Sicherheitseinweisungen gehören bei jedem Flug dazu – sich bei den Passagieren zu bedanken, dass sie darauf achten, niemanden anzustecken, nicht. Aber in Coronazeiten gibt es nun mal ein neues Normal. Dazu gehört auch die staatliche Rückholaktion gestrandeter Deutscher auf der ganzen Welt. Auch die Studentin Michelle musste mit dieser Aktion aus Australien zurückgeholt werden.
Als sie durch Corona plötzlich ihren Job als Erntehelferin auf einer Birnenfarm nahe Melbourne verliert, steht die 22-jährige Michelle T. vor einem Problem. Genau wie der Birnenfarmer wollen die meisten Australier keine Ausländer mehr anstellen. Die Lage ist zu unsicher geworden. Zwar findet sie in Melbourne Platz in einem der letzten noch geöffneten Hostels, aber auch dieses könnte jederzeit geschlossen werden. Das würde für Michelle und viele andere Backpacker Obdachlosigkeit bedeuten.
Die Angst um die Existenz
Für die Backpacker bedeutet das Warten. Eingepfercht in den engen Räumen, unsicher wo man noch hingehen darf, und was als nächstes passiert, machen sie das einzige was noch geht. Party. Und das jeden Tag.
Allerdings steht hinter dem Feiern die Existenzangst. Viele wissen nicht, wie und ob sie wieder nach Hause kommen. Nicht jedes Land organisiert so eine Rückholaktion wie Deutschland. Innerhalb von zweieinhalb Wochen, holt die deutsche Bundesregierung so 200.000 gestrandete Deutsche aus aller Welt zurück.
Doch zunächst ist nicht sicher, ob Michelle überhaupt einen Platz auf dem letzten Flug zurück nach Deutschland bekommt.
„Ein Kumpel von mir hat 6000 Pfund gezahlt, um einen der letzten Flüge zurück nach England zu nehmen. Das hätte ich mir nicht leisten können.“
Erst als sie dem Konsulat ihre Lage erneut schildert, wird ihr ein Tag vor Abflug noch ein Sitz zugesichert. Noch ist nicht sicher wie viel Michelle für ihren Flug letztendlich zahlen muss, aber es heißt, dass der Preis im Rahmen eines normalen Linienflugs bleiben werde. Ungefähr zwischen 600 und 700 Euro. Nach eineinhalb Jahren Work and Travel in Neuseeland und Australien steht ihre Heimreise jetzt fest. Dass sie so enden würde, hätte sie nie kommen sehen.
Zurück in die Heimat
Ihren letzten Tag verbringt die ehemalige Tübinger Studentin am Strand. Dann geht es auch schon los. Um 13 Uhr muss sie am Abflugtag am Flughafen sein. Außer ihrem Reisepass braucht sie noch ein ausgefülltes Registrierungsformular vom Konsulat und eine Bescheinigung der Botschaft, dass sie einen Platz in dem Flieger hat.
Im fast leeren Flughafen gelten noch strengere Sicherheitsvorschriften als sonst. Zuerst müssen alle Reisenden in einer langen Schlange vor einem Schreibtisch warten, an dem zwei Deutsche vom Konsulat die Namen und Reisepassnummern mit ihrer Liste abgleichen. Nach drei Stunden Schlangestehen geht es dann weiter zum Schalter, an dem die Tickets per Hand ausgefüllt werden.
Außer dem Essen ist im Flieger alles wie sonst auch. Statt warmen Mahlzeiten gibt es Sandwiches und statt Bechern Getränkeflaschen. Auf Abstand kann im Flugzeug leider nicht geachtet werden, da so viele Deutsche wie möglich nach Hause gebracht werden müssen. Eine zweiwöchige Quarantäne ist aber für alle Mitreisenden anschließend Pflicht.
Während der einstündigen Pause in Thailand darf zwar niemand den Flieger verlassen, aber das stört Michelle nicht. Sie schaut während dem Flug die beliebte Netflix Doku „Tiger King“ komplett durch.
Die meisten Passagiere sind ebenfalls junge Backpacker, und deshalb ist es auch kein Wunder, dass am Frankfurter Flughafen vor allem Eltern warten.
Als sich dann alle wieder in die Arme schließen können, fließen viele Tränen. Alle sind froh wieder zuhause zu sein. Auch Michelle bricht in Freudentränen aus, als sie ihren Vater nach eineinhalb Jahren zum ersten Mal wiedersieht.
Fotos: Michelle T., Pixabay