Ob während des Heimatbesuchs bei den Eltern, in den sozialen Medien oder auf Demonstrationen – das Thema Klimaschutz ist im Jahr 2023 ein Evergreen in zahlreichen Diskussionen. Aber seit wann spricht man eigentlich über Umweltschutz? Seit wann streitet man über das Thema? Und wann haben Menschen angefangen, dafür auf die Straße zu gehen? Wir haben uns auf die Suche nach den Anfängen der Bewegung gemacht.
Am 03.03. ist es in Tübingen wieder Zeit für einen Klimastreik. Die Flyer dafür hat vielleicht der ein oder andere schon nach einem Tag in der Unibibliothek im eigenen Fahrradkorb gefunden. Oder sie sind über das Profil von Fridays for Future Tübingen in den täglichen Instagram Feed geflattert. Spätestens seit die Bewegung, an der sich vor allem junge Menschen beteiligen, 2019 ihren europaweiten Siegeszug erlangt hat, sind auch solche Proteste ein wirkliches Evergreen.
Auf die Straße zu gehen, um dafür zu protestieren, dass die Erde – im wahrsten Sinne des Wortes – grün bleibt, gehört für viele Studierende inzwischen zum Alltag. Die Beschäftigung mit Ressourcenverschwendung, Umweltverschmutzung und Klimawandel ist aus ihrem Leben nicht mehr wegzudenken. Doch das war nicht immer so. Der Weg zu den Wurzeln der Klimabewegung führt uns zunächst einmal ‚nur‘ etwa fünfzig bis sechzig Jahre zurück.
Von Klimabewegung, Waldsterben und dem ersten Earth Day
Wie das bei Bewegungen (und bei Wurzeln) meistens so ist: den einen Ursprung der Klima- und Umweltbewegung, wie wir sie heute kennen, gibt es nicht. Fest steht allerdings, dass sie ihren Anfang irgendwo in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nimmt. 1965 wird zum Beispiel zum ersten Mal auf den Treibhauseffekt aufmerksam gemacht. Der Begriff globale Erwärmung ist allerdings erst ca. 10 Jahre später im Gespräch.
Dennoch – inspiriert von den damaligen Antikriegsbewegungen kommt es Anfang der 70er Jahre zu den ersten Aktionen von Bürgerinitiativen, die sich gegen die Umweltverschmutzung richten. Am 22.04.1970 findet der erste Earth Day statt, mit dem auf die Folgen von schädlichem Giftmüll und Umweltverschmutzung aufmerksam gemacht werden soll. Für viele ist dieser Tag der Anfang des globalen Kampfes gegen die Zerstörung des Planeten.
Blick nach Deutschland: In dieser Zeit tut sich auch bei uns so langsam einiges. Es gibt beispielsweise Pläne zu einem schonenderen Umgang mit Ressourcen, genauer mit Öl und, ja, das vor allem aufgrund ökonomischer Interessen. Während der Ölpreiskrise, zu der es 1973 im Rahmen des Jom-Kippur-Kriegs kommt, verknappen Erdölproduzenten das weltweite Angebot. Öl sparen lautet die Devise.
Um das Problem zumindest symbolisch an die Öffentlichkeit zu bringen, werden autofreie Sonntage eingeführt, an denen PKWs nur mit Sondergenehmigung fahren dürfen. Straßen und sogar Autobahnen werden für den sonntäglichen Fahrradausflug frei. Wie viel das tatsächlich bringt ist fraglich. Aber das Thema Ressourcen schonen schleicht sich so langsam in das Leben ein. Gleichzeitig werden in der westdeutschen Politik die ersten Umweltprogramme verabschiedet und Umweltministerien gegründet. Letzteres gibt es auch in der DDR, obwohl dort – laut der SED – eigentlich gar keine Umweltprobleme existieren.
