Im Club Voltaire wurde am Dienstagabend „die Kluft zwischen dem […], was man sein darf, was man ist und was man werden will“ gerockt, wie die Band Strahlemann selbst schreibt. Mit ihrem Sound vermittelt sie den Eindruck, dass sie sich mit diesen Klüften, aber auch durchaus wohlfühlt und keinerlei Probleme hat, sie wahlweise auszufüllen oder zu überbrücken.
Klüfte sind eigentlich erst einmal negativ besetzt. Ein kompliziertes Thema also – doch Strahlemann brachten mit ihrer Energie das Publikum zum Tanzen. Das sorgte dafür, innere Barrieren abzubauen. Dass die Euphorie derart übersprang, war andererseits gar nicht zu verhindern: Schließlich war das Setting im Club Voltaire intim, Musiker*innen und Zuhörer*innen teilten sich einen kleinen Raum und bildeten zusammen eine „Schicksalsgemeinschaft”, wie Frontsänger Tino feststellte.
Grundpositive, ehrliche Texte zum Mitsingen
Wie grundpositiv und direkt Texte und Songs von Strahlemann sind, wurde ziemlich schnell klar. Mit Du tust mir gut spielten sie schon zu Beginn ihr meistgehörtes Lied, das von Selbstzweifeln handelt, mit denen sich wohl viele identifizieren können. In den Lyrics geht es um die Angst, anderen wehzutun, zu viel zu reden und zu wenig zu machen und sowieso den eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden. Aber es gibt auch ein Gegenüber, das all diese Schwierigkeiten umkehren und sogar lieben kann – wie könnte man sich dafür besser bedanken als mit dem einfachen Satz „Du tust mir so gut“?
Dass die einfühlsamen Lyrics ihren Platz bekamen, hatte auch damit zu tun, dass die Band mit Professionalität überzeugte. Die Songs klangen genau so, wie Hörer*innen sie davor schon kannten, mit klangvollen, verzerrten Sounds, groovigen Parts, eingängigen Gitarrenriffs und immer mit kraftvollem Gesang, teilweise auch von allen vier Bandmitgliedern.
Großer Elan bei Strahlemann und ihrem Publikum
Dass Strahlemann so abgeklärt auftraten, tat der Dynamik des Auftritts aber keinerlei Abbruch. Es sorgte vielmehr dafür, dass sie sich mit viel Elan auf der Bühne bewegen konnten – diese Kraft übertrug sich auch aufs Publikum. Für sein Mitfeiern wurde es belohnt mit Songs wie Wiedersehen. Ein Lied, das die Band für die treuen Fans spielte: Darin wird die Wiedersehensfreude besungen mit Fragen danach, was das Gegenüber erlebt hat und wie es um die Selbstfindung steht. Im ganzen Text steht aber auch oft die Wiederholung des Ausspruchs „Es ist schön / Dich hier so wiederzusehen“. Bei jedem neuen Wiederholen merkt die Zuhörerschaft, wie gut solche ehrlichen Feststellungen tun.
Strahlemann-Sänger Tino sprach nach dem Konzert noch über die Größe von Raum und Bühne. Er tritt lieber in kleineren Locations auf, in denen sich umso mehr Menschen drängen, dort sind irgendwann alle gemeinsam am Schwitzen, Stichwort „Schicksalsgemeinschaft“. Apropos schwitzen: Sollten die Locations größer werden, mit mehr Platz auf der Bühne, würden sie definitiv noch mehr herumtanzen, meinte Tino – und dass die Konzerte mit einer solchen Performance immer größer werden, ist höchstens eine Frage der Zeit.
Beitragsbild: David Bouterwek