Politik

Was wollen eigentlich die Grünen? – Digitale Townhall mit Robert Habeck

Am vergangenen Mittwoch luden die Landtagskandidat*innen Daniel Lede Abal (Wahlkreis Tübingen), Cindy Holmberg (Wahlkreis Hechingen-Münsingen) und Thomas Poreski (Wahlkreis Reutlingen) von Bündnis 90/Die Grünen zu einer digitalen Diskussionsrunde mit ihrem Co-Bundesparteivorsitzenden Robert Habeck. Dort konnten die etwa 200 anwesenden Bürger*innen aus Tübingen und Reutlingen ihre Fragen stellen. Wie will die Partei den Klimaschutz vorantreiben? Was sind Maßnahmen zur Verbesserung des Bildungssystems? Wer ist potentieller Koalitionspartner?

Täglich grüßt die Klimakrise

Schon in seiner Eröffnungsrede machte Robert Habeck klar, um was es den Grünen gehe. Die ökologische Krise sei nach Corona die derzeit bedrohlichste und vor allem auch die akuteste Krise die die Menschheit zu bewältigen habe. Die anwesenden Bürger*innen teilten wohl diese Meinung, denn die meisten Fragen drehten sich um die Klimakrise und die damit einhergehenden Strukturwandlungen und sozialen Probleme.

Auch die beiden Kandidaten Daniel Lede Abal und Thomas Poresik setzten in ihren Fragen den Themenschwerpunkt auf den Klimaschutz. Angesprochen wurde hier das Erneuerbare-Energien-Gesetz, welches nach der Meinung Habecks zu wenig ambitioniert aufgestellt sei. Hier nannte er als mögliche Erweiterung eine Pflicht zu Solaranlagen bei Neubauten und Dachsanierungen. Des Weiteren solle die Bürgerenergie attraktiver gestaltet werden, um es engagierten Personen leichter zu machen, ihre Städte und Dörfer selbst mit Energie zu versorgen.

Zudem skizzierte Habeck den Plan, erneuerbare Energien wie Solar- und Windenergie attraktiver für Verbraucher*innen attraktiver zu machen und die Preise für fossile Brennstoffe zu erhöhen. Dabei unterstrich er erneut die Notwendigkeit, Windkrafträder auch auf dem Land zu bauen, da ohne diese  die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet sei. 

Zusätzlich kam es zu einer Diskussion der Wasserstofftechnologie. Hier prangerte Habeck den Fehler der derzeitigen Bundesregierung an, diese nicht schon vor längerer Zeit unterstützt zu haben und forderte, den Ausbau in Deutschland stärker voranzutreiben. Gleichzeitig unterstrich er aber, dass die Wasserstofftechnologie nur in jenen Bereichen forciert werden solle, welche für eine Elektrifizierung nicht in Frage kämen, wie zum Beispiel im Luft- oder Schiffsverkehr.

Geht’s nicht noch ein bisschen grüner?

Bei den Fragen zum Klimaschutz ging es natürlich auch um die junge Konkurrenz –  die Klimaliste. Diese könnte durch ihre ambitionierteren Klimapolitikentwürfe entscheidende Stimmen von eigentlich grün wählenden Bürger*innen erlangen. Im sowieso schon knappen Rennen mit der CDU könnte dies den Grünen um Winfried Kretschmann  den Wahlsieg kosten.

Dass die Klimaliste demzufolge auch Robert Habeck beschäftigt, merkte man sogleich. Er begrüße die neu entstandenen Alliierten und sei über jede Anregung dankbar, so Habeck. Jedoch solle man als Wähler*in beachten, dass ein Verlust der grünen Regierung in Stuttgart Auswirkungen auf den gesamten Klimaschutz in Deutschland habe. Zudem sei die Klimaliste aktuellen Umfragen zufolge weit entfernt von der Fünf-Prozent-Hürde. Daraus folgerte Habeck, dass eine Stimme für die Klimaliste weniger statt mehr Klimaschutz zur Folge habe.

Können die Grünen überhaupt noch Klimaschutz?

Dabei unterstrich Habeck, dass die Grünen in den vergangenen Jahren, unter seinem und Annalena Baerbocks Vorsitz, ihr Klimaschutzprofil deutlich versiert und radikalisiert hätten. Als Beispiele  führte er den Vorschlag zum Verbot von Inlandsflügen und die Forderung nach einem Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 an. Gleichzeitig wies Habeck jede Forderung einer Verschärfung der Rhetorik bezüglich des Klimaschutzes als nicht zielführend zurück. Diese trage nicht dazu bei, Menschen zu überzeugen, sondern nur dazu, sie zu spalten.

Nichtsdestotrotz wird dies kaum darüber hinwegtäuschen können, dass die baden-württembergischen Grünen den Klimaschutz zuletzt nicht unbedingt hoch gewichteten – oder wer hätte gedacht, dass ein Politiker der Grünen auf die Idee kommen würde, eine Autokaufprämie für Verbrenner zu fordern?

Ministerpräsident Winfried Kretschmann: Der 72-Jährige stellt sich bei der Landtagswahl am 14. März 2021 zur Wiederwahl und hofft auf eine dritte Amtszeit.

Bildung, Familie und Soziales

Auch im Bildungssektor sahen die an der Veranstaltung teilnehmenden Grünen großen Handlungsbedarf. Die Kandidatin Cindy Holmberg und andere Bürger*innen hatten daher einige Fragen dazu, was die Partei im Bund angehen wolle. Habeck erklärte, dass ihm in diesem Bereich eine sogenannte Kindergrundsicherung vorschwebe, die verhindere, dass junge Menschen in Armut aufwachsen.

Darüber hinaus sei es ein wichtiges Ziel, dass das Bildungssystem individueller auf die Bedürfnisse der Kinder eingehe. Die Lehrer spielen dabei eine zentrale Rolle. Diesen solle es durch eine erhöhte Entscheidungsgewalt ermöglicht werden, jedes Kind nach seinen persönlichen Stärken und Schwächen zu fördern und fordern. Die Einführung von Ganztagesschulen solle es zudem ermöglichen, dass jedes Kind, unabhängig von seinem sozialen Stand, jegliche Aktivitäten wahrnehmen könne und dabei zielgerichtet gefördert würde. Die vermehrte Einrichtung von Gemeinschaftsschulen solle darüber hinaus eine frühe Trennung der Kinder verhindern. Damit könne der Effekt der Herkunft auf die Bildungschancen eines Kindes minimiert und die Schaffung einer Klassengesellschaft verhindert werden.

Zum Ende der Runde gab es noch die obligatorische Koalitionsfrage bezüglich der Bundestagswahl im Herbst. Hier gab sich Habeck wie gewohnt unverbindlich und zeigte sich offen für alle Möglichkeiten. Wichtig sei am Ende nur, in welcher Koalitionskonstellation die meisten grünen Inhalte durchgesetzt werden können.

Hinweis: Anlässlich der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 14. März finden in Tübingen derzeit regelmäßig Veranstaltungen der Kanditat*innen statt. Schaut dafür einfach auf den einzelnen Websites der örtlichen Kreisverbände nach, falls ihr daran teilnehmen wollt.

Beitragsbild: Heinrich-Böll-Stiftung (Berlin), CC BY-SA 2.0,
Foto: Marko Knab

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