Manchmal kann eine Pandemie alles verändern. Bars und Kneipen sind plötzlich geschlossen, Konzerte und Partys wurden abgesagt – da bleibt nicht mehr viel an kultureller Inspiration übrig. Oder doch? In unserer neuen Artikelreihe „die Kupferblau-Schmöker-Ecke“ stellen wir euch thematisch abgestimmte Empfehlungen für Bücher, Podcasts und Serien zusammen. Von aktuellen Sachthemen, über True-Crime, bis hin zum interstellaren SciFi-Abenteuer – hier ist für alle etwas dabei. Zum Schmökern bieten wir euch heute Spannendes zum Thema History an.
Podcast der Woche: „Geschichten aus der Geschichte“
Wenn man den (mittlerweile ehemaligen) Namen „Zeitsprung“ nur hört und nicht geschrieben sieht, dann denkt man vielleicht erstmal Die Zeit habe sich mal wieder einen neuen Podcast ausgedacht, in dem es um irgendwas mit hüpfen geht. Tja, wie ihr bereits vermutet, ist das nicht der Fall. Das Wort ZEIT ist in dem Fall tatsächlich auf die Zeit, vielmehr auf die vergangene Zeit bezogen. In den Spotify Podcast-Charts stehen Richard Hemmer (beruflich berät er Film, TV- und Spielproduktionen im Hinblick auf Geschichte) und Daniel Meßner (Historiker und Referent in der Öffentlichkeitsarbeit an der Uni Hamburg) mit „Geschichten aus der Geschichte“ gerade noch so in den TOP 50 auf Platz 49.
Jede Woche decken sie eine „Geschichte aus der Geschichte“ auf. Eine schöne Besonderheit ist, dass das Thema nicht nur für die Zuhörer, sondern auch für einen der beiden eine Überraschung ist. Wenn sich also zum Beispiel Richard ein Thema überlegt und dieses vorbereitet, dann erzählt er Daniel die Geschichte ohne, dass dieser vorher weiß worum es gehen wird. Damit wechseln sich die beiden immer ab. In den Geschichten kann es dann um vergessene Geschehnisse gehen oder um interessante Personen, aber die können auch von unerwarteten Zusammenhängen in der Geschichte handeln.
Völlig unsortiert und scheinbar beliebig wird aus sämtlichen Epochen berichtet. Schon über 240 Folgen gibt es, mit denen ihr euren Wissensdurst stillen könnt. Da ist bestimmt auch der ein oder andere wissenswerte History-Fact dabei, der euch beim nächsten After-Corona-Freundetreff oder beim Familien-Skype-Gespräch offene Münder und erstaunte Blicke bescheren wird.
Wer zum Beispiel schon immer wissen wollte, wie das Gesellschaftsspiel „Monopoly“ eigentlich entstanden ist, sollte sich Folge 236 anhören. Auf der Webseite von „Geschichten aus der Geschichte“ könnt ihr euch einen Überblick über die Folgen verschaffen oder euch die „Geschichten-Karte“ ansehen, die ein Hörer erstellt hat. Dort sind auf einer Google Maps Karte die einzelnen Folgen geografisch markiert. „Tiere vor Gericht“, „Eine kurze Geschichte des Alkoholkonsums“ oder „Über Marsmenschen, Massenpanik und die Entstehung eines Mythos“ sind nur einige Beispiele aus der großen Sammlung von verrückt und spannend klingenden Podcast-Folgen. Da ist garantiert für jede*n von euch etwas dabei!
Buch der Woche: „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“
Ein aufmerksamkeiterregender Titel, der Bewegung und Verwicklung verrät. Und der Leser wird nicht enttäuscht. An seinem 100. Geburtstag klettert Allan Karlsson aus dem Fenster seines Altersheims. Kurze Zeit später steht er mit einem Trolley voller Geld und einer Leiche im Gepäck vor einem großen, fröhlichen Elefanten. Wer Spannung, Witz und Überraschung schätzt, kommt an diesem internationalen Bestseller nicht vorbei.
So vertrauenswürdig und unschuldig, wie er aussieht, ist Allan nämlich gar nicht. Seine größte Leidenschaft: Brücken sprengen. In Rückblicken erzählt er seine turbulente Lebensgeschichte, die ihn über Franco und Stalin in ein sibirisches Gefangenenlager führt, wo er Albert Einsteins Bruder kennenlernt. Auch Harry S. Truman und das Manhattan-Projekt dürfen in dieser Geschichte ebenso wenig fehlen wie Kim Il-sung oder Mao Tse-tung. Wie durch Zufälle stolpert Allan in ein geschichtliches Großereignis nach dem anderen und bewahrt sich dabei immer seinen Sinn für Humor und den suchenden Blick zum nächsten spendierten Drink. Und nun, im zarten Alter von 100 Jahren, hinterlässt er erneut brennende Spuren auf seiner Reise ins Unbekannte. Aber schließlich ist wohl alles besser, als auf den Tod zu warten.
