Kommunalwahl 2024 Politik

Kommunalwahl: Wie soll Tübingen attraktiver für Fachkräfte werden?

In Tübingen könnten schon bald tausende Fachkräfte fehlen. Bereits jetzt gibt es zu wenig Erzieher*innen in den städtischen Kindergärten. Die einzelnen Listen erklären, wie sie Tübingen attraktiver für Fachkräfte machen wollen.

Bis 2035 könnten allein in der Region Neckar-Alb 53 000 Arbeits- und Fachkräfte fehlen, wie ein mögliches Szenario der Industrie- und Handelskammer Baden Württemberg (IHK) zeigt. Bereits jetzt fehlt es auch in Tübingen an qualifiziertem Personal. In der Vergangenheit machten vor allem immer wieder fehlende Erzieher*innen in den Tübinger Kindergärten Schlagzeilen. Durch die fehlende Kinderbetreuung müssen Eltern selbst auf ihre Kinder aufpassen und können nicht ihrem Beruf nachgehen. Das Campusmagazin hat deshalb bei den Listen nachgefragt: „Wie kann aus Ihrer Sicht Tübingen attraktiver für Fachkräfte werden?“


CDU
Um auch in Tübingen den Fachkräftemangel effektiv zu beheben, muss vor Ort Arbeits- und Fachkräftepotenzial besser gefördert und ausgeschöpft werden. Zum einen müssen Fachkräfte, aus egal welchem Berufszweig, in Tübingen angemessen leben können, ebenso muss der Arbeitsplatz einfach erreichbar sein. Dafür braucht es ausreichende ÖPNV-Anbindungen, aber auch staufreie Straßen und genügend, kostenfreie Parkflächen in der Nähe des Arbeitsorts. Der Fachkräftemangel kann hinzukommend langfristig durch ausgeglichene Bildungspolitik behoben werden. Ausbildungsberufe müssen die gleiche Wertschätzung wie akademische Berufe erhalten – besonders in einer Universitätsstadt. Junge Menschen müssen ermutigt werden, sich für eine Ausbildung zu entscheiden. Dafür braucht es moderne Berufsschulen und eine verbesserte Durchlässigkeit zwischen den Bildungsbereichen. Darüber hinaus gilt es auch durch attraktive Integrationsangebote den Zuzug internationaler Fachkräfte zu verbessern.


Die Linke
In Tübingen fehlt bezahlbarer Wohnraum für die Fachkräfte die wir dringend brauchen, in den Kliniken, in Kitas und Schulkindbetreuung und Busfahrer:innen. Wir wollen deshalb dauerhaft bezahlbaren Wohnraum schaffen und für Azubis und Studierende Wohnheime bauen. Beim Neubau von Wohnungen setzen wir auf gemeinwohlorientierte Akteur:innen wie die Stadt, die städtische Wohnungsbaugesellschaft, Genoss:innenschaften wie Neustart, selbstverwaltete Wohnprojekte wie das Miteshäuser Syndikat und gemeinwohlorientierte Unternehmen wie die Nestbau AG.


FDP
Wir wollen die allgemeinen Rahmenbedingungen für Fachkräfte verbessern, damit die an unserer Universität ausgebildeten Experten in Tübingen bleiben und gleichzeitig neue Fachkräfte hierherkommen. Dazu müssen Bürokratie abgebaut und Bearbeitungszeiten verkürzt werden, damit sich Ämter und Unternehmen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.


Demokratie in Bewegung
Zuerst müssen wir als Stadtgesellschaft diskutieren, um welche Fachkräfte es sich handeln soll. Das weitere Wachsen von Industrie und Technologieparks kann Tübingen anhand von Topographie und der damit einhergehenden Flächenversiegelung nicht ausgleichen, vom Problem des bezahlbaren Wohnraums noch gar nicht angefangen. Wir meinen, dass es in erster Linie um das Halten und Aufstocken von Kita- und Pflegepersonal in den Einrichtungen in Tübingen geht! Hier müssen wir mit Maßnahmen für bezahlbaren Wohnraum, kostenlosen ÖPNV, eine inklusive Stadtgesellschaft attraktiv werden. In den o.g. Einrichtungen schlagen wir die Maßnahmen Lärmschutz in KiTas, Leitungsvertretungen, die Bereitstellung von hauswirtschaftlichen- und Büroassistenzkräften, Fort- und Weiterbildung, Springermodelle für den Vertretungsfall, Teambildung, und nicht zuletzt ein besseres Entgelt für diese systemrelevanten Berufsgruppen vor!


Klimaliste
Tübingen ist bereits so attraktiv, dass gerne mehr Menschen herziehen möchten als das Wohnraumangebot hergibt. Das ist schwierig für Fachkräfte, die wir für eine funktionierende Stadtgesellschaft dringend vor Ort benötigen, z.B. in der Erziehung oder in der Pflege. In Tübingen müssen wir deshalb dringend für die Schaffung und den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum sorgen und sicherstellen, dass hier keine Verdrängung durch Haushalte mit überdurchschnittlichem Einkommen stattfindet.