Von Bürger*innen, Staat und Klimaschutz
Am Beispiel der DDR zeigt sich auch, wie politisch Umweltschutz werden kann. Die Klimabewegung wird regelmäßig von der Staatssicherheit beobachtet. Kritik an Umweltverschmutzung wird hier als Kritik an der SED und am politischen System verstanden. Aber auch im Westen sind die Proteste gegen eine Zerstörung der Natur, unter anderem wegen ihrer Nähe zu den Antikriegsbewegungen, Kritik von Bürgern an aktuellen politischen Entwicklungen. Fest steht: So sehr Umweltschutz in der Politik realisiert werden muss, so sehr braucht die Bewegung Menschen, die sie anschieben. Ob nun der Earth Day als Zeichen gegen Giftmüll, oder Initiativen gegen Atomkraft und Waldsterben in den 80er Jahren – ohne die Bevölkerung kommt der Umweltschutz nicht aus.
Ausgerechnet das wird zum Problem, als es darum geht, Umwelt- oder dann bereits Klimaschutz – globaler zu denken. Das geschieht nämlich vor allem in den späteren Jahren des Kalten Kriegs. Während des Konflikts wird der Planet zunehmender als Ganzes in den Blick genommen und die Entstehung über-nationaler und interdisziplinärer Forschungsprojekte hat wesentliche Auswirkungen auf die Klimaforschung, die zunehmend global ausgerichtet ist.
Diese neue Perspektive in die deutsche Umweltbewegung zu integrieren, die sich bis dahin vor allem auf nationale Probleme konzentriert hat, ist jedoch ein langwieriger Prozess. Schließlich gelingt es, dank der Bemühungen zahlreicher Initiativen, aber auch durch öffentlichkeitswirksame und kontroverse Aktionen (Greenpeace wird hier immer wieder zu einem wichtigen und viel diskutierten Akteur) das Thema immer öfter und erfolgreicher in den Mittelpunkt zu stellen. Die Entstehung der Fridays for Future Bewegung 2019, die als Protestaktion von Schüler*innen beginnt und der sich zahlreiche Studierende und junge Menschen in ganz Europa anschließen, ist nicht zuletzt der Beweis dafür, dass Klimaschutz heute auch in Deutschland global gedacht wird. Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte zeigen aber, dass diese Perspektive jünger ist, als man vielleicht auf den ersten Blick vermutet.
Eine grüne Welt ist wichtig – oder historische Fun Facts des Umweltschutzes
Nur weil das Evergreen Klimaschutz noch keine jahrhundertealte Geschichte hat, macht es das nicht weniger wichtig und – ein kurzer Blick in die ältere Vergangenheit zeigt, dass das Pflänzchen doch starke Wurzeln hat – denn den Drang, die eigene Umwelt zu schützen, den hatten nicht nur die Menschen in den 1970er und 1980er Jahren:
Schon im alten Rom gibt es ein Wort für Luftverschmutzung (gravioris caeli), im 14. Jahrhundert gibt es in England Versuche die Luftqualität zu verbessern, im 18. Jahrhundert wird in Sachsen über energiesparende Küchenherde und Wärmedämmung nachgedacht, und als sich immer mehr Europäer im (relativ) neu entdeckten Amerika ansiedeln, erkennen sie, wie weit der europäische Heimatkontinent von der unberührten Natur entfernt ist, und nehmen sich vor, Flora und Fauna der ‚Neuen Welt‘ besser zu schützen (hier nehmen die Nationalpark-Projekte der USA ihren Anfang).
Klimaschutz muss ein Evergreen bleiben
Die Wurzeln, auf denen die aktuelle Bewegung und damit auch die Demo am 03.03. steht, sind also weit verzweigt und hier alle nachzuverfolgen würde den Rahmen sprengen. Wichtig ist nur: die Umwelt zu schützen, ist ein Thema, das die Menschen zumindest seit den letzten fünfzig Jahren, eigentlich aber schon seit Jahrhunderten intensiv beschäftigt. Dass der Planet trotzdem in dem Zustand ist, in dem er sich gerade befindet, zeigt dabei die wahrscheinlich wichtigste Botschaft: Klimaschutz muss ein Evergreen bleiben. Es ist wahrscheinlich eines der wichtigsten Evergreens der Geschichte und damit es bestehen bleibt, braucht es vor allem eines: Aufmerksamkeit.
Beitragsbild: Pixabay
Fotos: Paula Baumgartner
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