version als „endgültige PARTEIhymne“ zu hören. Ob die Partei mittlerweile immer recht hat, wird sich noch zeigen. Martin Sonneborn saß vorne an einem Tisch. Neben ihm stand eine große Leinwand mit einer Präsentation. Dort zeigte er einige Plakate und Aktionen der Partei aus den letzten Jahren.
Es gab Geschichten zu einigen Plakaten und Aufklebern. Sonneborn berichtete aber auch über Aktionen, die Folgen in der Realpolitik hatten, auch wenn „Die Partei“ gar nicht im Bundestag sitzt oder saß. So verkaufte zum Beispiel das Team um Sonneborn 2014 Geldscheine, um eine Praxis der AfD zu persiflieren. Daraufhin wurde das Parteiengesetz im Bundestag geändert. Einen ausführlichen Bericht dazu gibt es bei der taz nachzulesen.
Europa nicht den Leyen überlassen
Über seine Tätigkeit im Europäischen Parlament hat Sonneborn mittlerweile schon zwei Bücher geschrieben. „Herr Sonneborn geht nach Brüssel“ und „Herr Sonneborn bleibt in Brüssel.“ Die Untertitel „Abenteuer im Europaparlament“ bzw. „Neue Abenteuer im Europaparlament“ zeigen, worum es sich hier handelt: Quasi eine Anekdotensammlung aus seiner Zeit in Brüssel, und von diesen Anekdoten gab er auch in Reutlingen einige zum besten. Mitgebracht hatte der Parteichef dafür ein paar seiner Reden im EU-Parlament, viele davon waren aber auch zuvor schon bekannt. Alle seine Reden finden sich auf seinem YouTube-Kanal zum Nachschauen.
Im Anschluss gab es noch viel Raum für Fragen. Das Publikum war da ein ganz gemischtes: Es gab die, die Sonneborn einfach lustig fanden und auch ebenso „lustige“ Fragen gestellt haben, aber auch ernstgemeinte (politische) Fragen. Sonneborn antwortetete stets nicht so ernst, aber trotzdem mit einem wahren Kern. Nach Schluss der Fragerunde konnte man den Parteichef noch zum Signieren, zum Fragen stellen oder einfach nur zum Händeschütteln im Foyer treffen.
Der Abend machte deutlich, dass der Titel des Programms „Krawall & Satire“ in diesem Kontext sehr zusammengehört. Durch Lautsein und das mit mindestens einer Prise Satire machen „Die Partei“ und Martin Sonneborn auf vieles und auf sich aufmerksam. Das funktioniert offensichtlich, sonst würde Sonneborn nicht die Chance auf eine dritte Amtszeit im EU-Parlament haben. Dabei gilt für Sonneborn immer ein Grundsatz: „Europa nicht den Leyen überlassen!“
Beitragsbild: Horst Haas