Wir möchten den Druck von der Kernstadt und dem Wohnungsmarkt in Tübingen nehmen und gleichzeitig die Region Neckar-Alb als Wohn- und Wirtschaftsstandort stärken. Mit einer gemeinsamen Wirtschaftsstrategie sowie komfortablen und eng getakteten ÖPNV-Anbindungen werden Tübingen und das Umland optimal vernetzt – für Pendelnde genauso wie für eine Ausweitung des Cyber Valley, Ansiedlungen im Umfeld der Uni oder Betriebe, die sich vergrößern möchten.


Die PARTEI / Stammtisch „Unser Huhn
Dieser Zuzug soll natürlich mit Zügen der Regionalstadtbahn erfolgen. Am besten mit welchen, die umstiegslos durch die Innenstadt führen. Daran scheitert bislang das Pendeln mit Öffis nach Tübingen. Der Busverkehr in der Innenstadt ist am Anschlag, weil Tübingen jährlich um 1000 Einwohner wächst. Kita-Fachkräfte aus der Umgebung schmeißen deshalb ihren Job in Tübingen hin, weil der Berufsverkehr mit Autos und Bussen überlastet ist. Nicht nur Berufstätige an der Uni leiden am Kita-Platzmangel. Bei überschaubaren Gehältern, die Kita-Fachkräfte oder Forscher mit befristeten Kettenverträgen haben, bleiben bezahlbare Wohnungen auf absehbare Zeit Mangelware.


AL/Grüne
Um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, verfolgen wir mehrere Ansätze: Ein zentrales Thema ist bezahlbarer Wohnraum. Daher baut die städtische Wohnbaugesellschaft GWG Werkswohnungen z.B. für Altenpfleger*innen, Erzieher*innen und anderen Personen in Mangelberufen. Wichtig sind auch die Bereitstellung von Sprach- und Integrationskursen, Kinderbetreuung, (Weiter-)bildungsangebote, Freizeit- und soziale Angebote. Die städtischen Mitarbeiter*innen erhalten das Deutschlandticket für 14 EUR. Daran sollten sich andere Unternehmen orientieren. Das Tübinger Stipendium für Betriebe, die Geflüchteten eine Ausbildungsstelle bieten, ist vorbildhaft. Wir werden uns dafür einsetzen, dass ausländische Abschlüsse schneller anerkannt werden. Das Ausländeramt in Tübingen wollen wir personell ausbauen, sodass eine gute Beratung und Hilfe für Unternehmen und zuziehende Fachkräfte gewährleistet ist.


SPD
Tübingen ist derzeit dank der Uni, der Kliniken und des Technologieparks und seiner vielfältigen kulturellen und sozialen Angebote mit seiner hohen Lebensqualität für viele Menschen ein attraktiver Wohn- und Arbeitsort. Wichtig ist, dass wir jetzt dafür sorgen, dass die Folgen des Wachstums an Arbeitsplätzen und an Bevölkerung der letzten Jahre nicht zum Nachteil werden. Daher müssen wir dringend durch Neubau und ein entschiedenes Vorgehen gegen Mietwucher und Leerstand das Wohnungsproblem in den Griff bekommen, damit sich die Menschen das Leben hier leisten können, die diese Stadt am Laufen halten: Erzieher:innen, Pflegekräfte, Busfahrer:innen, Handwerker:innen, um nur diese wenigen Beispiele zu nennen. Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass wir genau diese Fachkräfte anziehen: Denn eine Stadt, in der man sich nicht auf Verwaltung, Kitas und Pflege verlassen kann, ist keine attraktive Stadt. Dazu gehört auch ein Ausländeramt, dass schnell und konstruktiv seine Aufgaben erledigt.


Tübinger Liste
In Tübingen sind über 300 Kitaplätze nicht belegt, die Betreuungszeiten teilweise gekürzt, krankheitsbedingte Ausfälle können nicht kompensiert werden, die zwingende Verlässlichkeit ist nicht gegeben. Auch für die Pflege älterer Menschen fehlt Fachpersonal. Wir unterstützen die Verwaltung auf verschiedenen Wegen bei der Fachkraftgewinnung: Anwerbung von Nachwuchskräften über Social Media-Kampagnen, Schaffung von PIA-Stellen und das Angebot einer praxisorientierten dualen Ausbildung. Im Pflegebereich ist der Einsatz ausländischer Pflegekräfte eine große Chance. Hier muss die Anerkennung beruflicher Abschlüsse vereinfacht und beschleunigt, die Sprachausbildung sowie die Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten und nicht zuletzt die professionelle Begleitung der Erzieherinnen und Pflegekräfte verbessert werden. Wichtig ist uns v.a. die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und die von uns unterstützte Absenkung der Parkgebühren für Beschäftigte, die mit dem Auto zum Arbeitsplatz kommen müssen.

 

Vor der Kommunalwahl hat die Kupferblau den einzelnen Listen verschiedene Fragen zu Themen gestellt, die Tübingen bewegen. Die bereits vorausgegangenen Fragen: 

 

Die Rechte an den Logos liegen bei den jeweiligen Listen.
Beitragsbild: Israel Andrade auf Unsplash (Foto),

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