„Ready, steady, go!“ – mit diesen Worten wurde die Eröffnung des Queeren Zentrums Tübingen (QZ Tübingen) bekannt gegeben. Die Ankündigung erzeugte eine Welle von Gefühlen in der queeren Gemeinschaft um mich herum. An erster Stelle standen Aufregung und Vorfreude. Sichere öffentliche Räume für queere Menschen waren bisher rar gesät (und sind es nach wie vor). Dementsprechend fällt es schwer, Teil der Gemeinschaft zu werden, wenn man nicht durch Zufall Zugang findet. Aus diesem Grund steht für mich nach einem Besuch fest: Ein Ort an dem queere Menschen ihre Identität vollumfänglich zeigen sowie entdecken können, ohne Angst vor Ausgrenzung und Gewalt haben zu müssen? Ich liebs! Warum? Hier im Detail.
Ein Queeres Zentrum in Tübingen – Wie kommts?
Anfang 2023 begann die Ideenfindung und Planung. Die Fördermittel, die den Start der Initiative ermöglicht haben, kommen aus dem Aktionsplan „Für Akzeptanz & gleiche Rechte“ des Bundeslandes Baden-Württemberg. Die 8.000 Euro Förderung ermöglichten das Anmieten sowie das Ausstatten der Räumlichkeiten in der Derendinger Straße 41 und sollten queerem Leben in Tübingen ein Zuhause geben. Das Geld kam früher als erhofft.
„[Unser Ziel ist es], eine Anlaufstelle zu schaffen, wo man sich dann besser vernetzen kann.“
Lea Schneider, Pressesprecher*in des QZ Tübingen
Gruppierungen bündeln – eine Anlaufstelle schaffen – Zugang ermöglichen
Die Eröffnungsfeier des QZ Tübingens fand am 12. August 2023 statt. Die Räumlichkeiten wurden eingeweiht, Interessierte konnten sich ein genaueres Bild über das neue Projekt machen. Seitdem ist das QZ montags und samstags von 15 bis 18 Uhr als Café geöffnet – Getränke und Kuchen sind in der Regel vegan und statt Preisliste gibt es eine Spendenempfehlung. Neben den festen Cafézeiten ist das QZ seit seiner Eröffnung Raum für verschiedenste Veranstaltungen. Queeres Aktzeichnen, Spieleabende, Vorträge zu ausgewählten Themen, Kleider tauschen – das QZ ist noch im Werden und bietet bereits vielfältige Möglichkeiten zur Begegnung. Zur Organisation trifft sich jeden Dienstag um 18:30 Uhr ein offenes Plenum, zu dem jede*r herzlich eingeladen ist. Eine vorherige Anmeldung über Instagram ist erwünscht. Außerdem ist es möglich, Veranstaltungen auf der Website des QZ vorzuschlagen und in gemeinsamer Zusammenarbeit zu organisieren. Engagement ist also mehr als willkommen.
„Die Idee ist, dass alle Leute, die sich einbringen können und möchten, die Chance haben das zu tun. [Das QZ] soll kein Raum von uns für die Community, sondern von der Community für sich selbst sein.“
Lea Schneider, Pressesprecher*in des QZ Tübingen
Ein Raum zum Sein – direkt um die Ecke
Ein erster Besuch im QZ, während das Café geöffnet ist, ermöglicht Einblicke. Das QZ ist für Menschen mit Mobilitätseinschränkung gut zu erreichen, es gibt Parkplätze, einen Aufzug und eine große Toilette. Barrieren anderer Art werden auch berücksichtigt. Genaueres dazu findet sich auf der Website des QZ. Die Räumlichkeiten teilen sich in einen Cafébereich, einen großen Veranstaltungsraum, einen kleinen Seminarraum und einen Ruheraum mit queerer Lektüre und Medien aller Art auf. Im Cafébereich werden Gäste herzlich willkommen geheißen und nach Bedarf mit Kaffee, Eistee, Cupcakes oder Kuchen versorgt. Nette Gespräche in kleinen Runden entstehen schnell und plötzlich geht es nicht mehr um das Interview, das die Kupferblau führen wollte, sondern um die neue Staffel Princess Charming, queere Partys in Tübingen und persönliche Erfahrungen mit queeren Räumen.
QZ Tübingen – Ich Liebs!
Beim Betreten des QZ habe ich mich sicher gefühlt. Zwischen Kaffeebesucher*innen, Personen die malten und Orgateam war Platz, um anzukommen, das Bücherregal zu durchstöbern, das gefüllt mit Virginia Woolfs Orlando, Eastons und Hardys The Ethical Slut, Sakuragis Hide and Seek und vielen weiteren Werken in Deutsch, Englisch und Französisch für jede*n eine Bereicherung darstellen kann. Es tut gut, sich mit Anderen über Themen, die queere Menschen bewegen, auszutauschen. Das QZ macht queere Menschen und Themen durch all die scheinbar kleinen Dinge – Bücher, Workshops, Vorträge, Events – sichtbar. Das ist wertvoll und bedeutet mir viel. Ich werde wieder kommen. Schließlich ist ein Raum, in dem ich sicher bin und mich vollständig zeigen kann das, genau das, wonach ich mich seit meinem Aufwachsen gesehnt habe, ohne es lange Zeit benennen zu können. Ich bin froh, dass dieser Raum existiert und Menschen die Möglichkeit gibt, sich in einem sicheren Rahmen mit Anderen, die Ähnliches erleben, durch eine für queere Menschen nicht ganz unkomplizierte Welt zu navigieren.
Titelbild: Queeres Zentrum Tübingen