Spannungsgeladen, abwechslungsreich und turbulent verbindet Jonas Jonasson historische Fakten mit Fiktion und zeigt dem Leser die umstrittensten Politiker des letzten Jahrhunderts aus einem altbekannten, gleichzeitig neuen und dadurch irgendwie schrägen Blickwinkel. Erzählt ist der Roman dabei in der seelenruhigen Art eines Mannes, der schon viel gesehen hat und noch mehr erleben will.
Verfilmt wurde der 2009 im schwedischen Piratförlaget erschienene Roman im Jahr 2013 unter der Regie von Felix Herngren. Sehr nah am Buch adaptiert, bietet der Film ein ebenso großes Vergnügen wie das Lesen des Buches. Auch ein Hörspiel, inszeniert von Leonhard Koppelmann, ist seit 2013 als CD verfügbar. Die Fortsetzung des Romanes „Der Hundertjährige, der zurückkam, um die Welt zu retten“, ist 2018 erschienen und verspricht aufwirbelnde Begegnungen mit aktuellen Politikern wie Donald Trump und Angela Merkel.
Serie der Woche: “Genius” – Die unbekannte Geschichte einer Berühmtheit
Manchmal gibt es Berühmtheiten, die keiner Einleitung bedürfen. Wenn man allein schon den Namen „Albert Einstein“ hört, scheint schon alles gesagt. Doch wie bekannt und bahnbrechend seine Arbeiten auch sein mögen, umso schleierhafter seine persönliche Biografie. Bereits in der ersten Staffel bietet die History-Serie „Genius“ einen erstaunlich nahen Einblick in das Leben und Schaffen des wohl berühmtesten Genies des 20. Jahrhunderts.
Wuchtige Straßenbahnen klirren über die geschäftigen Gassen. Die Passanten tragen Mäntel und Hüte, die Damen flanieren in eleganten Kleidern aus feiner Spitze über das Kopfsteinpflaster und das Sonnenlicht wird durch staubige Fenster alter Häuser gebrochen. Tagträumerisch schaut ein Schüler hinaus, ohne dem Mathematikunterricht zu folgen. Ermahnend spricht ihn der Lehrer an: „Albert Einstein“! Doch der rebellische Junge hat ganz andere Dinge im Kopf. Was ist Raum? Was ist Zeit? Wie kann sich Licht darin bewegen? Woher weiß man überhaupt, dass es sich bewegt, wenn man kein Bezugssystem hat? Getrieben von den ganz großen Fragen der Physik bricht er die preußische Schule gegen den Willen seiner Familie ab, um sich am Züricher Polytechnikum zu bewerben. Damit beginnt für Albert ein abenteuerlicher Lebensweg, der ihn – mit so mancher Liebschaft und Intrige – von Berlin bis Princeton (USA) führt.
Star-Produzent Brian Grazer (u.a. bekannt aus Apollo 13 und Illuminati) fängt in dieser National-Geographic-Serie eine unerwartet tragische Geschichte ein. Der weltbekannte Physiker, der mit seinen genialen Einfällen das Verständnis von Gravitation, Energie, Raum und Zeit neu definierte, musste stets kämpfen. Nicht nur, um intellektuelle Anerkennung für seine Denkleistungen zu erhalten, sondern vor allem, um seine Familie nicht zu verlieren.
„Genius“ ist für alle, die sich nicht mit verklärten Einstein-Zitaten zufriedengeben und den engagierten Pazifisten mit zerzaustem Haar und einer Vorliebe fürs Pfeife rauchen näher kennenlernen wollen. Für alle, die auf gute Filmmusik und authentisches Schauspielern stehen. Mit Ehrlichkeit und Bodenhaftung zeigt „Genius“ außerdem, dass Genie sein gar nicht so schwer ist. Auf die Frage, warum er so klug sei, antwortet Einstein:
„Ich habe keine besonderen Talente, aber ich bin sehr sehr neugierig! Ich stelle Fragen, mehr nicht. Das kann im Grunde jeder!“
„Genius“ ist eine Produktion von National Geographic und auf Disney+ sowie Google Play Filme & Serien erhältlich.
Text:
Podcastempfehlung von Sarah Sommerau ,
Serienempfehlung von Hagen Wagner,
Buchempfehlung von Katharina Steffen.
Fotos: Genius von National Geographic/Robert Viglasky