Das Thema Migration scheint zurzeit den Wahlkampf zu dominieren. In Tübingen waren einige Tausend Menschen auf der Straße, um gegen die Abstimmung von CDU und FDP mit Beteiligung der AfD in Sachen Migration zu protestieren. Die Kupferblau hat bei den Tübinger Direktkandidierenden nachgefragt, wie sie zum Thema Asylpolitik stehen.
Daniel Winkler, AfD (Anmerkung der Redaktion: Die AfD wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft)
Indem wir diejenigen zurückführen, die keinen Anspruch auf Asyl haben und uns verstärkt um die kümmern, bei denen das der Fall ist und die wirklich unsere Hilfe brauchen.
Ralf Jaster, Die Linke
Asylrecht ist Menschenrecht. Wir lehnen alle bisherigen Asylrechtsverschärfungen ab. Der individuelle Zugang zu Asylverfahren und Rechtsschutz muss für Asylsuchende auch an den EU-Außengrenzen sichergestellt werden. Die Migrationsdebatte von rechts macht Migrant*innen und Geflüchtete zu Sündenböcken für verfehlte Politik. Statt einer Spaltung in „Wir“ und „die Anderen“ benötigen wir eine demokratische und soziale Einwanderungspolitik, die die Würde des Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die EU-Abschottungsagentur Frontex muss aufgelöst und durch ein ziviles europäisches Seenotrettungsprogramm ersetzt werden. Die Unkosten der Kommunen für die Unterbringung von Geflüchteten müssen vollständig vom Bund übernommen werden.
Christoph Naser, CDU
Eine Asylpolitik ist meines Erachtens gerade dann human, wenn sie den Geflüchteten bestmögliche Integrationsleistungen garantieren kann. Dazu zählen Sprachkurse, Kita-Plätze, und Wohnraum. Aber auch psychotherapeutische Begleitung ist wichtig. Diese für die Integration notwendigen Ressourcen sind aber nur begrenzt verfügbar; an diesen Ressourcen müssen wir uns künftig orientieren. Wichtig ist, dass wir im europäischen Miteinander Asylpolitik betreiben. Das gilt auch für die Unterbringung geflüchteter Menschen. Wir können Verantwortung auch dadurch übernehmen, indem wir mit sicheren Drittstaaten Abkommen beschließen, um Geflüchteten miteinander Schutz zu gewähren. Fluchtursachenbekämpfung bleibt eine Daueraufgabe.
Asli Kücük, Bündnis 90/ Die Grünen
Humanitäre Hilfe ist ein Muss. Menschen, die vor Krieg, Klimakatastrophen, Armut oder ähnlichem flüchten, verlassen ihr Umfeld nicht aus Lust und Laune. Wir haben mit Verträgen die Unterstützung für Schutzbedürftige zugesagt und es gilt dies aufrechtzuerhalten. Wir wollen dafür kämpfen und wollen die Integration vor Ort mit der Wissenschaft und Expertinnen verbessern. Zudem ist jede Person, die zu uns kommt, eine potentielle Arbeitskraft. Hier wollen wir dringend Hürden abbauen, um Menschen schneller eine Perspektive zu bieten, auf eigenen Beinen ihre Existenz zu sichern und eine Zukunftsperspektive bauen zu können.
Florian Zarnetta, SPD
Wir sind ein Einwanderungsland und das ist gut so. Millionen von Menschen mit Einwanderungsgeschichte sind Leistungsträger unserer Gesellschaft. Vom Handwerk bis zum Gesundheitswesen: Viele Bereiche unseres Lebens würden ohne sie nicht funktionieren. Das gilt auch für die Menschen, die 2015/2016 als Geflüchtete zu uns gekommen sind. Sie verdienen Respekt, keine Stigmatisierung. Trotzdem stehen wir vor Herausforderungen. Humanität und Ordnung gehören für mich in der Asylpolitik deshalb eng zusammen. Viele wirksame Maßnahmen sind dazu bereits ergriffen worden: Die Zahl der Asylgesuche ist im vergangenen Jahr um 35 Prozent gesunken, die Zahl der Rückführungen um 20 Prozent gestiegen. Mit der schnellen Umsetzung der EU-Asylreform müssen wir weitere Schritte gehen. Was mir bei all dem aber wichtig ist: Das Recht auf Asyl steht für mich nicht zur Disposition. Es ist eine Lehre aus den dunkelsten Stunden unserer Geschichte. Vorschläge zu Massenzurückweisungen und Grenzschließungen sind nicht umsetzbar, rechtswidrig, wirtschaftsfeindlich und falsch.
Julian Grünke, FDP
Schutzsuchende mit Bleiberecht müssen so schnell wie möglich Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, damit sie so schnell auf eigenen Füßen stehen. Ein Job ist außerdem der beste Integrationskurs. Wer rechtskräftig und vollziehbar ausreisepflichtig ist und eine zumutbare Möglichkeit hat, Deutschland zu verlassen, darf in der Regel keine staatliche Unterstützung mehr erhalten. Jene, die die Identitätsfeststellungsverfahren aktiv behindern, sollen ebenfalls Sozialleistungen gestrichen werden. Für gut integrierte Schutzsuchende muss es die Möglichkeit eines Spurwechsels zur Einwanderung in den Arbeitsmarkt geben, wenn sie so qualifiziert sind, dass sie und ihre Familien von eigener Arbeit ohne Transferleistungen leben können. Wer die Voraussetzungen für einen Aufenthalt in Deutschland nicht erfüllt, sollte gar nicht erst dauerhaft nach Deutschland einreisen können. Wer ohne Bleiberecht hier ist, der muss unverzüglich in seine Heimat zurückkehren. Rückführungen scheitern jedoch zu oft am Vollzug durch die Bundesländer. Deswegen wollen wir die Zuständigkeit für Abschiebungen auf der Bundesebene zentralisieren. Asylverfahren und Asylgerichtsverfahren müssen weiter beschleunigt werden. Asylverfahren sollen auch in Drittstaaten stattfinden, wenn Schutzsuchende dort sicher und rechtstaatliche Verfahren gewährleistet sind.
Beitragsbild: Janne Geyer (Symbolbild, Tübinger Asylzentrum).